Wildbienen entdecken & schützen
Wildbienen entdecken & schützen
Nach den Honigbienen liegen aktuell vor allem die Wildbienen im Trend. Wer sich nur etwas mit dem Thema Bienen auseinandersetzt, merkt schnell, dass es mehr als nur die Honigbiene gibt und die wenig bedroht ist. Doch auch zu Wildbienen gibt es schon eine Menge Literatur. Nicolas Vereecken sticht mit seinem Buch allerdings hervor.
Bei der Neuerscheinung aus dem BLV-Verlag handelt es sich um eine Übersetzung der französischsprachigen Originalausgabe des Autors Nicolas Vereecken mit einigen lokalen Anpassungen. Der Autor forscht und lehrt an der Freien Universität Brüssel. Sein Faible für die Fotografie von Wildbienen lässt sich ebenfalls an vielen der Bilder im Buch ablesen – die meisten stammen von ihm selbst.
Das Buch gliedert sich anders als bisher erschienene Literatur zum Thema: Am Anfang geht es dem Autor darum, dem Leser Wildbienen näher zu bringen. In seinem Entdecker-Kapitel erklärt er ihren Ursprung, den Unterschied von Honig- und Wildbienen, zeigt, welche Länder besonders viele und wenige unterschiedliche Arten aufweisen: Spitzenreiter ist Griechenland mit 1.189 Arten, während es das abgeschiedene Island nur auf fünf Arten bringt.
Von der Vielfalt der Wildbienen wollen auch andere Insekten profitieren, die ihnen täuschend echt ähneln, um Fressfeinden zu entkommen; auch diese leicht zu verwechselnden Insekten stellt der Autor in Bild und mit entsprechenden Beschreibungen vor, bevor er sich dem Lebenszyklus von Wildbienen und ihrem Sozialverhalten zuwendet.
Wo sie schlafen wird ebenso erklärt wie ihre ökologische Funktion für die Umwelt und ökonomische Bedeutung für den Menschen.
Im nächsten großen Kapitel werden die Lebensgewohnheiten beschrieben. Die Wildbienen werden dabei nach ihren Nistgewohnheiten unterteilt, was die volle Vielfalt zeigt – ob unterirdisch oder überirdisch und dort in Stängeln oder als Nachmieter in Röhren. Auch die Baumaterialien können sehr unterschiedlich ausfallen: „Mörtel“, Pflanzenhaare, Blattstücke, Blütenblätter, Schneckenhäuser oder Harz.
Wer die Lebensweise schließlich verstanden hat, kann Wildbienen auch deutlich effektiver schützen – damit schließlich lässt Nicolas Vereecken das Buch enden: Er zeigt anhand von Beispielen wie Nistgelegenheiten für Wildbienen (einschließlich Hummeln) gebaut werden können, warum es nicht sinnvoll ist, dass Unternehmen in Honigbienen investieren, um ausgerechnet die Biene zu retten, die gar nicht bedroht ist, aber auch wie jeder Einzelne durch die Anpflanzung geeigneter Nahrungspflanzen helfen kann.
Ganz Wissenschaftler überrascht der Autor auch mit anderen kleinen Geschichten. Er erbringt etwa den Nachweis, warum das immer wieder Albert Einstein zugeschriebene Zitat („Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, kein Mensch mehr.“) definitiv nichts mit ihm zu tun hat (und woher es wirklich stammt).
In jüngster Zeit werden die Auswirkungen des Sterbens der Bienen auch gerne anhand der Bestäubung von Obstbäumen durch menschliche Hände auf Obst-Plantagen in der chinesischen Provinz Sichuan veranschaulicht. Ganze Landstriche dort sollen frei von Insekten sein, ökologischen Wüsten gleich, in denen kein Insekt mehr zu finden sei. Auch hierzu kann der Autor aus erster Hand etwas beitragen, da er vor Ort Bestandsaufnahmen von Wildbienen vorgenommen hat. Von ökologischen Wüsten in der Form kann keine Rede sein.
Insgesamt bietet das Buch einen vielschichtigen Einstieg in die Welt der Wildbienen, das in der Form einmalig ist. Man nimmt es immer wieder gerne zur Hand, um Neues zu entdecken. Wer noch mehr will, den ermutigt der Autor in spezialisierten Naturschutzverbänden aktiv zu werden oder auch mit gesprächsbereiten Wissenschaftlern in Kontakt zu treten. Geeignete Adressen liefert er gleich mit.