Haltung von Honigbienen nur nach Imkerschein
Das Ziel: Ein einheitlicher Imkerschein. Grafik: Niels Gründel
Die Fraktionen der Regierung des Bundeslandes Niedersachsen – SPD und CDU – hatten am gestrigen Mittwoch einen Entschließungsantrag in den Landtag eingebracht, mit dem sich die Landesregierung auf Bundesebene für einen Imkerschein einsetzen soll. Er wurde nach erster Beratung an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz überwiesen. FDP und Grüne konnten dem Antrag nichts abgewinnen.
Die Haltung von Honigbienen soll demnach nur noch erlaubt sein, wenn zuvor ein Imkerschein abgelegt wurde. Er soll ein Mindestmaß an Sachkunde der Bienenhaltung belegen.
Auslöser ist nach dem Wortlaut des Antrags der aktuelle Zustand an Gesetzlosigkeit, einerseits weil es keine Schutzabstände zu Nachbarn gibt und andererseits, weil die vielen neuen Hobbyimker durch unsachgemäße Betreuung die Völker der Berufsimker im Agrarland Niedersachsen bedrohen. Und Hobbyimker Lebensmittelunternehmer sind.
In vielfacher Hinsicht wirkt der Antrag in seiner Begründung wenig fachlich überzeugend: „Wer heute seinen Honig selbst produziert, hat nicht nur für die Bienen Verantwortung, sondern auch für den Honig. Der Hobbyimker ist somit im rechtlichen Sinne ein Lebensmittelunternehmer und unterliegt daher allen Anforderungen des Lebensmittelrechts.“ Zum einen existiert schon längst die Honigverordnung und zum anderen ist der Hobbyimker kein Lebensmittelunternehmer, wenn er seinen Honig nur für sich selbst produziert, was bei vielen Neuimkern mit nur einem Volk durchaus der Fall ist. Wird dann doch ein Glas an Nachbarn abgegeben, dürfte das Vergehen ähnlich schwerwiegend einzuschätzen sein, wie die Weitergabe selbst eingekochter Früchte – landläufig Marmelade genannt.
Im weiteren Verlauf wird auf einen verantwortungsbewussten Umgang verwiesen, eine notwendige fachgerechte Betreuung und die Einhaltung des Tierschutzgesetzes. Viele Neuimker würden ihr Wissen aber aus „mehr oder weniger zuverlässigen Internetquellen“ ableiten und sich dann „über natürliche Entwicklungen und Verhaltensweisen wundern, Ernährungsnotsituationen sowie Krankheiten nicht erkennen und im Folgenden keine oder fehlerhafte Maßnahmen ergreifen“.
Aus- und Fortbildungsbedarf unstrittig
Es gibt zweifelsohne reichlich Bedarf für eine fachgerechte Imkerausbildung für Hobbyimker. Ob ein einmaliger Imkerschein dies jedoch lösen kann, darf angezweifelt werden, zumal schon die Grundlagen dafür einheitlich geregelt sein müssten. Und auch die Lehrenden müssten entsprechend geschult werden.
Wenn Bieneninstitute oder Imkervereine Neuimker ausbilden, erfolgt dies nach eigenen Lehrplänen.
„Wir sollten mit den Imkervereinen und Verbänden hier einen praktikablen Weg entwickeln, um die heute schon freiwilligen Prüfungen und Lehrgänge von unterschiedlichen Anbietern zu einem einheitlichen Sachkundenachweis weiterzuentwickeln. [...]“, so der Abgeordnete der CDU-Fraktion Heiner Schönecke.
Ob sich Imker später fortbilden, was dringend erforderlich wäre, regelt dann allerdings auch ein Imkerschein nicht.
Dass unseriöse Quellen im Internet überwiegen, ist durchaus ein Problem der Bieneninstitute der Länder selbst, die den Weg in die Digitalisierung verpasst oder erst spät erkannt haben. Das Institut für Bienenkunde und Imkerei an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim hat dies immerhin erkannt und produziert nun umfangreiches Videomaterial wie bienen-nachrichten.de bereits vom Veitshöchheimer Imkerforum 2021 berichtete.
Mit Kanonen auf Spatzen
Es bleibt zu hoffen, dass auf dem weiteren Weg zu einer bundeseinheitlichen Regelung noch Nachbesserungen stattfinden werden und am Ende nicht ein rein bürokratischer Imkerschein ausgegeben wird. Schon die heute verpflichtende Meldung von Völkern ist schwer zu kontrollieren, teils unmöglich.
Die Einführung eines Sachkunde-Nachweises darf die Attraktivität der Imkerei nicht einschränken, so Philipp Raulfs, Sprecher für Verbraucherschutz der SPD-Fraktion: „Wir wollen gemeinsam mit Expertinnen und Experten einen Rahmen schaffen, der die Imkerinnen und Imker nicht unverhältnismäßig belastet, gleichzeitig aber für mehr Sicherheit sorgt. Wir werden uns in den Ausschussberatungen deshalb umfassend von Expertinnen und Experten sowie Verbänden beraten lassen und wichtige Details prüfen.“
Zudem wäre wünschenswert, wenn die Politik mit demselben Enthusiasmus auch das Tierwohl anderer Nutztiere verfolgt würde. In Niedersachsen gibt es da besonders viel zu tun. Vergleiche hinken zwar immer (kein Nutztier außer der Honigbiene kann oder darf heute noch fliegen), aber die Haltung von Schweinen und Geflügel ist in vieler Hinsicht weiterhin sehr fragwürdig, obwohl sie fast durchweg durch Profis gehalten werden, und die Anzahl der Tiere ist in den letzten zehn Jahren deutlicher gestiegen als die der Bienenvölker.
2020 gab es in Niedersachsen 8,6 Mio. Schweine und 88 Mio. Tiere, die dem Geflügel zugerechnet werden. Bei den Schweinen gab es 2010 noch etwa 200.000 Tiere weniger, beim Geflügel sogar 32 Mio..
Demgegenüber stehen knapp 90.000 Bienenvölker. Die Zahl wirkt geradezu lächerlich. Letztere mit Zuwachsraten von 2.000 Völkern pro Jahr. 2011 hat Niedersachsen sogar extra eine Neuimkerprämie eingeführt, wohl um genau diese bescheidenen Zuwächse zu erzielen. Und jetzt wundert man sich über den eigenen Erfolg?
Hermann Grupe aus der FDP-Fraktion hat jedenfalls eine klare Meinung in Sachen Imkerschein: „CDU und SPD beklagen, dass trotz ihrer enorm wichtigen Bedeutung die Imkerei bisher kaum geregelt und nur durch wenige Gesetze bestimmt ist. Was für ein Glück! Hier gibt es mal einen wirklichen Freiraum, der nicht geregelt wird und trotzdem hervorragend funktioniert. Die Menschen wissen genau das zu schätzen. Ich kann die Landesregierung nur eindringlich bitten, keine Regelungen und Bürokratie darüber zu stülpen.“