Brexit als Exit aus dem Neonicotinoid-Moratorium?

  • Veröffentlicht am: 16.12.2016

David Goulson lehrt an der Universität Sussex und ist wahrscheinlich der bekannteste Hummel-Forscher weltweit. Ob Großbritannien auch nach dem Ausscheiden das Neonicotinoid-Moratorium beibehalten wird, fragt er sich in einem Blog-Beitrag.

„Will the UK retain the neonicotinoid moratorium post-Brexit?“ ist die große Frage für David Goulson und er sieht die Lobbyisten schon auf einem guten Weg, das in der EU geltende Moratorium nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU zügig zu beerdigen.

Anlass ist eine Veranstaltung in London, abgehalten von der Society of Chemical Industry, die unter dem Titel „Are neonicotinoids killing bees?“ abgehalten wurde.
Die Agrochemie hatte dort ausgesuchte Wissenschaftler und Vertreter aus den eigenen Reihen geladen. Peter Campbell von Syngenta etwa pochte darauf, dass Neonicotinoide Honigbienen in der realen Welt nicht schädigen würden.

Norman Carreck, wie David Goulson ein Forscher der Universität Sussex, wies darauf hin, dass niemand sicher sein könne, was Honigbienen wirklich schädige und dass Landwirte nun tendenziell ältere Produkte einsetzen müssten und dabei weniger sicher sei, welche Schäden diese Chemikalien anrichten würden.

David Goulson führt in seinem Blogbeitrag noch einmal eine Zusammenfassung einer Reihe von Studienergebnissen zur Auswirkung von Neonicotinoiden auf, die zumindest aufzeigen, dass Hummeln von Neonicotinoiden massiv geschädigt werden. Die von Peter Campbell quasi als Beweis der Harmlosigkeit angeführte Studie (Rundlof et al. 2015) zeigte bei Honigbienen tatsächlich keine negativen Auswirkungen. Was er aber verschwieg, war die Tatsache, dass dieselbe Studie aus Schweden negative Auswirkungen bei Hummeln und anderen Wildbienen nachwies.

Das von Norman Carreck angeführte Argument der alten unbekannten Chemikalien wird auch von der chemischen Industrie selbst gerne ins Feld geführt, stimmt so aber nicht, da sie über Jahrzehnte in der Anwendung waren und als gut erforscht gelten.
Norman Carreck bat David Goulson im Nachhinein dann auch um eine Klarstellung, dass er in der Diskussion versuchte, objektiv zu bleiben. Im Laufe seiner wissenschaftlichen Arbeiten sei er stets unabhängig geblieben und nur eine Studie 1984 sei von dem britischen Chemieunternehmen ICI Fertilisers Ltd. finanziert worden.

Angesichts der Versuche der Agrochemie Großbritannien schon bald neu überrollen zu können, wirbt David Goulson für die Gelegenheit, sich auf eine nachhaltigere Landwirtschaft zu besinnen – zum Wohle aller; außer natürlich der Agrochemie und ihrer Lobbyisten.

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