Schadensersatz für Glyphosat im Honig
Viele Bienen fliegen auf Löwenzahn. Leider auch, wenn sie schon mit Glyphosat getränkt sind. Foto: Darius Cotoi/Unsplash
Die Imkerei Seusing aus Brandenburg erhält Schadensersatz für ihren mit Glyphosat verunreinigten Honig. Der verantwortliche Landwirt muss für den Schaden vollumfänglich haften. Das hat das Landgericht Frankfurt/Oder heute entschieden. Bisher blieben Imkereien auf fremdverursachten Schäden sitzen, wenn ihr Honig durch Pestizide aus der Landwirtschaft belastet ist.
Für Schäden durch den Einsatz von Pestiziden müssen die entsprechenden Landwirte haften. Es gilt das Verursacherprinzip. Das hat das Landgericht Frankfurt (Oder) heute in einem richtungsweisenden Urteil entschieden. Es hat einem Imker Schadensersatzansprüche gegen eine Landwirtschaftsgesellschaft zugesprochen, weil sein Honig wegen Glyphosateinträgen vernichtet werden musste.
Das Imkerpaar Sebastian und Camille Seusing hatte seine Bienenvölker seit Mai 2018 an einem Waldrand im Landkreis Barnim aufgestellt. Im April 2019 fanden die Bienen auf dem angrenzenden Feld einen reich gedeckten Tisch vor: Der Löwenzahn stand in voller Blüte. Der Pächter des Feldes, eine von niederländischen Investoren geführte Landwirtschaftsgesellschaft, besprühte den Löwenzahn mit Glyphosat, um das Feld für den Maisanbau vorzubereiten. Die Bienen der Imkerei Seusing sammelten weiter mit Glyphosat besprühten Blütenpollen und Nektar, bevor der Löwenzahn nach zwei Tagen abstarb.
Laboranalysen des Honigs ergaben, dass die zulässigen Rückstandshöchstmengen für Glyphosat bis zu 152-fach überschritten wurden. Die Imkerei Seusing musste daraufhin tonnenweise Honig entsorgen, weil dieser nicht mehr verkehrs- und verzehrfähig war. Aufgrund der wirtschaftlichen Schäden hat die Imkerei Seusing ihren Familienbetrieb mittlerweile aufgegeben.
Wie das Landgericht nun bestätigt, ist die beklagte Landwirtschaftsgesellschaft für die Folgen ihres Glyphosateinsatzes voll verantwortlich. Pestizide dürfen auf dem Acker nur so eingesetzt werden, dass die geltenden Rückstandshöchstgehalte in Honig eingehalten werden. Der Pflanzenschutzdienst des Landes Brandenburg weist Landwirte seit Jahren darauf hin, dass zur Vermeidung von Rückständen im Honig der Einsatz glyphosathaltiger Herbizide auf blühende Pflanzen unterbleiben sollte.
„Das Gericht hat heute klargestellt, dass diejenigen, die Pestizide einsetzen, dafür sorgen müssen, dass dadurch kein Schaden entsteht“, so Dr. Georg Buchholz, Anwalt des Imkers Sebastian Seusing. „[...] Letztlich kann die Rückstandsfreiheit des Honigs nur gewahrt werden, wenn keine Pestizide auf blühende Pflanzen ausgebracht werden. In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht deutlich gemacht, dass die Landwirtschaft notfalls auch einen Mehraufwand in Kauf nehmen muss, um einen Totalschaden für Imker*innen zu vermeiden.“
Die Aurelia Stiftung begrüßt das Urteil als richtungsweisendes Signal für die Landwirtschaft und Politik.Thomas Radetzki, Vorstand der Aurelia Stiftung, kommentiert: „Das heutige Urteil hat eine wichtige Signalwirkung, die weit über Brandenburg hinausreicht. Bisher bleiben Imker*innen meist auf ihren Schäden sitzen, wenn ihr Honig durch Agrarpestizide verunreinigt und vernichtet werden muss. Die Tatsache, dass Landwirt*innen für Schäden durch Pestizide zur Haftung herangezogen werden können, hilft hoffentlich dabei, dass derartige Schäden seltener auftreten. [...]“
Die schriftliche Urteilsbegründung des Gerichts wird in den kommenden Tagen erwartet.