Weniger Bestäuber gefährden ganze Industriezweige
Bestäubern sichern nicht nur der Landwirtschaft ihre Existenz. Foto: geralt/Pixabay, CC0 Creative Commons
Rund drei Viertel der Nahrungspflanzen sind von der Bestäubung abhängig. Dadurch erhalten die Bestäuber einen jährlichen Gegenwert von etwa 577 Milliarden US-Dollar; die Hälfte entfällt auf Wildtiere. Bestäuberpopulationen befinden sich jedoch in einer Abwärtspirale, mehr als ein Drittel der Wildbienen- und Schmetterlingsarten sind vom Aussterben bedroht.
In einer Umfrage unter acht Konzernen, darunter The Body Shop, Mars und Pepsico, berichteten viele der Befragten, dass sie nicht in der Lage seien, Maßnahmen dagegen zu ergreifen, weil sie keine genauen Daten über die betroffenen Anbau- und Beschaffungsregionen besäßen.
„Weniger als die Hälfte der befragten Unternehmen wissen, welche der von ihnen gelieferten Rohmaterialien von Bestäubern abhängen“, erklärt Gemma Cranston vom Cambridge Institute for Sustainability Leadership. „Ihre Lieferketten kann daher gefährdet sein und es erfordert zusätzliche Nachforschungen, herauszufinden, wo Möglichkeiten bestehen, die aktuelle Entwicklung umzukehren.“
„Die Rolle, die Bestäuber spielen [...] ist noch immer lückenhaft und kann nicht als selbstverständlich betrachtet werden. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir ihre Lebenszyklen, ihren Lebensraum und die Bedingungen verstehen, die es ihnen ermöglichen, zu gedeihen“, so Jos van Oostrum von Mars Incorporated. „Dies trägt nicht nur dazu bei, die Produktivität der Pflanzen zu sichern, von denen wir abhängig sind, sondern könnte sogar dazu beitragen, ihr Ertragspotenzial zu steigern.“
Eine der Schlüssellösungen für nachhaltigere Lieferketten sind Zertifizierungssysteme. Eine Überprüfung von neun derartigen Programmen hat gezeigt, dass einige Maßnahmen ergriffen werden können, insbesondere um den Einsatz von Pestiziden zu senken und die Wiederherstellung von Lebensräumen zu fördern. Doch es kann noch mehr getan werden.
„Zertifizierungssysteme spielen eine wichtige Rolle bei der Förderung von Best Practices einzelner Unternehmen. Eine wirksame Integration der Bedürfnisse von Wildbestäubern in solche Systeme wird den Unternehmen helfen, in diesem Bereich besser voranzukommen“, so Laura Fox von Fauna & Flora International.
Die Umfrage ist nur Teil des Projektberichts „The pollination deficit: Towards supply chain resilience in the face of pollinator“. Die Autoren bewerteten auch die Anfälligkeit der Top-15 von Bestäubung abhängigen Nutzpflanzen. Vorläufige Ergebnisse deuten darauf hin, dass bestimmte Kulturpflanzen besonders anfällig auf einen Rückgang der Bestäuber reagieren, wobei Kakao als besonders gefährdet gilt.
„Der Rückgang von Wildbestäubern ist ein ernst zu nehmendes Problem für einige Nutzpflanzen, da sie nicht leicht ersetzt werden können, etwa weil Honigbienen diese Arbeit nicht leisten können oder ihre Bedeutung noch nicht die notwendige Anerkennung gefunden hat“, erklärt Dr. Lynn Dicks von der Universität East Anglia. „Unsere Analyse zeigt, dass es in weiten Teilen der Welt zu wenig Kenntnisse über den Status der landwirtschaftlichen Bestäubung und Alternativoptionen gibt, obwohl sie für die Produktion einiger hoch geschätzter Inhaltsstoffe von großer Bedeutung ist.“
Nicht nur deutsche Supermarktketten werden sich der zunehmenden Bedeutung der Bedeutung für ihre Geschäfte bewusst. Francesca Brkic von The Body Shop sieht die Situation ganz ähnlich: „Die Bedeutung der Bestäubung für natürliche Rohstoffe hat für uns zunehmend Priorität. Wir analysieren die Bedeutung der Bestäubung in unserem Unternehmen, um zu verstehen, wie wir handeln müssen. Bienen sind uns sehr wichtig und wir wissen um die positiven Auswirkungen eines nachhaltigen Handels auf die Lieferkette, die von Bestäubern und Bestäubergemeinschaften abhängen, die Honig und Bienenwachs als wesentlichen Bestandteil produzieren.“
Die am Projekt beteiligten Organisationen hoffen nun, mit Industrie, Zertifizierungsstellen, Wirtschaftsverbänden, Regierungen und Bestäubungsfachleuten zusammenarbeiten zu können, um eine Vorreitergemeinschaft zu schaffen, die sich für den Schutz der Bestäuber einsetzen und dabei Standards setzen.