Bienenverträgliche Anstriche für Honigbienen-Beuten

  • Veröffentlicht am: 16.06.2021

Bunte Farben an Beuten von Honigbienen sind keine Seltenheit. Sie sollen Orientierung für die Bienen und Schutz für das Material bieten. Foto: Goran Horvat/Pixabay

In der Imkerei werden Bienenbeuten vor allem als Schutz vor Verwitterung von außen angestrichen, wenn sie ohne Wetterschutz im Freiland aufgestellt werden. Wer über ein Bienenhaus verfügt oder einen überdachten Freistand wird sich den Schutzanstrich wahrscheinlich sparen. Einen Schutzanstrich für die eigenen Bienenbeuten kann man aber nicht einfach im Baumarkt kaufen.

Eingesetzt werden dürfen nur Farben und Lacke, die ungiftig für Bienen sind und keine Rückstände im Honig bilden. Hinweise dazu liefern Begriffe wie Bio-, Öko- oder Naturfarbe leider nicht, da es keinen rechtlichen Schutzmechanismus gibt, der bestimmte Kriterien festlegen würde. Dem Verbraucher sollen sie aber vermitteln, dass die Farben unschädlich seien.
Die Hersteller halten zu ihren Produkten jedoch technische Merkblätter und Sicherheitsdatenblätter parat. Insbesondere Letzteren können Hinweise zur ökologischen Verträglichkeit und gegebenenfalls Giftigkeit entnommen werden.
Doch auch hier gibt es Grenzen: Denn Bienen stehen bei der Entwicklung von Farben normalerweise nicht im Fokus der Hersteller. Es wird also deutlich komplizierter, einen geeigneten Schutzanstrich zu finden.

In den Jahren 2010/2011 hatte das Institut für Bienenkunde und Imkerei an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau ein Forschungsvorhaben zur „Bewertung von Anstrichen auf Bienenverträglichkeit“ unter der Projektleitung von Dr. Ingrid Illies durchgeführt.
Projektpartner war damals die Pigrol Farben GmbH. Der Hersteller hatte zwei Beutenschutzfarben, eine Lasur und einen Lack, im Angebot. Von beiden sind heute im Handel nur noch Restbestände erhältlich, da das Unternehmen 2018 dauerhaft geschlossen wurde.

In Versuchskäfigen aus Edelstahl wurden jeweils 50 Jungbienen in einem Lebensdauertest über 21 Tage gehalten. Die Rückwand des Käfigs war mit einem Holzplättchen ausgestattet, das zweimal nach den Anwendungsempfehlungen des Herstellers behandelt worden war.
Zur Kontrolle gab es Käfige mit Rückwänden, die nur mit Bienenwachs behandelt worden waren, oder einem schwach-insektiziden Anstrich.
In einem Kontakttest über 15 Tage wurden einzelnen Bienen die Lacke und Lasuren direkt auf den Thorax appliziert, und zuletzt wurden unbehandelte Bienenbeuten für einen Freilandversuch mit den Farben und Lacken gestrichen.

Im Jahr 2020 hat das Institut für Bienenkunde und Imkerei Anstriche von zwei weiteren Unternehmen untersucht. Diesmal wurden jeweils 25 Jungbienen in den ursprünglichen Versuchskäfigen gehalten und ebenfalls wurden einzelne Bienen dem Kontakttest unterzogen.

Zertifizierte Lacke und Lasuren

Geprüfte, bienenverträgliche Lacke und Lasuren sind im Handel erhältlich. Das Institut für Bienenkunde und Imkerei veröffentlicht keine Produktbezeichnungen bestimmter Hersteller. Auf Nachfrage haben die im Folgenden aufgeführten Anbieter gegenüber bienen-nachrichten.de bestätigt, dass die angebotenen Farbanstriche eine Prüfung nach den Kriterien des Instituts für Bienenkunde und Imkerei auf Bienenverträglichkeit erfolgreich bestanden haben.

