Spezialisierte Bienenarten fliegen auf reichlich vorhandene Wirtspflanzen

  • Veröffentlicht am: 05.09.2023

Die Platterbsen-Mörtelbiene Megachile ericetorum ist hierzulande eine Pollenspezialistin, die überwiegend an Platterbsen und anderen Schmetterlingsblütlern sammelt. Foto: Jean-Raphaël Guillaumin/Flickr, CC BY-SA 2.0

Wie wählen Bienen aus, welche Blumen sie besuchen? Manche Bienen besuchen fast jede Blüte, während andere anspruchsvoller sind und längst nicht jede Pflanze anfliegen. Wie und ob sich Bienen auf eine bestimmte Blüten- oder Pollenart spezialisieren, ist eine Frage, über die Entomologen und Ökologen seit Jahren rätseln.

Jetzt entschlüsselt ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung der Ökologin Colleen Smith, die derzeit an der Universität Kalifornien in Santa Barbara arbeitet, warum sich einige Bienenarten auf den Besuch einer Pflanzenart spezialisiert haben. Sie kamen zu dem Schluss, dass Bienen, die sich spezialisieren, dazu neigen, sich auf die am häufigsten vorkommenden Arten in einem Ökosystem zu konzentrieren – zumindest im Osten der Vereinigten Staaten.

„In den meisten Umgebungen gibt es ein paar häufig vorkommende Arten, die wirklich oft vorkommen, sodass die meisten Pflanzen, denen eine Biene begegnet, zu einigen wenigen häufig vorkommenden Arten zählen“, erklärt Colleen Smith. „Bienen treffen daher weniger auf seltene Pflanzen. Pflanzenreichtum könnte ein Mechanismus sein, der die Spezialisierung – und damit die Artbildung – fördert.“

Von Tausenden Bienenarten in den Vereinigten Staaten sind etwa ein Viertel Pollenspezialisten, die nur Pollen von Pflanzen einer Gattung, Art oder Familie aufsuchen. Nur ein kleiner Prozentsatz der Pflanzen zählt zu diesen Pollenspezialisten.
In den östlichen Vereinigten Staaten und Kanada sind beispielsweise rund 25 % der Bienenarten Pollenspezialisten. Dabei unterstützen lediglich 6 % der Pflanzengattungen und 3 % der -familien entsprechend spezialisierte Bienen.

„Einige Pflanzenarten, wie Weiden und Sonnenblumen, beherbergen Unmengen von Bienenarten, und die meisten unterstützen keine spezielle Bienenart“, sagt Colleen Smith. „Warum unterstützen manche Pflanzen Spezialisten? Was bewirkt, dass sich eine Biene auf eine Pflanzenart spezialisiert? Das ist es, was wir messen wollten.“

Zwei Hypothesen

Auf diesem Gebiet existieren zwei konkurrierende Hypothesen: Die eine geht davon aus, dass Bienen sich spezialisieren könnten, wenn die von ihnen bevorzugten Pflanzen eine schlechte Pollenqualität aufweisen. Die andere geht davon aus, dass Bienen sich auf die am häufigsten vorkommenden Taxa oder Pflanzenarten in ihrem Ökosystem spezialisieren.

Um zwischen beiden zu entscheiden, testeten die Forscher jede der beiden Hypothese. Zunächst führten sie in Ottawa eine Feldstudie durch, um herauszufinden, ob Generalisten unter den Bienen auch Pollen von den Wirtspflanzen spezialisierter Bienen sammelten. Wenn spezialisierte Bienen Wirtspflanzen mit minderwertigem oder aktiv toxischem Pollen wählen, würden Generalisten diese Pflanzen meiden. Das entsprach allerdings nicht dem Ergebnis, was darauf hindeutet, dass die Pollenqualität keinen Einfluss auf die Spezialisierung hat.

Um die Pflanzenhäufigkeitshypothese zu testen, griffen die Wissenschaftler auf eine große öffentliche Datenquelle zurück: Bürgerwissenschaftler, die Bilder über die iNaturalist-App hochladen.

„Es ist schwierig, standardisierte Messungen des Pflanzenreichtums aller Pflanzengattungen im Osten der Vereinigten Staaten zu erhalten, wenn man selbst Proben nimmt“, so Colleen Smith. „Wir haben Daten der Smartphone-App iNaturalist verwendet. Da Menschen aufzeichnen, wo sie verschiedene Pflanzenarten sehen, konnten wir diese Daten zufällig nutzen, um den regionalen Pflanzenreichtum zu ermitteln.

„Unsere Forschung hat gezeigt, dass spezialisierte Bienen eher reichlich vorhandene Pflanzen als seltene Pflanzen nutzen“, beschreibt Colleen Smith das Ergebnis. „Das ist eine starke Bestätigung dessen, was viele Menschen anekdotenhaft vermutet hatten. Dies ist jedoch das erste Mal, dass eine quantitative Untersuchung einer breiten Palette von Pflanzen durchgeführt wurde. Das Interessante an dieser Studie ist, dass sie einige ökologische Theorien unterstützt, die darauf hindeuten, warum sich eine Spezialisierung überhaupt entwickelt.“

Zukünftige Forschungen könnten dieselben Hypothesen im Westen der Vereinigten Staaten testen – einem Hotspot für die Vielfalt spezialisierter Bienen –, um zu sehen, ob das Muster auch dort zutrifft.

Es gibt aber auch einen praktischen Nutzen für alle, die Bienen helfen wollen: Pflanzen, die sowohl Spezialisten als auch Generalisten anlocken, sollten gleichermaßen im Garten zum Zuge kommen.

„Durch die Anpflanzung dieser reichlich vorhandenen Wirtspflanzen, die sowohl von den Spezialisten als auch von den allgemeinen Arten besucht werden, unterstützen Sie neben der größten Anzahl an Bienen auch die potenziell gefährdeteren Bienenarten“, erklärt Colleen Smith. „Indem Sie darauf achten, was Pflanzenspezialisten brauchen, helfen Sie mehr Bienenarten.“

Der Zugang zur Studie ist beschränkt (Paywall).
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