Bienen fliegen auch auf schillernde Muster

  • Veröffentlicht am: 12.11.2021

Das Untersuchungsobjekt: Blütenblätter der Stundenblume Hibiscus trionum. Foto: Chiara A. Airoldi/University of Cambridge

Blumen verwenden viele Strategien, um Bestäuber anzulocken. Dazu zählt auch ein materialwissenschaftliches Phänomen, das typischerweise mit Fehlern in der Bautechnik verbunden ist: das Knicken. Es erzeugt dreidimensionale Blütenblattmuster, auf die Bestäuber fliegen.

Chemische Farbe durch Pigmente ist eine der bekanntesten Strategien, Bienen anzulocken. Doch das Schillern kann genauso wichtig sein, um Bestäuber anzulocken, und das Knicken der Blütenblätter hilft dabei, diesen Effekt zu erreichen, wie man ihn von der Oberfläche von CDs oder Seifenblasen kennt.

Dieser optische Effekt wird durch ein kompliziertes Muster nanoskaliger Rippen – einem Bereich zwischen 1 bis 100 Nanometern – auf der Oberfläche von Blütenblättern erzeugt, die Licht beugen, um das Schillern zu erzeugen. Wie wie die Pflanze diese Rippen entwickeln, konnte mithilfe der aktuellen Studienveröffentlichung aufgedeckt werden.

Das Knicken verändert die Verformung der Oberfläche der Blütenblätter von Stundenblumen Hibiscus trionum präzise.
„Die Blütenblattstreifen auf Stundenblumenblüten entwickeln sich während des Blütenblattwachstums, und das Team von Professorin Beverley Glover, das als erstes die irisierenden Eigenschaften von Blüten entdeckte, vermutete, dass sie durch mechanische Eigenschaften verursacht werden könnten, wenn sich die Blütenblätter ausdehnen“, so Dr. Sarah Robinson von der Universität Cambridge.

In Zusammenarbeit mit Mitgliedern des Teams von Beverley Glover konnte Sarah Robinson dieses Modell mit einem System testen, das sie zuvor entwickelt hatte, um mechanische Eigenschaften in Pflanzen zu messen. Die Forscher wendeten eine spezifische Kraft an, um unreife Stundenblumenblüten zu dehnen, die noch keine Streifen entwickelt hatten, um zu sehen, ob es möglich war, die Muster mechanisch zu erzeugen.

„Wir haben gesehen, wie Streifen fast augenblicklich auftraten, wenn eine mechanische Belastung ausgeübt wurde. Dies sagte uns, dass es ein Knicken war, das eine Faltenbildung der Blütenblattoberfläche verursachte und kein langsamerer biologischer Prozess. Wir konnten die Streifen vermessen und zeigen, dass sie die gleichen Eigenschaften haben wie bei natürlicher Entwicklung“, so Sarah Robinson. „Eine der großen Überraschungen war, dass wir zu den natürlich vorkommenden Streifen auch Streifen um 90 Grad induzieren konnten, was darauf hindeutet, dass die Ausrichtung der Streifen nicht vorgegeben ist. Wir konnten jedoch keine Streifen in anderen Teilen der Blütenblätter induzieren, was darauf hindeutet, dass die Fähigkeit zur Streifenbildung unter genetischer Kontrolle steht.“

Die Knickung erfolgt in der Cuticula, einer wachsartigen Oberflächenbeschichtung aus zwei Schichten. Es sind diese beiden Schichten mit unterschiedlichen mechanischen Eigenschaften, die das Knicken erst ermöglichen.

„Mit Hilfe von Kryo-REM-Frakturen (Rasterelektronenmikroskopie) konnten wir zeigen, dass die gestreifte Cuticula zwei physikalisch unterschiedliche Schichten aufweist. Wir untersuchen weiterhin die Entwicklung von Stundenblumenblütenstreifen durch einen kombinierten Ansatz aus mathematischer Modellierung und Messungen der physikalischen Eigenschaften der Schichten“, so Studienautorin Dr. Chiara Airoldi.

Schätzungsweise 35 Prozent der weltweiten Ernteerträge hängen von tierischen Bestäubern ab und da Bestäuberpopulationen zurückgehen, ist es immer wichtiger zu verstehen, wie die Beziehungen und Signale zwischen Pflanzen und Bestäubern funktionieren.

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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