Veitshöchheimer Imkerforum 2021
Das Imkerforum fand diesmal ausschließlich digital statt. Foto: Chris Montgomery/Unsplash, CC0
Wissenschaft und Praxis im Dialog standen einmal mehr bei der Veranstaltung im Vordergrund. Angesichts der aktuellen Corona-Beschränkungen fand das Forum des Instituts für Bienenkunde und Imkerei an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau als Online-Veranstaltung statt. Die Vorträge berichteten vor allem über aktuelle Themen aus Forschung und Imkerei, die auch im Jahresbericht Erwähnung finden werden, dessen Veröffentlichung im Mai zu erwarten ist.
850 Teilnehmer hatten sich angemeldet um per Videokonferenz den Vorträgen zu folgen und Fragen per Chat-Funktion zu stellen. Technisch gab es weitgehend keine Probleme und den Organisatoren ist die Zusammenfassung und Beantwortung der Fragen aus dem Chat in den Pausen auch gut gelungen.
Dr. Ingrid Illies machte den Auftakt mit der Vorstellung der „Begleituntersuchung im Rahmen der Bekämpfung des Schwammspinners Lymantria dispar in Unterfranken“. Der Nachtfalter kann Eichen- und Eichenmischwälder im Frühjahr kahl fressen. Dagegen wird in weiten Teilen Bayerns Tebufenozid eingesetzt, das auch im Obst- und Gemüsebau zum Einsatz gelangt. Es gilt als ungefährlich für Bienen.
Im Untersuchungsjahr 2020 wurde auf 2.800 ha Wald in Bayern per Helikopter großflächig Tebufenozid ausgebracht.
Die Untersuchungsfrage lautete, ob Honigbienen mit dem Wirkstoff in Kontakt gelangen. Dazu wurden drei Gruppen von Bienenvölkern untersucht: eine Gruppe mit einem offenen Flugloch während der Behandlung, eine Gruppe mit einem verschlossenen Flugloch und eine dritte Gruppe, die außerhalb des Flugradius des Helikopters aufgestellt wurde.
Die Ergebnisse waren soweit eindeutig: Ein Totenfall am Flugloch konnte am Tag der Behandlung nicht festgestellt werden; auch die Volksentwicklung sowie die verdeckelte Brut zeigte keine statistisch Auffälligkeit.
Rückstände bei den Sammlerinnen konnten jedoch nachgewiesen werden: Am Tag der Behandlung waren sie bei dem Volk mit geöffnetem Flugloch besonders groß; am Tag nach der Behandlung erheblich niedriger. Die Sammlerinnen des Volks mit dem geschlossenen Flugloch am Tag der Behandlung wiesen eine nur ein Drittel so hohe Belastung auf.
Tebufenozid war im Frischpollen ebenfalls nachweisbar, im Honig dagegen nicht.
Das Verschließen der Fluglöcher am Behandlungstag reduziert den Wirkstoffeintrag, schließt ihn an den Folgetagen aber nicht aus. Inwieweit ein Depot im Bienenvolk entsteht, war nicht Teil der Untersuchung.
Der unspezifische Einsatz von Tebufenozid wird von Naturschützern kritisch gesehen, da er auch gegen andere Schmetterlingsarten wirkt und weitere Insekten und deren Fressfeinde treffen kann.
Melezitosehonig
Weiter ging es mit dem Vortrag „Fütterung von Melezitosehonig zur Gewinnung von Waldhonig“. Untersucht wurde, inwieweit ein Honig mit Melezitoseanteil durch Fütterung an Bienen vermarktungsfähig geerntet werden kann.
Dazu wurden 18 Völker in drei gleiche Gruppen eingeteilt und mit unterschiedlichen Anteilen Melezitose am Gesamtzuckergehalt eingefüttert. Eine Honigernte war im Ergebnis zwar möglich, aber nicht rentabel.
Etwas enttäuschend war die Vorstellung der „Prüfung von Anstrichen auf Bienenverträglichkeit“: Eine Reihe von Lasuren, Lacken und Ölen wurden im Labor auf die Lebensdauer von Honigbienen und sogar auf Kontakt getestet. Als gut bewertet werden die Produkte, wenn sie so abschneiden wie eine Behandlung der Bienen mit Bienenwachs oder dem Zeichenstift für Königinnen.
