Wildbienen schrumpfen aufgrund Klimawandel

  • Veröffentlicht am: 18.10.2023

Die Große Holzbiene Xylocopa violacea wurde im Studienverlauf mehrfach vermessen. Foto: Sandor Somkuti/Flickr, CC BY-SA 2.0

Es existiert ein umgekehrter Zusammenhang zwischen Körpergröße und Umgebungstemperatur bei Wildbienen, die als „temperature-size rule“ bekannt ist. Diese „Temperatur-Größen-Regel“ führte zu der Prognose, dass die Körpergröße infolge der aktuellen Klimaerwärmung schrumpfen wird.

Dieser Effekt der „Größenschrumpfung“ kann bei wichtigen Bestäubern erhebliche Auswirkungen auf deren Bestäubungsprozesse nehmen. Für das beschriebene Phänomen sind die Belege jedoch rar, denn der Nachweis ist aufwendig, da Störfaktoren neben den Temperaturveränderungen durch den Klimawandel ausgeschlossen werden müssen, beispielsweise Veränderungen des Lebensraums.

In einer aktuellen Studie wurden entsprechende Faktoren durch die Auswahl des Untersuchungsgebietes weitgehend eliminiert: Die Erhebung fand in gut erhaltenen Lebensräumen im Herzen des Naturparks Sierras de Cazorla statt, einem 2.090 km² großen Schutzgebiet in der Provinz Jaén im Südosten Spaniens. Die Bienenprobenstandorte befanden sich auf Höhen zwischen 740 und 1.988 m und erlebten im hier betrachteten Zeitraum von 30 Jahren keine offensichtlichen Störungen oder Lebensraumveränderungen, die sich auf die Wildbienen-Populationen hätten auswirken können, wie Waldbrände, die Einführung verwalteter Honigbienenvölker, die Ankunft oder Ausbreitung invasiver Pflanzen.

Die Messungen der Bienenkörper fand an 1.704 Bienen aus 137 Arten, 27 Gattungen und 6 Familien im Zeitraum von 1990 bis 2023 statt, einmal zwischen 1990 bis 1997 und zum anderen zwischen 2022 und 2023.
Die meisten Bienen gehörten den Gattungen Andrena mit 864 Individuen aus 40 Arten, Anthophora mit 167 Individuen aus 13 Arten, Colletes mit 139 Individuen aus 4 Arten, Osmia mit 112 Individuen aus 6 Arten und Xylocopa mit 90 Individuen aus 3 Arten an. Fast alle untersuchten Bienenarten waren Solitärbienen mit Ausnahme eines kleinen Teils primitiver eusozialer Halictidae der Gattungen Lasioglossum und Halictus (15 Individuen aus 5 Arten).

Das Klima erwärmte sich im Untersuchungszeitraum schnell: Der jährliche Mittelwert der täglichen Höchsttemperatur im Zeitraum 2000 bis 2020 stieg um durchschnittlich 0,069 °C pro Jahr an. Dieser Trend war hauptsächlich auf einen starken Anstieg der jährlichen Mittelwerte der Tageshöchsttemperaturen zurückzuführen.

Die gemessenen Veränderungen der Körpermasse der Bienen bestätigten den zuvor beschriebenen Größenschrumpfungseffekt. Die mittlere individuelle Körpermasse der Solitärbienen nahm deutlich ab, unabhängig davon, ob die Analyse für alle Bienen oder eine Teilmenge durchgeführt wurde.
Im Durchschnitt nahm die Körpermasse um etwa 0,7 % pro Jahr ab, was einem geschätzten durchschnittlichen kumulativen Rückgang von etwa 20 mg pro einzelner Biene von 1990 bis 2023 entspricht. Die proportionale Größenverringerung war bei Arten mit großem Körper am größten und reichte von etwa – 0,6 %/Jahr für die kleinsten Arten bis zu - 0,9 %/Jahr für die größten Arten. Der Rückgang fiel bei oberirdisch brütenden Arten stärker aus als bei bodenbrütenden Arten: Larven in unterirdischen Nestern sind wahrscheinlich besser gegen steigende Umgebungstemperaturen geschützt als solche in oberirdischen Hohlräumen, weil der Boden bis zu einem gewissen Maße isolierende Eigenschaften aufweist.

Die Bestäubungs- und Paarungssysteme bienenbestäubter Pflanzen in der Untersuchungsregion unterliegen wahrscheinlich erheblichen Veränderungen als Folge des deutlichen Rückgangs der Körpermasse der Bienen.
Es ist wahrscheinlich, dass diese Effekte am häufigsten bei Pflanzen mit großen Blüten und Blütenkronen auftreten, die überwiegend oder ausschließlich von großen Bienen bestäubt werden.

Ein langfristiger Anstieg der Umgebungstemperatur kann auch indirekte Auswirkungen auf die Körpergröße erwachsener Tiere durch Auswirkungen auf die Nahrungsversorgung haben. Die Klimaerwärmung kann die den Bienen zur Verfügung stehenden floralen Nahrungsressourcen verringern wie Moss & Evans 2022 und Takkis et al. 2015 gezeigt haben. Eine Beeinträchtigung der Quantität und Qualität der Nahrungsversorgung der Larven wird sich zudem negativ auf die Körpergröße erwachsener Bienen auswirken (Chole et al. 2019).

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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