Honigbienen zur Feinstaub-Überwachung

  • Veröffentlicht am: 18.06.2024

Feinstaub aus der Luft sowohl natürlichen als auch anthropogenen Ursprungs haften am Körper der Biene und verunreinigen Honig und Pollen. Quelle: Papa et al. 2024, CC BY 4.0 DEED

Die Honigbiene Apis mellifera wird immer wieder als Bioindikator für Umweltverschmutzung herangezogen: Die Sammlerinnen fliegen in einem relativ großen und zugleich überschaubaren Radius um den Standort ihres Volkes. Und bei der Nahrungssuche sind sie vielfältigen Schadstoffen ausgesetzt.

Die mit einer Umweltgefährdung verbundenen Feinstaubkonzentrationen werden durch europäische Emissionsnormen (Richtlinie 2008/50/EG) geregelt, die Grenzwerte für luftgetragenen Feinstaub (PM) festlegt. In aktuellen bodengestützten Überwachungssystemen werden PM10 und PM2,5 mit großvolumigen Probenehmern gesammelt, die ein bekanntes Volumen an Umgebungsluft durch einen größenabhängigen, selektiven Einlass und einen Filter ansaugen. Die Filter werden vor und nach der Probenahme gewogen.

Dieser Ansatz berücksichtigt allerdings nicht die Tatsache, dass die PM-Toxizität hauptsächlich mit den chemisch-physikalischen Eigenschaften der Partikel zusammenhängt. Die Filtermethode birgt die Gefahr einer Porenverstopfung und sie liefert keine Informationen über den Submikrometerbereich, obwohl von diesen Partikeln möglicherweise eine höhere Toxizität ausgeht.

Die Forschung beschäftigt sich mit der Entwicklung innovativer Luftüberwachungstechnologien, mit denen Feinstaubproben im Submikrometermaßstab erfasst und die physikalisch-chemische Bestimmung ermöglicht wird. Entsprechend fortschrittliche Überwachungsgeräte werden allerdings mit hohen Kosten einhergehen.

Ein alternativer Ansatz zur Beurteilung der Luftverschmutzung ist das Biomonitoring (Käffer et al. 2012; Sæbø et al. 2012; Popek et al. 2017; Sorrentino et al. 2021) und dabei gilt die Europäische Honigbiene als besonders geeignet (Papa et al. 2021a; Pellecchia et al. 2023).
Neben der Honigbiene selbst werden auch von ihr angefertigte Produkte wie Honig, Pollen und Wachs als Biomonitore für Schadstoffe verwendet.

Honigbienen besitzen eine hohe Reproduktionsrate und Sammelbienen interagieren mit allen Umweltbereichen: Boden, Wasser, Luft und Vegetation. Sie sammeln aktiv und passiv bei der Nahrungssuche eine Vielzahl Schadstoffe - etwa Pestizide, Spurenelemente, flüchtige organische Schadstoffe, polychlorierte Biphenyle und Dioxine (Bromenshenk et al. 1985; Tonelli et al. 1990; Leita et al. 1996; Satta et al. 2012; Losfeld et al. 2014; Zhou et al. 2018; Smith et al. 2019).

Seit 2015 werden Honigbienen auch als Bioindikatoren für Feinstaub verwendet (Negri et al. 2015; Pellecchia und Negri 2018; Papa et al. 2021a; Capitani et al. 2021). Während der Nahrungssuche sammeln Arbeiterinnen Feinstaub aus natürlichen und anthropogenen Quellen auf ihren Körpern.

Die Kontamination des Bienenkörpers ist auf die Bildung elektrischer Ladungen während des Fluges zurückzuführen (Vaknin et al. 2000), eigentlich nur eine Eigenschaft, um nektar- und pollentragende Quellen auszuwählen. Doch die am Körper der Bienen erzeugten elektrischen Ladungen ziehen eben auch anorganische Partikel aus der Luft an.

An den Bienen haftende Partikel aus der Luft können mithilfe eines Rasterelektronenmikroskops in Verbindung mit Röntgenspektroskopie hinsichtlich ihrer Morphologie, Größe und chemischen Zusammensetzung bestimmt werden und liefern so wichtige Informationen über die Emissionsquellen der Partikel, ihren Verbleib in der Umwelt und das Potenzial dazu entzündliche Schäden, oxidative Schäden und andere gesundheitliche Auswirkungen in lebenden Organismen hervorrufen.

Die Quantifizierung der Partikel kann durch Zählen und Messen ihrer Abmessungen bestimmt werden. Voraussetzung für die Technik ist ein qualitativ hochwertiges digitales Bild, bei dem die Partikel nicht durch ihren Grauton mit dem Hintergrund oder einem anderen Objekt verwechselt werden können. Ein entscheidender Parameter bei der Durchführung einer solchen Analyse ist die Bildvergrößerung, da sie die Partikelgrößenverteilung beeinflusst: Je höher die Vergrößerung, desto höher die Anzahl der erkannten kleinen Partikel. Die Entwicklung eines automatisierten Bildverarbeitungssystems kann diese Aufgabe künftig übernehmen.

Die vorgelegte Metastudie liefert eine Zusammenfassung vergangener Studien zum Einsatz von Honigbienen zur Überwachung von Feinstaub in der Luft, einschließlich der Grenzen dieses Ansatzes und möglicher Perspektiven: Der Einsatz von Bienen bietet viele Vorteile gegenüber anderen Probennehmern für Feinstaub, da auf dem Körper der Biene gesammelte Partikel ohne weitere Verarbeitung (beispielsweise Vorbereitung und Extraktion von Filtermaterial) zur Analyse bereitstehen, wodurch das Risiko einer Kontamination und eines Probenverlusts minimiert wird. Die Anschaffungs- und Unterhaltungskosten für Bienen sind sehr niedrig und da die Bienenhaltung in fast allen Umgebungen möglich ist, gibt es damit einen potenziell unbegrenzten Vorrat an Feinstaub-Sammlerinnen.

Die Einrichtung von Honigbienenständen als Überwachungsstationen kann weitere Vorteile für Mensch und Ökosystem mit sich bringen. Die Honigbienen können unabhängig von ihrem eigentlichen Einsatzzweck Honig und weitere Produkte wie Wachs, Propolis, Pollen, Gelée Royale und Bienengift liefern. Darüber hinaus kommen sie als wichtige Bestäuberinnen zum Einsatz.

Literaturstelle: 

Papa, G., Pellecchia, M., Capitani, G. et al. The use of honey bees (Apis mellifera L.) to monitor airborne particulate matter and assess health effects on pollinators. Environ Sci Pollut Res (2024). https://doi.org/10.1007/s11356-024-33170-8

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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