Umweltinstitut klagt gegen Bundesamt wegen neuer Bienengifte
Seit fast einem Jahr streiten das Umweltinstitut München und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) über die Transparenz bei den Zulassungsverfahren für neuartige Insektengifte. Inzwischen ist der Streit ein Fall für die Gerichte: Das Umweltinstitut klagt gegen das Bundesamt wegen Verstoß gegen das Umweltinformationsgesetz. Die umstrittenen Wirkstoffe sind hochgiftig für Bienen und andere Bestäuber.
Das Umweltinstitut München verlangte letztes Jahr Auskunft über den Stand der Zulassungsverfahren für Pestizide mit den neuen Wirkstoffen Cyantraniliprol und Flupyradifuron. Das BVL verweigerte die Auskunft mit der Begründung, dass schon die Information, ob überhaupt ein Zulassungsantrag vorliegt, ein Geschäftsgeheimnis der Herstellerfirmen sei. Das Umweltinstitut sieht darin einen Verstoß gegen die Auskunftspflichten nach dem Umweltinformationsgesetz und klagt vor dem Verwaltungsgericht in Braunschweig auf Herausgabe der Information.
Dazu erklärt Karl Bär, Referent für Agrarpolitik am Umweltinstitut München: „Die Argumentation des BVL ist haarsträubend. Wenn sie sich durchsetzt, erfahren wir erst von Zulassungsverfahren für neue Pestizide, wenn diese bereits im Einsatz sind. Das widerspricht dem Umweltinformationsgesetz und der Aarhus-Konvention, die Bürgerbeteiligung bei Umweltfragen ermöglichen sollen.“ Während das BVL die Herausgabe von Informationen über Zulassungsanträge verweigert, stellen die Behörden anderer EU-Staaten diese in einer öffentlich zugänglichen Datenbank der EU bereit. Das Umweltinstitut fordert dieses Vorgehen nun auch von den deutschen Behörden.
Das BVL genehmigte 2017 bereits insgesamt sieben sogenannte „Notfallzulassungen“ für das Insektengift Cyantraniliprol, das bisher keine reguläre Zulassung in Deutschland hat. Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde hatte in Bezug auf den Wirkstoff erhebliche Wissenslücken erkannt. So ist kaum erforscht, wie das Mittel auf Hummeln oder andere wilde Insekten wirkt. Mehr als jede dritte Honigbiene stirbt, wenn sie mit weniger als 0,0001 Milligramm des Gifts in Kontakt kommt. Und auch von Flupyradifuron reicht bereits ein Teelöffel aus, um sechs Millionen Bienen zu töten.
Das Umweltinstitut fordert die Behörden auf, den Einsatz neuer bienengefährlicher Pestizide zu stoppen, bevor Schaden angerichtet wird. „Mit den Notfallzulassungen umgeht das BVL das Zulassungsverfahren und bremst das Umweltbundesamt aus“, so Christine Vogt, Referentin für Landwirtschaft und Gentechnik am Umweltinstitut. Anders als bei einer regulären Zulassung kann das Umweltbundesamt bei Notfallzulassungen kein Veto einlegen.