Maßnahmen der EU gegen Rückgang der Biodiversität wirkungslos
Landwirtschaft als größter Feind der Biodiversität. Foto: 272447/Pixabay, CC0
Der Europäische Rechnungshof sieht die intensive Landwirtschaft als wesentliche Ursache für den Rückgang der Biodiversität. Und die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union in der bisherigen Form sei wirkungslos, diesen Trend umzukehren. Das Geld wird für die falschen Maßnahmen ausgegeben.
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) war hinsichtlich der Umkehrung des seit Jahrzehnten zu beobachtenden Rückgangs der biologischen Vielfalt nicht wirksam, und die intensive Landwirtschaft ist weiterhin die Hauptursache für diesen Verlust. Dies geht aus einem aktuellen Bericht des Europäischen Rechnungshofs hervor. Die Prüfer stellten Lücken in der EU-Biodiversitätsstrategie für das Jahr 2020 und ihrer Koordinierung mit der GAP fest.
Außerdem gelangten sie zu dem Ergebnis, dass die Kommission die GAP-Ausgaben für die biologische Vielfalt nicht zuverlässig verfolgt und dass ein Großteil der GAP-Finanzierungen nur geringe positive Auswirkungen auf die Biodiversität hat. Einige GAP-Regelungen besitzen größeres Potenzial, die biologische Vielfalt zu verbessern, doch haben Kommission und Mitgliedstaaten Optionen mit geringen Auswirkungen bevorzugt.
In Europa sind Bestand und Vielfalt der Arten auf Agrarland seit vielen Jahren rückläufig. Die Feldvogel- und Wiesenschmetterlingspopulationen – ein guter Indikator für Veränderungen – haben sich seit 1990 um mehr als 30 % verringert. Intensive Landwirtschaft hat zu einem Rückgang der Bestandsdichte und der Vielfalt der natürlichen Vegetation und damit auch der Tiere geführt und bleibt eine der Hauptursachen für den Verlust an Biodiversität.
Im Jahr 2011 vereinbarte die Kommission eine Strategie, mit der diesem Verlust bis 2020 Einhalt geboten werden sollte. Sie verpflichtete sich, den Beitrag von Land- und Forstwirtschaft zur Erhaltung der Biodiversität zu erhöhen, und setzte sich zum Ziel, eine „messbare Verbesserung“ des Erhaltungszustands von Arten und Lebensräumen, die von der Landwirtschaft beeinflusst werden, herbeizuführen. Die Prüfer bewerteten, ob die GAP zu einer besseren Erhaltung der Biodiversität landwirtschaftlicher Nutzflächen beigetragen hatte und wie die EU bei der Erreichung ihrer Ziele abschnitt. Hierzu wurden Prüfbesuche in Deutschland, Irland, Polen, Rumänien und Zypern durchgeführt.
„Bislang hat die GAP dem Rückgang der biologischen Vielfalt landwirtschaftlicher Nutzflächen, der sowohl für die Landwirtschaft als auch für die Umwelt eine große Gefahr darstellt, nicht ausreichend entgegengewirkt“, erläuterte Viorel Ștefan, das für den Bericht zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. „Der Vorschlag für die GAP nach 2020 und die Biodiversitätsstrategie bis 2030 zielen darauf ab, die GAP besser auf Herausforderungen wie den Verlust an Biodiversität, den Klimawandel oder den Generationswechsel auszurichten und zugleich die europäischen Landwirte weiter im Sinne eines nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Agrarsektors zu unterstützen.“
Keine messbaren Zielvorgaben für Landwirtschaft
Die Prüfer stellten fest, dass in der Biodiversitätsstrategie der EU für 2020 keine messbaren Zielvorgaben für die Landwirtschaft festgelegt wurden, was die Bewertung der Fortschritte und Leistungen der von der EU finanzierten Maßnahmen erschwert. Außerdem war die Koordinierung zwischen den die Biodiversität betreffenden politischen Maßnahmen und Strategien der EU unzulänglich, sodass zum Beispiel nichts gegen den Rückgang der genetischen Vielfalt – einer Unterkategorie der biologischen Vielfalt – unternommen wurde.
Die GAP-Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe machen rund 70 % der gesamten Agrarausgaben der EU aus. Die Art und Weise, wie die Kommission die der Biodiversität zugutekommenden GAP-Ausgaben verfolgt, ist jedoch unzuverlässig, da der Beitrag, den einige Maßnahmen zur biologischen Vielfalt leisten, überbewertet wird. Zudem sind ihre Auswirkungen auf die Biodiversität landwirtschaftlicher Nutzflächen begrenzt oder unbekannt. Zwar haben einige Voraussetzungen für Direktzahlungen, insbesondere Ökologisierung und Cross-Compliance, das Potenzial, die biologische Vielfalt zu verbessern, doch haben die Kommission und die Mitgliedstaaten Optionen mit geringen Auswirkungen wie den Zwischenfruchtanbau oder stickstoffbindende Pflanzen bevorzugt. Die Prüfer stellten darüber hinaus fest, dass das Cross-Compliance-Sanktionssystem keine eindeutigen Auswirkungen auf die biologische Vielfalt von Agrarland hatte und dass das Potenzial der Ökologisierung nicht ausreichend genutzt wurde.
Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums bieten im Zusammenhang mit der Biodiversität größeres Potenzial als Direktzahlungen, und zwar insbesondere, wenn mit ihnen umweltfreundliche Bewirtschaftungsmethoden gefördert werden, die über die einschlägigen rechtlichen Verpflichtungen hinausgehen. Die Mitgliedstaaten setzen jedoch nur selten hochwirksame Maßnahmen wie ergebnisorientierte Regelungen ein und geben dagegen weniger anspruchsvollen, aber auch weniger vorteilhaften („hellgrünen“) Regelungen, die bei den Landwirten beliebter sind, den Vorzug.
Die Prüfer empfehlen der Kommission, die Biodiversitätsstrategie für 2030 besser zu koordinieren, den durch Direktzahlungen und Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums geleisteten Beitrag zur Biodiversität von Agrarland zu verbessern, die Ausgaben im Zusammenhang mit der Biodiversität genauer zu verfolgen und zuverlässige Indikatoren für die Bewertung der Auswirkungen der GAP zu entwickeln.