Verluste bei bestäubenden Insekten auch in Großbritannien

  • Veröffentlicht am: 25.06.2019

Trotz aller Verluste ist die Efeu-Seidenbiene eine der Gewinnerinnen. Foto: gailhampshire/Flickr, CC BY 2.0

Nach der deutschen Krefeld-Studie, ähnlichen Ergebnissen aus Dänemark und der weltweiten Studie von Francisco Sánchez-Bayo und Kris A. G. Wyckhuys, gibt es ähnlich schlechte Nachrichten nun auch aus Großbritannien. Dort machen sich viele bestäubende Insekten ebenfalls immer rarer.

Wissenschaftler haben in Großbritannien im Rahmen einer dortigen Studie die Präsenz von 353 Wildbienen- und Schwebfliegenarten von 1980 bis 2013 im ganzen Land gemessen. Dafür wurden über 700.000 Datensätze analysiert. Die meisten wurden von erfahrenen Naturforschern der Bees, Wasps and Ants Recording Society (BWARS) und des UK Hoverfly Recording Scheme an über 19.000 Orten von jeweils einem Quadratkilometer in ganz Großbritannien gesammelt.
Es zeigte sich, dass bei einem Drittel der Arten Rückgänge in Bezug auf ihre Verbreitung gefunden wurden; nur bei einem Zehntel erhöhte sich der Bestand. Bei den übrigen Arten war ihre Verteilung entweder stabil oder der Trend war nicht signifikant.

Ein positives und unerwartetes Ergebnis der Studie war der Anstieg wichtiger Bienenarten, die für die Bestäubung einiger blühender Nutzpflanzen wie Raps verantwortlich sind. Dies führen die Forscher auf den starken Anstieg der während des Untersuchungszeitraums angebauten Monokulturen und der staatlich subventionierten Programme zurück, die die Landwirte dazu anhalten, mehr Wildblumen anzupflanzen.

Die Artenverluste kann das aber nicht ausgleichen. Denn die Studie zeigt, dass die geografische Reichweite der Bienen- und Schwebfliegenarten im Durchschnitt um ein Viertel zurückging. Dies entspricht einem Nettoverlust von elf Arten pro Quadratkilometer.
Die Gesamtverluste waren im Norden des Landes ausgeprägter. Dies ist wahrscheinlich ein Ergebnis des Klimawandels. Arten, die kühlere Temperaturen bevorzugen, gehen als Reaktion auf weniger klimatisch geeignete Gebiete zurück.

„Wir verwendeten modernste statistische Methoden, um eine Vielzahl von Artenbeobachtungen zu analysieren, und zeigten große Unterschiede in der Verteilungsänderung zwischen bestäubenden Insekten. Es gibt keinen einzigen Grund für diese Unterschiede, aber der Verlust von Lebensräumen ist wahrscheinlich der Haupttreiber des Rückgangs“, so Dr. Gary Powney vom Zentrum für Ökologie und Hydrologie. „Die Zunahme der Schlüsselbestäuber-Arten ist zwar eine gute Nachricht, aber sie sind immer noch eine relativ kleine Artengruppe. Da die Arten insgesamt zurückgegangen sind, wäre es daher riskant, sich auf diese Gruppe zu verlassen, um die langfristige Ernährungssicherheit unseres Landes zu unterstützen. Wenn ihnen in der Zukunft etwas passiert, wird es wenige andere Arten geben, die sich ‚verstärken‛ und die essentielle Rolle der Bestäubung von Pflanzen erfüllen.

Bestäuber, die auf Wildpflanzen spezialisiert sind, werden für eine gesunde, artenreiche Landschaft ebenso benötigt – nicht nur für die Bestäubung, sondern ebenso als Nahrungsquelle für andere Wildtiere. Wildblumen und Bestäuber sind aufeinander angewiesen, um überleben zu können. Verluste in beiden Bereichen seien Anlass zur Sorge, so Gary Powney.

Eine Vielzahl von Umweltbelastungen führen zu verändertem Auftreten bei Bienen und Schwebfliegen im ganzen Land. „Es sind dringend robustere Daten zu den Mustern und Ursachen für den Rückgang der Bestäuber erforderlich. Während diese Analyse eine Warnung auslöst, stützen die Ergebnisse frühere Studien, die darauf schließen lassen, dass Naturschutzmaßnahmen wie umweltfreundliche Landwirtschaft und Gärten nachhaltig positive Auswirkungen auf wildlebende Bestäuber in ländlichen und städtischen Landschaften haben können. Diese müssen jedoch noch weiter verfeinert werden, um von einem breiteren Artenspektrum profitieren zu können“, so Dr. Claire Carvell vom Zentrum für Ökologie und Hydrologie. „Neben der Erfassung der Artenbeobachtung ist auf nationaler Ebene eine einheitlichere Überwachung der Bestäuberzahlen erforderlich, und zu diesem Zweck wurde ein neues Überwachungsprogramm für Bestäuber im Vereinigten Königreich eingerichtet.“

Verlierer

Grashummel Bombus ruderarius: Früher eine weit verbreitete Hummel, die in weiten Teilen Englands und Wales und in Teilen Schottlands gefunden wurde. Der Rückgang zwischen 1980 und 2013 beträgt 42 Prozent.

Schmalbiene Lasioglossum parvulum: Eine einst weit verbreitete Biene im Süden Großbritanniens, wo sie im Frühling die Blüten der Schlehe aufsucht. Der Art-Rückgang zwischen 1980 und 2013 beträgt 40 Prozent.

Große Zottelbiene Panurgus banksianus: An den Küstenregionen im Süden Englands und in Wales nistet sie entlang der Ränder von Fußwegen. Zwischen 1980 und 2013 ist ihr Bestand um 54 Prozent zurückgegangen.

Gewinner

Graue Sandbiene Andrena cineraria: Eine weit verbreitete Art in weiten Teilen Englands und Wales und ein wichtiger Bestäuber für Pflanzen, insbesondere Raps. Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass diese Art zwischen 1980 und 2013 um das Fünffache angewachsen ist.

Efeu-Seidenbiene Colletes hederae: Seit 2001 wurde das Festland Großbritannien von ihr erobert. Nach einer ersten Aufzeichnung in Dorset hat sie sich schnell verbreitet. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Verbreitung der Art seit ihrer Ankunft um 16 Prozent pro Jahr gestiegen ist.

Acker-Schmalbiene Lasioglossum pauxillum: Ursprünglich eine seltene Art, die aber weit verbreitete Zuwächse verzeichnen konnte. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese Art zwischen 1980 und 2013 eine Verfünffachung erreichen konnte. Diese Art gilt heute als wichtiger Bestäuber in England.

Literaturstelle: 

Gary D. Powney, Claire Carvell, Mike Edwards, Roger K. A. Morris, Helen E. Roy, Ben A. Woodcock and Nick J. B. Isaac. 2019. Widespread losses of pollinating insects in Britain. Nature Communications. DOI: 10.1038/s41467-019-08974-9

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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