Leider gab es keine Vorstellung der Ergebnisse mit entsprechenden Herstellerempfehlungen.
Kurz vorgestellt wurde auch der „Einfluss von Temperatur und Gruppengröße auf die Lebensdauer von Bienen in Käfigversuchen“ und ein „Testversuch zum Einsatz von Eradicoat zur Bekämpfung von Erdflöhen im Weißkohl“. Der Wirkstoff Maltodextrin ist ein Kontaktmittel, der die Atemöffnungen der Zielschädlinge verklebt, ebenso wie die Gliedmaßen. Auf Honigbienen zeigte der Wirkstoff keine Effekte.
Späte Trachten ohne Folgen
Dr. Ina Heidinger berichteten im Anschluss von möglichen „Auswirkungen von Spättrachten auf die Ein- und Überwinterung von Honigbienenvölkern“. Die Untersuchungen laufen seit 2019. Als negative Effekte von Spättrachten wird ein Verhonigen des Brutnestes, ein vorzeitiges Abarbeiten der Winterbienen und eine Begünstigung der Varroa-Vermehrung gesehen.
Die Versuche wurden in 2019 auf Flächen mit 6,5 ha Gelbsenf, 4 ha Phacelia und zur Kontrolle ohne explizite späte Tracht durchgeführt.
Im Jahr 2020 wurden neben einer Kontrollfläche wieder Flächen mit Gelbsenf und 18 ha mit einer Luzerne-Klee-Mischung eingesetzt.
An die Standorte wurden jeweils sechs Völker verbracht, die zuvor vollständig behandelt und eingefüttert worden waren.
Insgesamt zeigte sich anhand von Pollenuntersuchungen, dass die Honigbienen bevorzugt auf den am Ort verfügbaren Pflanzen nach Nahrung suchten. Rotklee war aber gleichwohl stets dominant.
Ein Verhonigen der Bruträume konnte nicht festgestellt werden. Eindeutige Hinweise für ein vorzeitiges Abarbeiten der Arbeiterinnen haben sich im ersten Untersuchungsjahr ebenfalls nicht gezeigt und auch die Varroa-Milbe erwies sich nicht als auffälliges Problem.
Wildpflanzen statt Monokulturen
Weiter ging es mit „Wildpflanzenmischungen zur energetischen Nutzung“. Die Entwicklung der ersten Mischung „Hanfmix“ ist bereits abgeschlossen und kann über das Unternehmen Knapkon bezogen werden. Sie besteht aus neun einjährigen, neun zweijährigen Pflanzen und elf Stauden.
Der „Präriemix“ ist noch in der Entwicklung. Aktuell besteht die Mischung aus sechs einjährigen, vier zweijährigen Pflanzen und 22 Stauden. Sie ist so ausgelegt, dass die Ernte gleichzeitig mit Mais möglich ist, damit Landwirte keinen Zusatzaufwand haben.
Beide Mischungen ergänzen sich: In die Blütenlücke des Hanfmix fügt sich der Präriemix ein. Die Wildpflanzen sind gegenüber dem seit Jahren auf Effizienz getrimmten Mais allerdings im Nachteil gegenüber der möglichen Methangewinnung: Fast 5.000 m³ Methan/ha lassen sich aus Mais gewinnen, beim Präriemix sind es im Maximum knapp die Hälfte.
Die Monokultur Mais ist dagegen ökologisch im Nachteil: Die Monokulturen benötigen einen massiven Einsatz von Dünger und Pestiziden. Das entfällt bei den Blühmischungen aus Veitshöchheim. Zudem besitzen die Wildpflanzenmischungen nicht nur Vorteile für Honigbienen, bei denen ein Ertrag von sechs bis über 20 Kilogramm pro Volk möglich ist. In beiden Anpflanzungen finden sich zahllose Bestäuber und sogar Arten der Roten Liste. 58 Wildbienen-Arten aus 11 Gattungen (Andrena, Bombus, Colletes, Dasypoda, Halictus, Hylaeus, Lasioglossum, Melitta, Nomada, Specodes, Xylocopa) konnten in den Blühmischungen nachgewiesen werden, davon stammten 19 Arten von der Roten Liste.
