Dunkle Erdhummel ist Gartentier des Jahres 2018
2018 ist die Dunkle Erdhummel Gartentier des Jahres. Foto: Niels Gründel
Die Dunkle Erdhummel Bombus terrestris wurde von über 2.670 Teilnehmern zum Gartentier des Jahres 2018 gewählt. Zwischen dem 30. April und 10. Juni konnten Interessierte online für einen von sechs nützlichen Gartenhelfern abstimmen. Mit der Aktion möchte die Heinz-Sielmann-Stiftung auf den dramatischen Rückgang der biologischen Vielfalt in unserer Kulturlandschaft hinweisen.
Mit 43,6 % der Stimmen lief die Dunkle Erdhummel den anderen Kandidaten klar den Rang ab. Den zweiten Platz belegte mit 20,5 % der Stimmen der Siebenpunkt-Marienkäfer, dicht gefolgt von der Hornisse, die knapp 14,4 % der Stimmen bekam.
Das Gartentier des Jahres 2018 gehört zur Familie der Echten Bienen. Die Königinnen der Dunklen Erdhummel werden bis zu 23 Millimeter groß. Auf dem schwarzen Rumpf trägt sie eine ein Millimeter breite braungelbe Querbinde. Außerdem erkennt man sie an den grauweiß gefärbten Stellen am Hinterleib. Oft ist sie schon sehr früh im Jahr, ab Februar oder März, auf der Suche nach Nahrung und einem passenden Ort für ein Nest.
Good Vibrations – Hummeln sind Spezialisten für Vibrationsbestäubung
Die Dunkle Erdhummel ist nicht sehr wählerisch. Auf ihrer Speisekarte stehen Nektar und Pollen unterschiedlichster Pflanzen. Sie wurde an über 220 Wildpflanzenarten beobachtet. Beim Pollensammeln wenden die Hummeln einen Trick an. Um nicht mühsam die einzelnen Staubbeutel mit dem Pollen ernten zu müssen, schütteln die Tiere die begehrten Pollenkörnchen aus der Blüte heraus. Durch verlangsamtes Flügelschlagen erzeugen sie eine Frequenz, die die Blüte erzittern lässt. Die Hummel wird von Kopf bis Fuß mit Pollen eingepudert. Viele unserer Nutzpflanzen sind auf Bestäuber angewiesen, die auf der richtigen Frequenz brummen. Nachtschattengewächse wie Tomate, Kartoffel, Zucchini, Kürbis, Paprika und Aubergine, aber auch Blaubeeren und Preiselbeeren lassen vorzugsweise vibrierende Hummeln an den nahrhaften Pollen ran.
Daher werden Erdhummeln auch im industriellen Maßstab als Bestäuber in der landwirtschaftlichen Nahrungsmittelproduktion eingesetzt. Die Sammelhummeln arbeiten täglich von Sonnenaufgang bis nach Sonnenuntergang. Auch bei schlechtem Wetter. So bestäuben sie zwischen 2.000 und 4.000 Tomaten- oder Paprikablüten, wenn sie in Gewächshäusern unterwegs sind. In der freien Natur werden ebenso viele Kirsch-, Himbeer-, Apfel-, Stachelbeer- oder Johannisbeerblüten besucht.
Bestäuber schützen – Lebensgrundlagen sichern
Blütenbestäubende Insekten sind die Grundlage für die weltweite Ernährungssicherheit. „Die Dunkle Erdhummel ist Botschafterin für eine Vielzahl von Wildbienen und anderen Insekten, ohne die unsere Nahrungsmittelproduktion undenkbar wäre“, erklärt Michael Beier, geschäftsführender Vorstand der Heinz-Sielmann-Stiftung. „Um das Insektensterben aufzuhalten und unsere eigenen Lebensgrundlagen zu sichern, brauchen wir eine mutige und zukunftsfähige Agrarpolitik – in Deutschland und der Europäischen Union. Landwirtschaft und Naturschutz werden immer noch als Gegenspieler gesehen und instrumentalisiert. Eine neue EU-Agrarpolitik, die nennenswerte Umwelteffekte auslöst, ist überfällig. Die Lösung kann nur in der Verknüpfung des Agrarbudgets mit den Zielen des Umwelt- und Naturschutzes im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung sein.“
Jeder kann der Hummel helfen
Jeder Gartenfreund kann selbst etwas für das Gartentier des Jahres und all seine summenden Kollegen tun. Dr. Hannes Petrischak, Biologe bei der Heinz-Sielmann-Stiftung, erklärt: „Der Verlust der Insektenbiomasse und -Vielfalt ist auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Überdüngung sowie das Ausräumen der Landschaft zurückzuführen. Gärtner können mit einer naturnahen Gestaltung einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt leisten.“ Insekten brauchen wilde Ecken mit einem vielfältigen Angebot an Blütenpflanzen. Außerdem sollten sandige Stellen oder Totholz erhalten bleiben, denn hier richten die Sechsbeiner oft ihre Kinderstuben ein. „Beim Einkaufen sollte man öfter zu regionalen Produkten aus biologischer Landwirtschaft greifen. Nur so können wir das, auch für uns Menschen bedrohliche Insektensterben aufhalten“, rät Hannes Petrischak.
Der Insektenexperte räumt zudem mit einem gängigen Vorurteil über Hummeln auf. „Seit den 1930er Jahren hält sich hartnäckig die Legende, dass Hummeln nach den Gesetzen der Aerodynamik gar nicht fliegen können“, erklärt Hannes Petrischak. Die zunächst als Scherz herangezogene Berechnung geht von falschen Grundannahmen aus. Kurz gesagt: Man postulierte, dass Hummelflügel zu klein sind, um den dicken Körper in die Luft zu heben. Richtig ist aber, dass kleine Luftwirbel entstehen, wenn die Hummel bis zu 200 Mal in der Sekunde mit den Flügeln schlägt. „Diese erzeugen tornadoartige Wirbel, die den Hummelkörper in die Höhe heben. Sie fliegen eben doch“, so Hannes Petrischak abschließend.