Mehr Wildbienenarten nach Klimaerwärmung im Botanischen Garten München

  • Veröffentlicht am: 10.04.2018

Die Gelbbindige Furchenbiene war früher nur von den Wärmeinseln Deutschlands bekannt. Seit etwa 2000 breitet sie sich im Zuge der Klimaerwärmung von Süden her weiter aus. Foto: Andreas Fleischmann, SNSB-BSM

Der Botanische Garten in München zählt immer mehr Wildbienenarten. 15 wärmeliebende Arten sind neu hinzugekommen und damit können dort mindestens 106 Wildbienenarten angetroffen werden. Einige kälteliebende Arten sind allerdings verschwunden.

Der drastische Insektenrückgang ist nicht auf die Klimaerwärmung zurückzuführen. Er führt zwar zu einer Verdrängung kälteliebender Arten, doch im Gegenzug zu einer absoluten Vermehrung der Insektenanzahl. Grundsätzlich waren sie in mediterraneren Klimaten, und natürlich den Tropen, schon immer zahlreicher als in den nördlichen Breiten anzutreffen.

Dabei ist es oft nicht einfach, die direkten Auswirkungen von Klimaerwärmung auf die Artenzusammensetzung einer bestimmten Insektengruppe (zum Beispiel der Wildbienen) in einem Lebensraum zu erforschen – denn das Klima wirkt sich nicht nur mit Temperatur sondern auch über den damit verbundenen Wasserhaushalt auf den Lebensraum direkt aus, vor allem auf die Nahrungspflanzen der Insekten, die zum Beispiel mit Dürre zu kämpfen haben. Botanische Gärten stellen daher so etwas wie künstliche, „optimierte“ aber langzeitig stabile Lebensräume für blütenbesuchende Insekten dar, denn dort blühen jedes Jahr die gleichen Pflanzenarten, auch bei längerer Trockenheit, denn es wird künstlich bewässert. Lediglich die Temperatur ändert sich auch für die Pflanzen und Insekten dort mit der Klimaerwärmung.

Der Artenreichtum des Botanischen Gartens München – an heimischen Wildpflanzen wie auch Zier- und Nutzpflanzen – seine geschützte Lage und die Nichtanwendung von chemischem Pflanzenschutz sind seit der Eröffnung des Gartens 1914 unverändert geblieben. Eine erste Inventarisierung der Wildbienenfauna des Botanischen Garten München fand in den Jahren 1997 bis 1999 statt – nun wurden fast 20 Jahre später die dort vorkommenden Wildbienenarten erneut dokumentiert. Doktorandin Michaela Hofmann von der Universität München hat zusammen mit Dr. Andreas Fleischmann von der Botanischen Staatssammlung München von 2015 bis 2017 jeweils von Frühjahr bis Herbst auf regelmäßigen Kontrollgängen durch den Botanischen Garten alle gefundenen Bienen dokumentiert – bei größeren Arten war das teilweise schon anhand von guten Makrofotos möglich, bei vielen kleinen und schwierig zu bestimmenden Wildbienenarten war eine genaue Bestimmung nur durch DNA-Abgleich mit dem Barcoding-Projekt Fauna Bavarica der Zoologischen Staatssammlung möglich.

Die Ergebnisse sind überraschend deutlich: Wurden 1997 bis 1999 noch 79 Wildbienenarten im Botanischen Garten nachgewiesen, konnten 20 Jahre später 106 Arten gefunden werden. Im gesamten Stadtgebiet München sind seit 1990 192 Bienenarten von Insektenkundlern gefunden worden, das heißt 55 % aller Münchner Bienenarten kommen auch im Botanischen Garten mit seinem reichhaltigen Angebot an Nahrung und Nistplätzen vor. Eine Untersuchung der Temperaturpräferenzen der neu gefundenen und der nicht mehr gefundenen Arten ergab: Von den 1997 bis 1999 nachgewiesenen 79 Arten wurden 62 von 2015 bis 2017 wiedergefunden (einige davon sind heute sehr viel häufiger), aber 15 wärmeliebende Wildbienenarten wurden erstmals gefunden. Drei Wildbienenarten, die eher kühlere Lebensräume (wie Wälder) bevorzugen, wurden nicht wiedergefunden. Zwischen 1997 und 2017 hat sich die durchschnittliche Temperatur während der Vegetationszeit in München um 0,5 ° C erhöht, während die Winter immer kürzer wurden. Unter den zwischen 2015 und 2017 neu im Botanischen Garten angetroffenen Bienen sind entsprechend mehrere Arten, die bis vor ungefähr 20 Jahren nur von den Wärmeinseln Deutschlands bekannt waren. Dazu gehört zum Beispiel die große und auffällige Blauschwarze Holzbiene Xylocopa violacea, die Gelbbindige Furchenbiene Halictus scabiosae, die Gehörnte Mauerbiene Osmia cornuta und die Natternkopf-Mauerbiene Hoplitis adunca.

Keinerlei Zusammenhang konnte dagegen gefunden werden zwischen Verschwinden oder Neufund und dem Rote-Liste-Status oder den Nahrungspräferenzen der Arten (ob sie beispielsweise auf bestimmte Blüten spezialisiert sind oder nicht) – lediglich die Wärmepräferenzen der Bienenarten waren signifikant für ihr Vorkommen.

Literaturstelle: 

M. M. Hofmann, A. Fleischmann, S. S. Renner (2018) Changes in the bee fauna of a German botanical garden between 1997and 2017, attributable to climate warming, not other parameters. Oecologia, online article: https://doi.org/10.1007/s00442-018-4110-x

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