Wildpflanzenmischungen können damit als Energiepflanzen von der Landwirtschaft genutzt werden. In den Ergebnissen wurde dies jedoch nur für „Ungunststandorte“ gesehen und nicht als Alternative für Mais, obwohl dies einer nachhaltigen Bodennutzung im Sinne der EU-Agrarreformen entsprechen würde.
Nachfolgend übernahm Institutsleiter Dr. Stefan Berg den Themenkomplex „Bienengesundheit“ und berichtete von den bisher gescheiterten Versuchen für eine Zulassung der Oxalsäure-Verdampfung in Deutschland.
Das eidgenössische Unternehmen Andermatt BioVet hat jedoch aufgrund seiner Neuentwicklung des batteriebetriebenen „Varrox Eddy“ ein besonderes Interesse und treibt eine Zulassung wohl voran. Mit ihr kann womöglich im Jahr 2022 gerechnet werden.
Darüber hinaus zeigte Stefan Berg wie die Anwendersicherheit für eine Oxalsäure-Verdampfung wissenschaftlich untersucht wird.
Massiver Beifang im Weinbau
Darüber hinaus berichtete er von Wespenfallen wie sie in Weinbergen gang und gäbe sind. Eine unterschiedliche Zugänglichkeit zu den Fallen und die Wahl der richtigen Fangflüssigkeit machen einen Unterschied. Allerdings sind Wespenfallen ein Beitrag zur Vernichtung der Artenvielfalt: Zielorganismen, sprich die Deutsche Wespe Vespula germanica und die Gemeine Wespe Vespula vulgaris werden kaum gefangen: Der Anteil des unerwünschten Beifangs liegt zwischen 90,20 und 96,78 %. Oder in Zahlen: von 60.973 getöteten Insekten in der Falle waren 546 Wespen.
Versuche in Frankreich zum Fang der eingewanderten Asiatischen Hornisse Vespa velutina nigrithorax zeigten ähnliche Ergebnisse: Wenig Zielorganismen, viel Beifang, darunter auch zahlreiche junge Königinnen der Europäischen Hornisse Vespa crabro.
Die „Varroa-App“ wurde schließlich von Renate Feuchtmeyer vorgestellt. Eine detaillierte Vorstellung gab es schon 2019 bei bienen-nachrichten.de.
Weiter ging es mit der nächsten App, diesmal „BeeWarned“. Dr. Nicole Höckerl präsentierte die 2017 entwickelte Anwendung, bei der vor allem der Kleine Beutenkäfer Aethina tumida und die Asiatische Hornisse im Mittelpunkt stehen. 140 Imker waren zum Monitoring geplant, aktuell sind es 131 Imker mit 170 Standorten, die dreimal über einen Zeitraum von vier Wochen im Jahr ihre Beobachtungen erfassen. Da die Finanzierung durch den Freistaat erfolgte, ist die App auf Bayern beschränkt.
Inwieweit die Kleinstaaterei bei der Bekämpfung invasiver Arten hilfreich sein soll, darf stark angezweifelt werden, da die Asiatische Hornisse sogar auf der so genannten Unionsliste steht, der Liste invasiver gebietsfremder Arten von EU-weiter Bedeutung.
Gerhard Müller-Engler gab mit seinem Vortrag „Digitaler Wissenstransfer im Clip-Format oder Papa wird Youtuber“ einen Einblick in die neuen Möglichkeiten für Online-Schulungen. Es sei zudem wichtig, dass ein fachliches Gegengewicht zum allgemein zugänglichen, vielfach vermeintlichen Expertenwissen im Internet angeboten werde. Aktuell sind bei YouTube 12 Videos von geplanten 121 der neuen Imkerpraxis im Channel verfügbar.
Den letzten Vortrag steuerte Johann Fischer von der Arbeitsgemeinschaft der Fachberater (AFI) bei, indem er insbesondere auf das Chronisches-Bienenparalyse-Virus (CBPV) einging, das in letzter Zeit deutlich vermehrt auftritt.
Es zeigt sich bei Honigbienen mit sehr charakteristischen Symptomen wie abnormalem Zittern, Flugunfähigkeit und glänzenden, haarlosen Hinterleibern. Bei einem Auftreten empfiehlt er die Sanierung nach der von den Fachberatern getauften Strategie „Holland“, bei der erkrankte Völker von gesunden Völkern abgesondert werden.