Blühstreifen ja, aber richtig
Bei Blühstreifen nicht abzocken lassen. Foto: Werner Kuhn/LBV
Seit dem überwältigenden Erfolg des „Volksbegehrens Artenvielfalt – Rettet die Bienen!“, für das über 1,7 Millionen Wahlberechtigte im Freistaat unterschrieben haben, werden seit Anfang Februar vor allem in Bayern Angebote von Landwirten zu Blühpatenschaften für Bürger beworben. Maßgeblich unterstützt wird diese Aktion vom Bayerischen Bauernverband (BBV) – dem landwirtschaftlichen Lobbyverband, der sich bis zum Ende der Einschreibefrist lautstark und vehement gegen das Volksbegehren gestemmt hatte. Wollen die Landwirte wirklich helfen oder nur motivierte Mitbürger abkassieren?
„Blühstreifen können ein wichtiges Instrument sein, um den Artenrückgang in der Agrarlandschaft aufzuhalten, aber es müssen bestimmte fachliche Kriterien eingehalten werden, sonst sind sie für den Artenschutz völlig nutzlos“, erklärt Dr. Norbert Schäffer, Vorsitzender des Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) e. V. „Darüber hinaus brauchen wir zusätzlich unbedingt naturschutzfachlich sinnvolle Lösungen für besseren Artenschutz, die nur durch entsprechende Änderungen der Gesetze möglich sind, wie sie im Volksbegehren gefordert werden.“
Auch wenn der Ansatz der Kampagne zu Blühpatenschaften für Bürger zunächst begrüßenswert erscheint, hinterfragt der LBV als Fachverband den naturschutzfachlichen Sinn. Blühstreifen können für den LBV lediglich als begleitende und unterstützende Maßnahme gewertet werden. „Blühpatenschaften sind keinesfalls als zentrales Element zur Sicherung und Förderung der Artenvielfalt in der von Ackerwirtschaft dominierten Agrarlandschaft geeignet“, betont Norbert Schäffer.
Aus Sicht des LBV müssen folgende Kriterien eingehalten werden, damit Blühstreifen überhaupt naturschutzfachlich sinnvoll sind und tatsächlich einen Beitrag zum Artenschutz leisten:
- Mindestbreite von 10 bis 15 Metern
- Dauerhafte Anlage über einen Zeitraum von mindestens 3 besser 5 Jahre
- Bodenbewirtschaftung wie Mulchen, Düngung und Pestizideinsatz muss in diesem Zeitraum unterbleiben
- Verwendung von einheimischem (autochthonem) Saatgut oder Fläche nutzungsfrei liegen lassen
- Der Preis für die Patenschaften sollte höchstens das doppelte der Fördersätze des Kulturlandschaftsprogrammes betragen (6 € pro 100 qm)
- Überprüfbarkeit: schriftliche Vereinbarung zwischen Paten und Landwirt, in der die Fläche und Laufzeit exakt benannt sind
Der bayerische Naturschutzverband begrüßt das private Engagement von Bürgern, die Patenschaften abschließen. „Vor dem Abschluss einer Blühpatenschaft sollte deshalb jeder den verantwortlichen Landwirt fragen, ob dessen Angebot auch den naturschutzfachlichen Kriterien des LBV entspricht. Nur so kann jeder Bürger sicher gehen, dass sein Geld auch wirklich in den Artenschutz investiert wird“, rät Norbert Schäffer.
Doch die Blühstreifen sind nur eine von vielen notwendigen Maßnahmen, um die heimische Biodiversität zu fördern. „Die von Landwirten zur Patenschaft angebotenen Blühflächen sind kein adäquater Ersatz für Lebensräume und Strukturen, deren massiver Verlust in den letzten Jahrzehnten zum vielfach dokumentierten Artenschwund in unserer Agrarlandschaft geführt hat“, sagt der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer. Insbesondere das Verschwinden von vernetzenden Landschaftselementen wie Hecken, Rainen, Weg- und Ackerrändern, die viele Jahrzehnte lang eigene Lebensräume gebildet haben, können nicht durch eine befristete Anlage von Blühstreifen kompensiert werden.
Nur wenn der Blühstreifen breit genug und lange genug angelegt ist und nicht bereits nach wenigen Monaten wieder umgepflügt wird, können sich Insekten entwickeln. Einheimische Insekten haben sich über lange Zeit an die heimischen Pflanzenarten gewöhnt, das nicht durch billiges Einheitssaatgut ersetzt werden kann. Auch sollte sich der Verdienst mit den Patenschaften an den Einnahmen durch das Kulturlandschaftsprogramms (KULAP) orientieren. Die häufig verlangten 50 oder 60 € pro 100 qm entsprechen dem acht- bis zehnfachen.