Pheromone bei Königinnen primitiver eusozialer Bienen nachgewiesen

  • Veröffentlicht am: 26.03.2020

Königinnen-Pheromone gibt es auch bei Wildbienen. Foto: Andreas Haselböck/Universität Ulm

Von Arten mit hoch entwickeltem Sozialverhalten wie der Honigbiene ist bekannt, dass Königinnen das Verhalten und die Fruchtbarkeit ihrer Arbeiterinnen mit spezifischen Duftstoffen („Pheromonen“) steuern. Königinnen-Pheromone beeinflussen ebenso das Sozialleben primitiver eusozialer Insekten wie der Schmal- und Furchenbienen. Die chemische Zusammensetzung dieses Pheromons unterscheidet sich jedoch von höheren Insekten. Die Evolution des Königinnen-Pheromons wird daher komplexer abgelaufen sein als bisher angenommen.

Die reproduktive Arbeitsteilung und das Kastenwesen gelten als Grundlage des evolutionären Erfolgs eusozialer Insekten wie Bienen, Wespen oder Ameisen. Aus früheren Studien ist bekannt, dass Arten mit höher entwickeltem Sozialverhalten ihr Zusammenleben über chemische Kommunikation organisieren. Eine Schlüsselrolle spielen dabei Königinnen-Pheromone, die insbesondere die Reproduktionsfähigkeit der Arbeiterinnen hemmen. Von primitiv eusozialen Arten wurde hingegen angenommen, dass die Königin ihre Arbeiterinnen durch aggressives Verhalten an der Fortpflanzung hindert. Allerdings ist das Sozialverhalten dieser Insekten, die in kleinen, einjährigen Kolonien zusammenleben und deren Königin sich äußerlich kaum von den Arbeiterinnen unterscheidet, kaum untersucht.

Bei der Pförtner-Schmalbiene Lasioglossum malachurum haben sich die Forscher auf die Suche nach möglichen Königinnen-Pheromonen gemacht. „Diese Bienenart ist besonders gut als Modellorganismus geeignet, da die chemischen Substanzen auf ihrer Körperoberfläche bereits ausreichend untersucht und identifiziert sind“, erklärt Studienautorin Iris Steitz von der Universität Ulm.
Eine vergleichende chemische Analyse des Duftprofils von Furchenbienen-Königinnen und -Arbeiterinnen ergab Unterschiede in der Menge so genannter makrozyklischer Laktone. Zudem variierte die Menge kutikulärer Kohlenwasserstoffe, die die Haut der Insekten bedecken sowie primär vor Austrocknung schützen, und die bei vielen höher entwickelten Arten als Königinnen-Pheromone dienen.

Welche Mischung das charakteristische Duftprofil einer Furchenbienen-Königin ausmachen könnte, haben die Forschenden im Experiment untersucht. Dazu haben sie die Situation in den Erdnestern simuliert: Zwei Arbeiterinnen aus dem gleichen Nest wurden in einen durchsichtigen Schlauch gesetzt, um ihr Verhalten beobachten zu können. Danach wurde je eine der Bienen mit dem Original-Duftstoff einer Königin beziehungsweise mit synthetischen Mischungen aus kutikulären Kohlenwasserstoffen oder makrozyklischen Laktonen behandelt.

„Durch diese Geruchsmanipulation konnten wir das Verhaltensrepertoire von Arbeiterinnen beobachten, die ihrer Königin im Nest begegnen. Die typische Reaktion besteht aus unterwürfigen, sich zurückziehenden Bewegungen“, beschreibt Professor Manfred Ayasse von der Universität Ulm. Dieses Verhaltensmuster zeigte sich besonders deutlich, wenn die jeweils andere Arbeiterin mit dem originären Duftstoff einer Königin oder mit einer synthetischen Mischung aus makrozyklischen Laktonen behandelt worden war. Kutikuläre Kohlenwasserstoffe allein lösten hingegen keine typischen Reaktionen bei den nicht behandelten Arbeiterinnen aus, sie fungieren offenbar lediglich als chemischer Hintergrund des Königinnen-Pheromons der Furchenbiene.

Inwiefern das nun identifizierte Königinnen-Pheromon tatsächlich die Reproduktionsfähigkeit der Arbeiterinnen beeinflusst, haben die Wissenschaftler in einem weiteren Experiment untersucht. Dazu wurden Arbeiterinnen ohne Königin in künstliche Nester gebracht, in die verschiedene, bei Königinnen gefundene Duftmischungen geleitet wurden. Als die Biologen nach sieben Tagen die Eierstock-Aktivität der Arbeiterinnen untersuchten, zeigte sich, dass diese vor allem dann reduziert war, wenn makrozyklische Laktone in das Nest gelangt waren.

„Insgesamt lässt sich feststellen, dass die von uns identifizierten Königinnenpheromone aus makrozyklischen Laktonen bei Arbeiterinnen der Furchenbiene unterwürfiges Verhalten auslösen und deren Eierstock-Aktivität deutlich reduzieren“, resümiert Iris Steitz.

Somit ist wohl erstmals der Nachweis eines Königinnen-Pheromons bei weniger komplexen eusozialen Arten gelungen. Anders als die meisten bisher bekannten Duftprofile, die bei Königinnen von Arten mit höher entwickeltem Sozialverhalten gefunden wurden, gehört dieses jedoch nicht zur Substanzklasse der kutikulären Kohlenwasserstoffe.

„Die meisten bisher publizierten Studien ließen vermuten, dass kutikuläre Kohlenwasserstoffe generell bei allen sozialen Insekten zu Königinnen-Pheromonen evolviert sind. Unsere Studie stellt diese Annahme in Frage und zeigt ein viel komplexeres Bild der Evolution“, so Professor Ayasse. Daher seien weitere vergleichbare Studien an weniger hoch entwickelten eusozialen Insektenarten wünschenswert.

Literaturstelle: 

Iris Steitz and Manfred Ayasse: Macrocyclic Lactones act as a Queen Pheromone in a Primitively Eusocial Sweat Bee. Current Biology (2020). https://doi.org/10.1016/j.cub.2020.01.026

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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