Bauern und Bienen in einem Boot gegen US-Importe
Die USA wollen Kartoffeln mit Rückständen von Neonicotinoiden in die EU importieren. Foto: Hai Nguyen/Unsplash, CC0 Creative Commons
Die EU-Kommission will die Pestizidgrenzwerte für US-Importe von Kartoffeln anheben. Das EU-Parlament erhebt Einspruch und nun sind die Mitgliedstaaten am Zug.
Im Detail geht es um die Anhebung des EU-Grenzwerts für das Insektizid Clothianidin. Clothianidin ist eines von drei Neonicotinoiden, die im April des Vorjahres, aufgrund der unmittelbahren Gefahr für Bienen, in der gesamten EU verboten wurden. Mit dem Vorschlag zur Anhebung des EU-Grenzwertes reagiert die Europäische Kommission auf einen Antrag aus den Vereinigten Staaten für eine Einfuhrtoleranz. Der EU-Grenzwert soll von 0,03 mg/kg auf 0,3 mg/kg angehoben werden. Clothianidin ist in Kanada und den USA noch immer im Einsatz.
Im März dieses Jahres hatte sich das Europaparlament in einer Resolution gegen die vorgeschlagene Grenzwert-Anhebung ausgesprochen. Darin erinnert das Parlament daran, dass Clothianidin deshalb verboten wurde, weil es Bienen und andere Bestäuber „auf einer globalen Skala“ schädigt und fordert die Kommission auf, ihren Vorschlag zurückzuziehen. Als erster Mitgliedsstaat hat nun Frankreich die mögliche Anhebung der Einfuhrtoleranz eines EU-weit verbotenen und für Bienen giftigen Neonicotinoids als „völlig inakzeptabel“ bezeichnet.
„Es ist nicht fair, wenn von europäischen Bauern hohe Umweltstandards verlangt werden und gleichzeitig für Importware die Standards abgesenkt werden. Damit wird die umweltschädlichste Form der Landwirtschaft jeweils belohnt. Doch das Artensterben kennt keine Landesgrenzen“, so Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker der österreichischen Umweltschutzorganisation Global 2000. Die Umweltschutzorganisation appelliert an die eigene Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger für den Schutz der Artenvielfalt und gegen unfaire Wettbewerbsbedingungen zugleich einzutreten.
Internationale Handelsabkommen und Europäisches Recht
Für Pestizidanwendungen, die in der Europäischen Union nicht (mehr) zugelassen sind, wird die zulässige Rückstandshöchstmenge gemäß EU-Höchstgehalte-Verordnung auf einen Minimalwert abgesenkt, die sogenannte Bestimmungsgrenze. Wenn Drittländer, in denen die Verwendung des betreffenden Pestizids erlaubt ist, diesen Minimalwert nicht einhalten können, haben sie im Rahmen von WTO-Vereinbarungen die Möglichkeit, eine höhere Rückstandshöchstmenge zu beantragen. Solche „Einfuhrtoleranzen“ können, auch das regelt die EU-Höchstgehalt-Verordnung, gewährt werden, um den „Erfordernissen des internationalen Handels gerecht zu werden“, sofern eine Risikobewertung ergibt, dass das betreffende Lebens- oder Futtermittel, auch bei der beantragten Rückstandshöchstmenge, sicher für den Verzehr ist. Auswirkungen auf die Umwelt in den Herkunftsländern wurden bisher nicht berücksichtigt.
Da Clothianidin nicht wegen Risiken für die Gesundheit, sondern wegen Risiken für die Umwelt verboten wurde, könnte das Beharren auf dem niedrigen EU-Grenzwert (Bestimmungsgrenze) zum Präzedenzfall für zukünftige Fälle werden , die ähnlich gelagert sind. „Angesichts der globale Dimension des Bienensterbens und der daraus resultierenden Bedrohung für die Welternährung, hätte die EU im Falle einer Anfechtung vor der WTO überzeugende Argumente, um ihre Entscheidung zu rechtfertigen“, so Helmut Burtscher-Schaden abschließend.