Handlungsanleitung für artgerechte Bienenhaltung mit Pseudoskorpionen
Handlungsanleitung für artgerechte Bienenhaltung mit Pseudoskorpionen
Der in hiesigen Imkerkreisen bekannteste Vertreter der Pseudoskorpione ist der Bücherskorpion Chelifer cancroides. Im Beenature-Project ist es deutschen Wissenschaftlern gelungen, ihn gezielt gegen die Varroamilbe einzusetzen, um so den Verlust von Bienenvölkern zu verhindern.
Eigentlich ist der Bücherskorpion ein Einwanderer, der wahrscheinlich vom Menschen weltweit verschleppt wurde. Die nur wenige Millimeter großen Tiere haben es sich vor allem in menschlicher Nähe eingerichtet und sind dort aktiv auf der Jagd nach Staub- und Bücherläusen und Hausstaubmilben. Dem Menschen kann er nicht gefährlich werden; ohnehin verkriecht er sich bei leichten Erschütterungen schnell in Spalten oder Ritzen und wird von uns Menschen daher kaum gesehen.
Außerhalb menschlicher Wohnungen bevorzugt er ebenfalls trockene Umgebungen, sodass man ihn in Ställen, alten Vogelnestern oder eben auch in Bienenstöcken antreffen kann. Dort machen sich die winzigen Skorpione vor allem quer durch das Bienenvolk auf die Jagd nach Varroamilben. Einer Untersuchung neuseeländischer Wissenschaftlern zufolge schafft ein einziger Bücherskorpion bis zu neun Varroamilben pro Tag. Ebenso wie dem Menschen können die kleinen Räuber auch Bienen oder deren Larven gegenüber nicht gefährlich werden. Vielmehr sind sie als Teil der natürlichen Symbiose in einem Bienenvolk zu betrachten; sie sind daher überall dort anzutreffen, wo Bienen noch allein in der Natur überleben. In gewisser Weise sind sie die Putzerfische der Bienen. In geeigneter Umgebung ist sogar davon auszugehen, dass Bücherskorpione den Kleinen Beutenkäfer besiegen könnten.
In den heute bei Imkern sehr weit verbreiteten Beutensystemen sind sie allerdings nicht anzutreffen. Einerseits ist der Aufbau einer modernen Beute nicht mehr dazu geeignet, dem Bücherskorpion den benötigten Rückzugsort anzubieten und zum anderen wirken die von Imkern verwendeten Bekämpfungsmittel gegen die Varroamilben ebenso gegen Bücherskorpione. Darüber hinaus können die Pseudoskorpione über die Rähmchenaufhängungen zur an zu wenigen Stellen auf ihren Raubzügen über die Waben wandern.
Die Handlungsanleitung von Torben Schiffer, der seit 2016 an der Universität Würzburg im Hobos-Team Hobos unter der Leitung von Prof. Jürgen Tautz arbeitet, stellt nicht nur alle wissenschaftlichen Aspekte zum Bücherskorpion auch für Laien nachvollziehbar dar. Es ist zahlreich bebildert, auch mit elektronenmiskroskopischen Detail-Aufnahmen, enthält potenzielle Fundorte für Bücherskorpione, Fang- und Zuchtmethoden.
Selbst wer die Umstellung auf ein Beutensystem aus natürlichen Materialien mit der notwendigen Mikrofauna (noch) nicht erwägt, erhält wertvolle Anregungen und Hinweise, welche Veränderungen am eigenen Beutensystem notwendig sind, um den Bienen eine bienengerechtere Behausung anzubieten, die nicht nur dem Imker das Arbeiten erleichtert. Insofern sollte das Buch in keiner Imkerbibliothek fehlen.