Bienenfreundliche Neubauvorhaben
Nicht alle Neubauprojekte müssen enden wie dieser moderne aber lebensraumfeindliche Kieselsteingarten. Foto: Niels Gründel
Einige Hobbygärtner setzen inzwischen auf eine bienenfreundliche Gartengestaltung. Bei der Landschaftsgestaltung von Neubauvorhaben spielt der Gedanke bisher kaum eine Rolle. Bei einem aktuellen Bauvorhaben in München sieht dies nun anders aus.
Der Wittelsbacher Ausgleichsfonds (WAF), eine Stiftung des öffentlichen Rechts mit dem Zweck das ihm anvertraute kulturelle Erbe des Hauses Wittelsbach zu bewahren und das Stiftungsvermögen zu verwalten, setzt erstmals gezielt auf blühenden Lebensraum für möglichst viele Tiere. „Das Angebot für Wild- und Honigbienen, Schmetterlinge und andere Bestäuber nimmt im städtischen Raum zwar zu, ist aber gerade in vielen Neubaugebieten nicht ausreichend. Uns ist es beim aktuellen Neubauvorhaben ‚Lipperheidestraße‘ mit 192 Wohnungen im Münchner Westen ein Anliegen, dass Bewohner und Bienen gleichermaßen profitieren und das Bewusstsein weiter geschärft wird", erklärt Alfred Herrmann, Leiter des Bereichs Immobilien beim WAF.
Im Münchner Stadtteil Pasing-Obermenzing entsteht östlich der Lipperheidestraße auf einer rund sechs Hektar großen Fläche ein Wohnquartier mit Wohnungen sowie einer Kindertageseinrichtung mit Kinderkrippen- und Kindergartenplätzen.
Der Hochbau des Quartiers startet gerade und die Landschaftsgestaltung wird planmäßig Mitte 2019 folgen.
Die Landschaftsgestaltung des Projektes hat Landschaftsarchitektin Swantje Nowak übernommen: „Das allerwichtigste ist, dass über einen möglichst langen Zeitraum immer etwas blüht. Das Schöne ist, was den Bienen gefällt, erfreut auch die Menschen.“ Beim Neubauprojekt des WAF wird für die künftigen Bewohner ein Kalender installiert, sodass sichtbar ist, welche Pflanzen wann im Jahresverlauf den Bienen Nahrung spenden. Und das ist selbst im Herbst und Winter möglich. Dem Bepflanzungsplan zufolge blühen an der Lipperheidestraße im Januar Christrosen, Winterlinge und Krokusse. Im Februar kommen Haselnuss, Frühlingsknotenblumen, Schneeglöckchen und Schneeheiden hinzu.
Pollen und Nektar durch heimische Pflanzenarten
„Heimische Bienen brauchen heimische Pflanzen wie Duftveilchen, Windröschen, Besenginster oder Dost, aber auch Kräuter wie Salbei, Thymian oder Majoran. Wichtig sind zudem heimische Bäume, Sträucher und Stauden, die Nektar und Pollen bieten“, erklärt Swantje Nowak. Im Münchner Westen wachsen deshalb unter anderem Haselnuss- und Walnussbäume, aber ebenso Schlehen, Schwarzer Holunder und Stauden-Lupinen. Gefüllte Blumensorten wie Geranien, gezüchtete Dahlien oder Garten-Chrysanthemen sind zwar dekorativ, bieten aber keine oder nur wenig Pollen.
„Es geht aber nicht nur um die Bienen. Sowohl Insekten als auch Vögel sind auf Blütenvielfalt angewiesen. Vögel fressen ebenfalls an den Samen und nicht zuletzt die Insekten, die aufgrund der Pflanzenvielfalt vorhanden sind. Wenn die Insekten fehlen, haben die Vögel zu wenig Nahrung. Bienen sind deswegen Botschafter nachhaltigen Handelns“, so Swantje Nowak. Dem Wittelsbacher Ausgleichsfonds bedeutet die Nachhaltigkeit im doppelten Sinne viel. „Wo Bienen sind, gibt es ein gesundes Ökosystem. Mit dem Projekt wollen wir vor allem Familien ansprechen. Durch die Landschaftsgestaltung werden Kinder frühzeitig für natürliche Kreisläufe sensibilisiert“, sagt Alfred Herrmann.
Von den Ansätzen in München können ebenso andere Bauherren und Gärtner lernen. Pflanzen sind für Bienen nicht nur Nahrungsmittel, sondern vor allem Lebensraum, der ihnen Baumaterial für die Brutzellen liefert, wo die Eiablage stattfindet. Deshalb sollten Landschafts- und Hobbygärtner beim Thema Bienenfreundlichkeit auf Nisthilfen achten. Diese können sie durch Totholz, Fugen in Steinmauern oder aufgehäufte, nicht bepflanzte Sandhügel in Beten schaffen. „Wir erleben über das vergangene Jahrzehnt einen Wandel in der Gartenkultur hin zu immer blankeren Oberflächen und leicht zu pflegenden Elementen. Gerade ist beispielsweise der Schottervorgarten ohne jegliche Pflanze en vogue. Wir müssen weg von Rollrasen und Schnitthecke hin zu einem Garten, der uns selbst wieder Freude macht und wo wir uns selbst gern aufhalten“, ist Swantje Nowak überzeugt.
Ein bienenfreundlicher Garten hat vielfältige Strukturen wie Höhen und Tiefen, Totholz, Wasserquellen oder Trockenmauern. „Für das Wohnquartier an der Lipperheidestraße haben wir deshalb auf eine dichte, bodenbedeckende Bepflanzung geachtet. Nur über Vielfalt können wir den knapp 600 Wildbienenarten, von denen die Mehrzahl im Boden oder in Pflanzenhalmen nistet, gerecht werden“, findet Swantje Nowak.