Honigbienen auf der Spur

  • Veröffentlicht am: 29.07.2019

Bürgerwissenschaftler sollen Honigbienen beobachten. Foto: Niels Gründel

Das „Citizen Science“-Projekt „Bee Observer“ will das Bienensterben besser verstehen. Dazu sind 200 Bienenvölker mit Sensoren bestückt worden. Die Wissenschaftler hinter dem Projekt hoffen, in den gesammelten Daten unbekannte Ursachen für den Tod der Insekten zu finden.

Weltweit sterben Bienen und andere Insekten in nie dagewesenem Ausmaß. Der Verlust von Lebensräumen, Pestizide, der Klimawandel und die Übernutzung natürlicher Ressourcen durch den Menschen setzen ihnen zu. Diese Ursachen sind bekannt, aber das Wissen über ihr komplexes Zusammenwirken und das gesamte Ausmaß des Artenrückgangs ist noch lückenhaft. Einige dieser Wissenslücken wollen Forschende der Universität Bremen nun gemeinsam mit Bürgerforschenden schließen: Im „Citizen Science“-Projekt „Bee Observer“. Es beschränkt sich allerdings ausschließlich auf Honigbienen. Und die sind bekanntermaßen gar nicht in Gefahr.

„Bee Observer“ setzt auf moderne Technik: Mehr als 200 Bienenstöcke sollen mit Sensoren ausstattet werden, um das Verhalten der Insekten als Ganzes zu verstehen. „Die einzelne Biene ist relativ einfach gestrickt. Ihr Verhalten ist auf wenige Handlungen beschränkt. Aber das Verhalten des gesamten Volkes ist äußerst komplex“, sagt Projektmitarbeiter Thorsten Kluß. „Das ist ähnlich wie im Gehirn. Unzählige einfache Neuronen kommunizieren dabei miteinander und erzeugen ein unvorstellbar komplexes System.“

Mit neuen Algorithmen sollen dann in den Daten verborgene Muster aufgespürt werden. Wind und Wetter, Temperatur und Luftfeuchtigkeit, Gewicht der Waben – all das erfassen die Sensoren. Kombiniert man diese Daten mit anderen Umweltdaten – etwa zum Einsatz von Pestiziden, biologischer Landnutzung in der Nähe oder der Art der nahgelegenen Blühpflanzen –, ergibt sich womöglich ein aufschlussreiches Bild. „Die einzelnen Puzzleteile sagen meist nicht viel aus, aber der Blick aufs Ganze kann uns viel verraten“, hofft Thorsten Kluß.

Ein Beispiel dafür nennt die Systemingenieurin Carolin Johannsen: „90 Prozent des gesammelten Nektars sind Wasser. Und das müssen die Bienen in schweißtreibender Arbeit herauspusten.“ Dadurch ändern sich das Gewicht der Waben, die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit. „Wir sehen dann eine charakteristische Kurve für dieses Verhalten“, erklärt Carolin Johannsen. Doch das eigentlich interessante ist, wenn die Kurve einmal nicht zu sehen ist, obwohl die Bienen gerade vom Sammeln kommen. „Das könnte ein Anzeichen für eine beginnende Krankheit sein“, vermutet Thorsten Kluß. Imker könnten dann eingreifen, um ihre Bienen zu schützen.

Mithilfe der Sensoren könnte der beste Zeitpunkt zum Ziehen der Waben ermittelt werden oder es ließen sich gute Zeiträume für die Behandlung der Bienen bei einem Varroa-Milbenbefall voraussagen. Denn bestimmte Substanzen, mit denen die Schädlinge bekämpft werden, sind je nach Wetter unterschiedlich wirksam. „Wir wollen aber niemandem etwas vorschreiben. Unsere Technik ist nur ein Werkzeug, um die Haltung zu erleichtern“, sagt Thorsten Kluß.

Sensoren sind frei programmierbar

Die Nutzung dieses Werkzeugs setzt natürlich voraus, dass die intelligente Technik leicht zu bedienen und für jedermann zugänglich ist. Die Sensoren basieren auf feuerzeuggroßen, leistungsstarken Platinen, die nur wenig Strom verbrauchen. Sie sind frei programmierbar.
So kann jeder Imker die Sensoren nach den eigenen Bedürfnissen programmieren. Wie das geht und wie die Sensoren eingebaut werden, zeigen die Wissenschaftler in Workshops. Die Bastel- und Einbauanleitungen gibt es aber auch online. Und wer gar nicht selbst tüfteln möchte, kann sich Sensoren leihen, die Bürgerforschende gebaut haben. Jeder kann dabei mitmachen, ohne Anmeldung, ohne Vorwissen.

Mitmachen kann auch jeder bei der Auswertung der Daten. Im August soll es soweit sein: Dann wollen die „Bee Observer“ Daten der ersten Messkampagne analysieren. Das gesamte Rohmaterial stellen sie online bereit – wer mag, kann sich also durch die unzähligen Daten wühlen. Vielleicht findet einer aus dem großen Team dann verborgene Muster im Lebenszyklus der Honigbienen.

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