BUND Naturschutz fordert Bienenaktionsplan
Bienen und andere Insekten zeigen einen dramatischen Rückgang vor allem in der Agrarlandschaft. BUND und Bund Naturschutz in Bayern e. V. (BN) fordern daher einen nationalen „Bienenaktionsplan“ von der Bundesregierung. Zentrale Forderungen sind ein Verbot bienenschädlicher Pestizide und eine Umsteuerung der EU-Agrarzahlungen. BUND und BN haben auch die Wahlprogramme der Parteien daraufhin analysiert, die weitgehend wenig Hoffnung auf eine Änderung bisheriger Praktiken machen.
„Es gibt genügend Beweise für die Schädlichkeit von Neonicotinoiden für Bienen,“ so Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND und des BUND Naturschutz in Bayern (BN). Neonicotinoide sind eine Gruppe von Insektiziden, die für Bestäuber besonders gefährlich sind. „Wir erwarten von der neuen Bundesregierung, dass sie mit einem nationalen Neonicotinoid-Verbot vorangeht und sich auf EU-Ebene für ein unbefristetes Verbot aller Neonicotinoide einsetzt. Auch Glyphosat darf nicht weiter zugelassen werden“.
Darüber hinaus brauchen Bienen und Co eine ganz grundlegende Änderung der EU-Agrarzahlungen: „Öffentliche Gelder dürfen nur noch für eine Landwirtschaft gezahlt werden, die öffentliche Güter sichert und konkrete öffentliche Leistungen in Bereichen wie Umwelt-, Klima- und Tierschutz erbringt. Davon würden nicht nur die Bienen und andere Insekten profitieren,“ so Weiger. Die neue Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, dass die Reform der EU-Agrarpolitik die Probleme löst, die durch falsch gestellte Weichen verschuldet wurden.
Bienensterben und Agrarpolitik müssen aus Sicht des BN viel stärker als bisher zum politischen Thema werden. Eine Analyse der Wahlprogramme der Parteien für den Bereich Landwirtschaft ergibt insbesondere bei CDU/ CSU und FDP große Defizite: „Gerade die CSU setzt in der Agrarpolitik offenbar auf ein ‚Weiter so‛ und eine Politik für die Agrar- und Pestizidlobby,“ bilanziert Weiger. „Zu Pestiziden und dem Artensterben in der Agrarlandschaft findet sich kein Wort. Darüber können auch allgemeine Bekenntnisse zu einer nachhaltigen und umweltverträglichen Landwirtschaft nicht hinwegtäuschen.“ SPD, GRÜNE und Die LINKE dagegen bekennen sich zu einer nötigen Änderung der Agrarzahlungen und einer Orientierung an öffentlichen Leistungen. Pestizide verbieten wollen GRÜNE und LINKE, die SPD will ihren Einsatz nur auf das „unbedingt notwendige Maß“ beschränken.
Auch die Bilanz der Aktivitäten der aktuellen Bundesregierung und des aus Bayern stammenden Agrarministers (CSU) zum Bienenschutz fällt düster aus: „Agrarminister Christian Schmidt hat viel zu wenig getan, um die Missstände in der Landwirtschaft zu beheben. Schwarz-Rot hat es versäumt, wirkungsvolle Maßnahmen zu ergreifen, um Pestizide zu reduzieren und die Artenvielfalt zu schützen. Zwar organisierte Schmidt mehrere Bienenkonferenzen und gründete ein neues Bieneninstitut, aber konkrete Schritte zum Schutz der Bienen? Fehlanzeige.“
Einzig Umweltministerin Barbara Hendricks erzielte einige ökologische Erfolge, so enthielt sich die Bundesregierung etwa ihrer Stimme, als in Brüssel über die Wiederzulassung des wahrscheinlich krebserregenden Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat entschieden wurde. Und Hendricks habe sich nicht gescheut, die nötigen Änderungen in der Agrarpolitik zu fordern und durch Fachgutachten die Defizite zu belegen. Zuletzt im BfN-Agrar-Report 2017, der angesichts des dramatischen Rückgangs der Arten- und Biotopvielfalt gerade in der Agrarlandschaft der bisherigen Landwirtschaftspolitik ein desaströses Zeugnis ausstellt und eine naturverträgliche Landwirtschaft sowie „eine grundlegende Neuausrichtung der europäischen und nationalen Agrarpolitik“ fordert. „Eine solche Neuausrichtung ist nicht nur aus Naturschutzsicht erforderlich, sondern auch gesellschaftlich legitimiert.“
„Agrarpolitik wird nicht für die Landwirte gemacht, sondern für diejenigen, die an den Landwirten verdienen,“ kritisiert Walter Haefeker, Vorstandsmitglied des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbundes (DBIB e. V.) und Präsident des europäischen Berufsimkerverbandes.„Wenn wir als Gesellschaft die Lobbyisten weiter gewähren lassen, dann sind nicht nur viele Insektenarten sondern auch die bäuerlichen Familienbetriebe selbst eine bedrohte Art. Die von der Agrarlobby organisierte Landwirtschaftspolitik ist daher nicht nur bienengefährdend, sondern vernichtet jedes Jahr viele bäuerliche Existenzen.“
An die Kommunen und jeden einzelnen appelliert Weiger: „Kommunen können jederzeit beschließen, auf ihren kommunalen Flächen bienenfreundlich und pestizidfrei zu wirtschaften. Auch jede einzelne Person kann in ihrem Garten beherzigen und beim Lebensmittel-Einkauf durch die Wahl von Bioprodukten viel für Bienen tun.“ Bisher haben in ganz Deutschland erst mehr als 50 Städte und Gemeinden solche Beschlüsse. „Das ist viel zu wenig, es muss eine flächendeckende Bewegung werden, wie vor vielen Jahren die gentechnikfreien Kommunen.“ In Bayern hat beispielsweise der Kreistag Miesbach im Juli einstimmig beschlossen, dass auf landkreiseigenen Flächen auf den Einsatz von glyphosathaltigen Spritzmitteln verzichtet wird und man darauf hinwirken will, dass auch Gemeinden, Privatpersonen und Firmen wie etwa auf andere Unkrautbekämpfungsmethoden umschwenken und Landwirte den Einsatz weiter reduzieren. Auch in Städten wie Dachau, Bernau am Chiemsee oder Kirchheim (M) ist der Einsatz des Unkrautvernichters Glyphosat auf städtischen Flächen verboten. Verpachtet wird nur noch an Bauern, die sich vertraglich verpflichten, auf Glyphosat zu verzichten.
Den Bienenaktionsplan kann jeder unterstützen: Schon mehr als 36.000 Menschen haben einen Appell für einen Bienenaktionsplan und die BUND-Vorschläge für Maßnahmen an die Parteivorsitzenden verschickt. Der BUND erwartet noch deutlich mehr. „Bienen haben keine Stimme, aber jeder von uns kann seine Stimme für sie erheben“, so Dr. Christine Margraf, Artenschutzreferentin des BN für Südbayern. „Angesichts der immensen Bedeutung der Bienen und anderen Insekten für unser Wirtschaften sollte das auch jede*r tun und eine naturverträgliche Landwirtschaft zentral in den Fokus aller Kandidaten für Entscheidungsträger und das politische Handeln rücken.“