Kurt Obermeier GmbH

Koralan Beutenschutz-Farbe
Geeignet für: Holz/Styropor
Farben: Braun, Blau, Gelb, Grün, Rot, Weiß
Gebindegrößen: 0,375 l, 0,75 l, 2,5 l

Koralan Beutenschutz-Lasur
Geeignet für: Holz
Farben: Kiefer, Nussbaum, Tannengrün
Gebindegrößen: 0,75 l, 2,5 l

Koralan Futterzargen-Lack
Geeignet für: Holz
Farbe: farblos
Gebindegröße: 0,75 l

Remmers

Gartenholz-Öl [eco]
Geeignet für: Holz
Farben: farblos, Bangkirai-Öl, Douglasien-Öl, Lärchen-Öl, Teak-Öl
Gebindegrößen: 0,75 l, 2,5 l, 5 l

Öl-Dauerschutz-Lasur [eco]
Geeignet für: Holz
Farben: farblos, Eiche hell, Kiefer, Mahagoni, Nussbaum, Palisander, Pinie/Lärche, Silbergrau, Teak, Weiß
Gebindegrößen: 0,75 l, 2,5 l

Öl-Farbe [eco]
Geeignet für: Holz
Farben: Anthrazitgrau, Basaltgrau, Cremeweiß, Fenstergrau, Lichtgrau, Nussbraun, Rotbraun, Skandinavisch Rot, Tabakbraun, Taubenblau, Tannengrün, Tiefschwarz, Weiß
Gebindegrößen: 0,75 l, 2,5 l, 5 l

Patina-Öl [eco]
Geeignet für: Holz
Farben: Graphitgrau, Platingrau, Silbergrau
Gebindegrößen: 0,75 l, 2,5 l, 5 l

FloraPren

FloraPren hat abweichend Tests nach dem Testdesign der OECD Test-Richtlinien Nr. 213 (oral; 1998) und Nr. 214 (Kontakt; 1998) durchgeführt. In beiden Fällen werden Mortalität und Verhaltensauffälligkeiten der Honigbienen nach 4, 24 und 48 Stunden ermittelt.

Lixum Pro-Beutenschutz-Lasur
Geeignet für: Holz
Farben: Blau, Bordeaux, Braun, Dunkelbraun, Dunkelgrau, Dunkelgrün, Farblos, Gelb, Grau, Grün, Lachsrot, Olivgrün, Orange, Rot, Schwarzbraun, 
Taubenblau
Gebindegrößen: 0,1 l, 0,2 l, 0,3 l, 0,5 l, 1 l

Auro

Der Naturfarbenanbieter Auro bestätigte auf Anfrage, dass zwar viele seiner Holzlasuren Aqua Nr. 160 von Imkern eingesetzt würden, zertifiziert als bienenverträglich nach einem Prüfschema seien die Lasuren aber bisher nicht.

Nachgefragt im Interview

Dr. Ingrid Illies befasst sich seit inzwischen zehn Jahren mit bienenverträglichen Anstrichen beim Institut für Bienenkunde und Imkerei an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau. Sie stand bienen-nachrichten.de Rede und Antwort, worum es bei bienenverträglichen Anstrichen genau geht.

Unter Imkern kursiert immer wieder die Annahme, dass Beuten auch von innen gestrichen werden müssten, etwa um Risse zu überdecken. Übernehmen diese Aufgabe nicht ohnehin die Bienen selbst?

Beuten von innen zu streichen ist unnötig und kann sogar problematisch werden. Die Bienen überziehen die Beute von innen mit einem feinen Überzug aus Propolis, das heißt sie übernehmen den Innenanstrich selbst. Wenn ich Beuten von innen streiche, kann dies auch dazu führen, dass die Bienen die Farbe abnagen. Wir haben in einem Versuch eine solche Situation getestet und bei einem verwendeten Lack konnte dies beobachtet werden. 

Vielfach wird reines Leinöl als Anstrich empfohlen. Haben Sie das in der Vergangenheit ebenfalls getestet?

