Verbot von Neonicotinoiden zum Schutz von Bienen bestätigt

  • Veröffentlicht am: 06.05.2021

EU-Teilverbote bienenschädlicher Neonicotinoide jetzt in Luxemburg endgültig entschieden. Foto: Marc Schneider/Pixabay

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute in letzter Instanz entschieden, dass die EU-Teilverbote bienenschädlicher Neonicotinoide aufrechterhalten bleiben. Dem Urteil war ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen dem Chemiekonzern Bayer und der EU-Kommission vorausgegangen.

Aufgrund der enormen Tragweite des Verfahrens für den Schutz von Bienen und Biodiversität hatten sich auch Imkerverbände, unterstützt durch die Aurelia Stiftung, in das Gerichtsverfahren eingeschaltet und sich für einen Bestand des Verbots eingesetzt.

Die EU-Kommission hatte 2013 in mehreren Verordnungen die Genehmigungen für bestimmte Pestizidwirkstoffe erheblich eingeschränkt. Das Europäische Gericht erster Instanz (EuG) bestätigte 2018 diese Teilverbote für die Neonicotinoide Clothianidin von Bayer, Imidacloprid ebenfalls von Bayer und Thiamethoxam von Syngenta. Während Syngenta das Urteil des EuG akzeptiert hat, legte Bayer Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein. In der zweiten und letzten Instanz hat der EuGH nun diese Beschwerde vollständig zurückgewiesen.

Nach dem heutigen Urteil des EuGH dürfen die Genehmigungen für diese Pestizidprodukte nach Art. 21 der Verordnung (EG) 1107/2009 eingeschränkt werden, weil ernsthafte Zweifel an ihrer Unschädlichkeit festgestellt wurden. Nach der Feststellung des Gerichts lagen ausreichende wissenschaftliche Hinweise auf Risiken für Bienen vor, um die Maßnahmen der Kommission zu rechtfertigen.

Dr. Achim Willand, Anwalt der Kanzlei Gaßner, Groth, Siederer & Coll. (GGSC), erklärt: „Das Verfahren hat gravierende Mängel der Risikoprüfung beim Bienen- und Insektenschutz aufgedeckt. Es dürfen nur Pestizidwirkstoffe eingesetzt werden, die nachweislich unschädlich sind. Die EU-Kommission darf auch in Verdachtsfällen handeln.“

Umweltschutz vor Wirtschaftsinteresse

Wenn der begründete Verdacht besteht, dass ein genehmigter Pestizidwirkstoff schädlich sein könnte, ist es Sache der Hersteller, bei der Überprüfung der Wirkstoffgenehmigung Zweifel auszuräumen und nachzuweisen, dass weiterhin sämtliche Genehmigungsanforderungen erfüllt sind. Das heißt: Nur nachweislich unschädliche Pestizidprodukte dürfen die Genehmigung umfassend behalten. In wissenschaftlich begründeten Verdachtsfällen hat der Umweltschutz Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen.

Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) hatte bereits 2012 gravierende Mängel und Lücken des EU-Prüfschemas für Pestizide hinsichtlich des Schutzes von Honigbienen, Hummeln und Wildbienen festgestellt. Der EuGH hat nun klar bestätigt, dass die Risikoprüfung auf Basis aktuellster wissenschaftlicher Erkenntnisse durchzuführen ist. Neue Leitlinien und eine umfassende Risikoprüfung müssen nicht abgewartet werden, bevor die Kommission Vorsorgemaßnahmen ergreifen kann.

In dem Verfahren waren Imkerverbände als sogenannte „Streithelfer“ beteiligt. Die Anwaltskanzlei GGSC vertrat in den sehr umfangreichen Gerichtsverfahren seit 2013 den Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbund (DBIB) und den Österreichischen Erwerbsimkerbund (ÖEIB). Die Aurelia Stiftung koordiniert und finanziert diese Intervention, die von einem breiten Bündnis von Verbänden zum Schutz von Bienen getragen wurde.

„Für dieses Urteil haben wir mehr als sieben Jahre lang gestritten. Jetzt ist die Politik gefragt“, so Thomas Radetzki, Vorstand der Aurelia Stiftung. „Wir erwarten, dass das Zulassungsregime für Pestizidwirkstoffe und Pflanzenschutzmittel an die strengen Maßstäbe des obersten europäischen Gerichtes angepasst wird. Die Zulassungen der noch auf dem Markt befindlichen, gefährlichen Neonicotinoide müssen umgehend überprüft werden.“

Das Urteil hat herausragende Bedeutung für den Insektenschutz und eine umweltverträgliche Landwirtschaft. In dem Verfahren sind erhebliche Defizite der Risikoprüfung bei Pestizid-Wirkstoffen aufgedeckt worden. Darüber hinaus hat der EuGH die Handlungskompetenz der EU-Kommission und der Mitgliedstaaten grundlegend bestätigt. Das im Unionsrecht verankerte Vorsorgeprinzip ermächtigt dazu, zugelassene Produkte vom Markt zu nehmen, wenn sie im Verdacht stehen, umwelt- oder gesundheitsschädlich zu sein.

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