Flügeldeformationsvirus nur unschuldiger Zuschauer?

  • Veröffentlicht am: 19.01.2023

Die Varroa-Milbe sorgt nicht für besonders virulente Flügeldeformationsviren. Foto: Meggyn Pomerleau/Unsplash

Forscher der Universität Sydney haben herausgefunden, dass die Beziehung zwischen der Varroa-Milbe und der Virulenz des Flügeldeformationsvirus (DWV) höchstwahrscheinlich gar nicht existiert – anders als lange Zeit angenommen.

In ihrer Studienveröffentlichung hinterfragen die Wissenschaftler die seit langem bestehende Annahme, dass die parasitäre Varroa-Milbe das Flügeldeformationsvirus auf Honigbienen überträgt und dabei das Virus so verändert, das es virulenter und damit tödlicher wird.
In ihren Forschungsergebnissen die Forscher allerdings zu dem Schluss, dass diese Annahme falsch ist.

„Die vorherrschende Meinung ist, dass die Milbe sehr virulente Stämme des Virus quasi auswählt“, so Professorin Madeleine Beekman von der Universität Sydney. „Aus diesem Grund ist das Virus als sehr gefährliches Virus bekannt, und die australischen Imker sind überzeugt, dass dieses Virus nicht in das Land gelangen sollte. In der Tat gibt es Gesetze, die den Import von Bienenprodukten verhindern sollen, die das Virus enthalten könnten. Unsere Ergebnisse zeigen jedoch, dass das Virus eher ein unschuldiger Zuschauer ist.“

Australien ist das einzige Land der Erde, das bisher frei von der Varroa-Milbe geblieben ist. Dies macht australischen Honig und Wachs besonders wertvoll, da er frei von chemischen Rückständen ist, die zur Beseitigung des Parasiten eingesetzt werden.

„Australien ist das letzte Land der Erde, das vollkommen reinen Honig produziert“, ist Madeleine Beekman überzeugt. „Aber die Milbe wird höchstwahrscheinlich mit Schiffscontainern in Australien ankommen, daher müssen wir verstehen, wie Milbe und Virus interagieren.“

Die Forscher injizierten Honigbienen im Larvenstadium hohe Dosen des Flügeldeformationsvirus, um zu testen, ob das Virus aufgrund der Änderung des Übertragungsweges – ohne Varroa-Milbe – dennoch hoch virulent war.
In Abwesenheit der Varroa-Milbe muss das Virus durch eine direkte Interaktion zwischen einer infizierten und einer nicht infizierten Honigbiene übertragen werden.

Das Team stellte fest, dass der von der Varroa-Milbe verwendete Übertragungsweg gegen Viren aussucht, die viel virulenter sind als der Deformed-Wing-Virus, etwa das Sackbrut-Virus und das Black-Queen-Zell-Virus. Diese Viren unterdrücken normalerweise das Flügeldeformationsvirus. Werden Sackbrut- und Black-Queen-Zell-Viren eliminiert, bleibt nur das Flügeldeformationsvirus übrig, das die Bienen nicht tötet.

„Unsere Arbeit ändert daher unser Verständnis der Auswirkungen, die die Varroa auf das Flügeldeformationsvirus und die Gesundheit der Bienenvölker hat“, so Madeleine Beekman. „Das bedeutet, dass wir keine Angst vor dem Virus haben müssen. Stattdessen müssen wir uns darauf konzentrieren, die Milbe zu beseitigen und ihre Zahl zu reduzieren.“

Die Ergebnisse werden auch Einfluss darauf haben, wie sich australische Imker auf die Ankunft von Varroa vorbereiten können.

„Viele Länder wählen aktiv Honigbienen-Populationen aus, die die Varroa-Milbe ohne Behandlung tolerieren können. Australische Imker möchten das Sperma aus solchen Populationen importieren, um ihre Honigbienen für die Ankunft der Milbe vorzubereiten“, erklärt Madeleine Beekman „Allerdings ist der Import des Spermas derzeit verboten, da das Flügeldeformationsvirus in Bienenspermien sein kann. Vielleicht können Imker die Behörden jetzt davon überzeugen, dass Bienensperma sicher ist.“

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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