Selbstbestimmt zur Königin

  • Veröffentlicht am: 17.03.2022

Bei den Stachellosen Melipona beecheii steuert die Larve selbst, ob sie sich zur Königin entwickelt. Foto: gailhampshire/Flickr, CC BY 2.0

Stachellose Melipona-Bienen zeigen eine paradoxe Überproduktion von Königinnen, die später von Arbeiterinnen beseitigt werden. Es wird angenommen, dass das Monoterpen Geraniol von Arbeiterinnen in frische Larvenzellen eingebracht wird, was dazu führt, dass sich die Larven der Stachellosen Melipona beecheii zu Königinnen entwickeln. Evolutionär ergäbe sich ein Nutzen, wenn viele dieser neuen Königinnen das Nest verlassen und andere genetisch nicht verwandte Kolonien in der Nähe parasitieren würden.

Dieses eher paradox anmutende Vorgehen ist von Melipona scutellaris bekannt. Dort gelingt es, sozial parasitären Königinnen nicht verwandte Nester zu infiltrieren und so zu übernehmen.
Überzählige Königinnen erweisen sich als profitabler Weg, eigenes Genmaterial in fremde Völker einzuschleusen.

In der aktuell vorgelegten Studie verwendete ein Team von Wissenschaftlern Mikrosatellitenmarker für den Nachweis, ob die hohe Anzahl Königinnen eine Strategie sein könnte, mit der erwachsene Arbeiterinnen versuchen, Kopien ihrer eigenen Gene über einen Königinnen-Parasitismus in andere Völker von M. beecheii einzubringen. Darüber hinaus untersuchten die Forscher, ob die künstliche Erhöhung des Geraniolspiegels tatsächlich dazu führt, dass die Entwicklung von Larven in Königinnen mündet.

Insgesamt wurden 25 Bienenvölker an zwei Standorten untersucht. Zum Zeitpunkt der Experimente gab es an einem Standort 71 Kolonien von M. beecheii und am zweiten Standort 125 Völker.

Im Ergebnis konnte kein Effekt von Geraniol im Hinblick auf die Entstehung von Königinnen gefunden werden. Dies schließt jedoch nicht aus, dass Ernährungsfaktoren immer noch eine Rolle bei der saisonalen Entwicklung von Königinnen innerhalb der Kolonien spielen könnten.

Die Untersuchungsergebnisse zeigen jedoch, dass intraspezifischer Königinnen-Parasitismus bei M. beecheii nicht existiert, obwohl es die Art mit der höchsten bekannten Königinnenüberproduktion ist.

Der Grund, warum der Königinnen-Parasitismus bei M. scutellaris auftritt, nicht aber bei M. beecheii, kann mit der Bewachungseffizienz zusammenhängen. Parasitäre Königinnen von M. scutellaris infiltrieren fremde Nester meist spät abends, wenn die Bewachung der Nisteingänge herabgesetzt ist. Darüber hinaus wurde in der Vergangenheit nachgewiesen, dass die Wächterbienen 34 % fremde Bienen passieren lassen. Wie sich M. beecheii an den Nisteingängen verhält, ist aktuell allerdings unbekannt.

Bei einigen Stachellosen Bienen werden überschüssige Königinnen in speziellen „Gefängnis“-Zellen quasi als Versicherung gegen den Verlust der eierlegenden Königin gehalten. Dies scheint jedoch für Melipona-Bienen nicht zu gelten, da die meisten Königinnen von den Arbeiterinnen schnell eliminiert oder aus der Kolonie vertrieben werden.
Die Ergebnisse unterstützen daher vielmehr die „Tragik der Allmende“-Hypothese als Grundlage der Überproduktion von Königinnen. Dabei wählen die einzelnen Larven ihre Entwicklung egoistisch zur Entstehung als Königin selbst, um so im Idealfall ihre beste evolutionäre Option zu erreichen.

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
Indexierung