Wir haben keine systematische Untersuchung zu Auswirkungen von reinem Leinöl auf die Langlebigkeit von Bienen durchgeführt. Wir haben in unserem Versuchsbetrieb aber verschiedene Anstriche ausprobiert, um die Veränderung der Beuten über die Jahre zu beobachten. Es ging also nicht um die Auswirkung auf die Bienen, sondern vor allem um die Auswirkung auf den Bienenkasten. Natürlich waren die Bienenkästen mit Bienen besetzt. Die Völker haben sich normal entwickelt. Die Kästen müssen mit Leinöl mehrmals behandelt werden und der Anstrich muss nach einigen Jahren erneuert werden. 
Für Imkereien, die eine Biozertifizierung anstreben, ist Leinöl sicher eine einfache Lösung. Es sollte dennoch vor der Anwendung bzw. der Entscheidung für Leinöl Rücksprache mit dem gewählten Bioverband bzw. der Zertifizierungsstelle gehalten werden, da hier zum Teil spezielle Vorgaben gemacht werden.

Ist eine Farbe sicher, wenn der VOC-Grenzwert („Chemikalienrechtliche Verordnung zur Begrenzung der Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen (VOC) - ChemVOCFarbV“) laut Hersteller-Datenblatt 0 g/l beträgt?

Die Frage ist, was bedeutet „sicher“ und für wen? Es werden zahlreiche Parameter für die Einstufung von Farben verwendet und der VOC-Wert ist sicher ein wichtiger Parameter, denn er gibt die Emission flüchtiger organischer Substanzen an. Es können dennoch Substanzen in der Farbe bzw. Anstrich enthalten sein, die für Bienen schädlich sind oder ihr Verhalten beeinflussen. 
Es gibt auch die Einstufung von Farben als „schweiß- und speichelfest nach DIN 53160“. Damit können die Farben für Kinderspielzeug verwendet werden. In der Imkerschaft höre ich immer wieder, dass solche Farben dann sicher auch für Bienen ungefährlich sind. Das sind sie vermutlich auch, aber geprüft wurde das nie. 

Geprüfte, bienenverträgliche Lacke und Lasuren sind im Handel erhältlich. Es ist aber schwierig, einen Überblick darüber zu erhalten. Ein Hersteller verwendet ein Logo, das einem Siegel ähnelt „Geprüfte Bienenverträglichkeit“. Wie kann ich sicher sein, dass ein angebotener Anstrich von Ihnen getestet und als unbedenklich eingestuft wurde?

Wenn eine konkrete Anfrage an die Firma gestellt wird, dann geben diese den entsprechenden Prüfbericht heraus. In der Regel ist dieser auf den Internetseiten der Firmen auch veröffentlicht, Hinweise sind dazu auch auf den Gebinden vermerkt. 

Warum veröffentlicht Ihr Institut nicht einfach die Namen der erfolgreich getesteten Produkte?

Bei unserer Forschungsarbeit haben wir keine vergleichende Untersuchung wie etwa bei der Stiftung Warentest durchgeführt, sondern eine Methode für die Prüfung der Farben auf Bienenverträglichkeit entwickelt und getestet. Labore, die ökotoxikologische Bewertungen zu Produkten durchführen, können nun auf ein geprüftes Testverfahren zurückgreifen. Um dies zu ermöglichen, sind wir eine Forschungskooperation mit den Firmen eingegangen. Die Daten und die Methode wurden von uns deshalb – wie bei wissenschaftlichen Arbeiten üblich – auf Tagungen veröffentlicht. Die Firmen können zwar auf unsere Prüfberichte verweisen, dürfen aber nicht mit unseren Hoheitszeichen (Logo) werben.
Zudem könnten wir zu anderen Parametern der geprüften Anstriche (Verarbeitung, Haltbarkeit etc.) auch gar keine Aussagen und damit abschließende Empfehlungen treffen.