Bienen tanzen im eigenen Dialekt

  • Veröffentlicht am: 02.04.2020

Die Riesenhonigbiene hat einen eigenen Dialekt beim Schwänzeltanz. Foto: Nireekshit/Wikimedia, CC BY-SA 4.0

Mit dem Schwänzeltanz teilen Honigbienen ihren Artgenossen insbesondere mit, wo lohnende Trachtquellen zu finden sind. Je nach Bienenart haben sich aber unterschiedliche Dialekte herausgebildet. Untersucht wurden Zwerghonigbiene Apis florea, Riesenhonigbiene Apis dorsata und Östliche Honigbiene Apis cerana.

Dass es bei Honigbienen Tanzdialekte gibt, hatten ab den 1940er-Jahren schon die Zoologen Karl von Frisch und Martin Lindauer festgestellt. Spätere Experimente warfen allerdings Zweifel an der Existenz der Dialekte auf. Die aktuellen Ergebnisse beweisen nun, dass die früheren Annahmen korrekt waren. Karl von Frisch und Martin Lindauer lagen auch richtig mit ihrer Erklärung, warum es die Tanzdialekte überhaupt gibt.

Honigbienen benutzen bei ihrem Schwänzeltanz verschiedene Tanzdialekte, die sich im Lauf der Evolution entwickelt haben. Die Unterschiede hängen mit dem Aktionsradius zusammen, in dem die Bienen rund um das eigene Bienenvolk Nahrung sammeln.
Honigbienen, die regelmäßig über weite Strecken fliegen, können es sich nicht erlauben, diese Distanzen im Stock durch entsprechend langdauernde Schwänzelläufe abzubilden: Im Getümmel des Stocks könnten die anderen Bienen solche „Marathonläufe“ nur noch schwer verfolgen.

Tanzkommunikation der Bienen

Die Tanzsprache der Honigbienen ist eine im Tierreich einzigartige Form der symbolischen Kommunikation. Hat eine Biene zum Beispiel einen blühenden Kirschbaum entdeckt, kehrt sie in den Stock zurück. Dort informiert sie die anderen Bienen mit einem Tanz darüber, in welcher Himmelsrichtung die Futterquelle liegt und wie weit sie entfernt ist.

Teil des Tanzes ist der so genannte Schwänzellauf, bei dem die Bienen energisch mit ihrem Hinterleib wackeln. Die Richtung des Schwänzellaufs auf der Wabe zeigt die Himmelsrichtung des Zieles im Verhältnis zum Sonnenstand an, die Dauer des Laufs weist die Entfernung aus.

„Mit zunehmender Entfernung der Futterquelle vom Stock steigt die Dauer der Schwänzelläufe geradlinig an“, erklärt Studienautor Patrick Kohl an der Universität Würzburg. Allerdings fällt dieser Anstieg bei verschiedenen Bienenarten unterschiedlich steil aus. Das zeigte sich bei Experimenten, die das Forschungsteam in Südindien durchführte.

Dort wurden drei Bienenarten mit unterschiedlich großen Aktionsradien untersucht. Die Östlichen Honigbienen fliegen etwa bis zu einem Kilometer weg vom Nest. Bei den Zwerghonigbienen sind es bis zu 2,5 Kilometer, bei den Riesenhonigbienen an die drei Kilometer.

Gegenläufig verhält es sich mit dem Anstieg der Schwänzellaufdauer: Liegt eine Futterquelle 800 Meter entfernt, legt eine Östliche Honigbiene einen deutlich länger dauernden Lauf hin als eine Zwerghonigbiene, und die wiederum zeigt einen längeren Lauf als die Riesenhonigbiene. Um eine identische Entfernung zum Futter zu kommunizieren, verwendet also jede Art ihren eigenen Tanzdialekt.

„Dieses Bild sahen wir auch, als wir unsere Ergebnisse mit publizierten Daten anderer Forschungsgruppen verglichen“, erläutert Patrick Kohl. Der Zusammenhang zwischen Sammelradius und Tanzdialekt fand sich ebenfalls bei Honigbienen-Arten, die in England, Botswana und Japan heimisch sind.

Die Wahl auf Südindien für die Forschung ist leicht zu erklären. „Das hat den Vorteil, dass dort drei Honigbienenarten im selben Gebiet gleichzeitig vorkommen, so dass man ihre Tanzsprachen gut vergleichen kann“, so Patrick Kohl.

Das Fazit der Wissenschaftler: Die Tanzdialekte der Bienen sind ein hervorragendes Beispiel dafür, wie sich selbst komplexe Verhaltensweisen als evolutionäre Anpassung an die Umwelt verändern können.

Literaturstelle: 

Kohl PL, Thulasi N, Rutschmann B, George EA, Steffan-Dewenter I, Brockmann A: Adaptive evolution of honeybee dance dialects. Proceedings of the Royal Society B, 4. März 2020, http://dx.doi.org/10.1098/rspb.2020.0190

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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