Honigtau als tödlich Nahrungsquelle

  • Veröffentlicht am: 09.10.2019

Foto: Böhringer/Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.5

Viele nützliche Insekten ernähren sich von Honigtau. Der wiederum ist eine bedrohliche Quelle für Neonicotinoide, sodass für viele der Nützlinge die entsprechende Nahrungsaufnahme schon nach kürzester Zeit tödlich endet.

Insektizide in der Landwirtschaft sind eine der großen Ursachen, die zum Rückgang auch von nützlichen Insekten führen. Neonicotinoide gehören zu den am häufigsten verwendeten Insektiziden weltweit. Bestäuber nehmen sie etwa Blumennektar und Pollen auf. Ein weiterer Expositionsweg ist Honigtau. In Agrarökosystemen ist er für viele nützliche Insekten die häufigste vorkommende Kohlenhydratquelle. Honigtau ist das Ausscheidungsprodukt verschiedener Insekten wie Blattläusen, Schildläusen unf Blattflöhen sowie einiger Zikaden. Und dieser Expositionsweg wird wahrscheinlich deutlich tödlichere Auswirkungen auf nützliche Insekten besitzen als kontaminierter Nektar.

Mit Neonicotinoiden kontaminierter Honigtau ist in zahlreichen Ökosystemen anzutreffen. Die Pestizide kommen sogar in 93 % der Böden und Kulturen vor, die in den letzten zehn Jahren gar nicht mit Neonicotinoiden behandelt wurden, wie S. Humann‐Guilleminot et al. 2019 feststellten. Neonicotinoide kommen in vielen Ländern noch immer routinemäßig zur Anwendung: So wurden 2011 in den USA 79 bis 100 % des Mais und 34 bis 44 % des Sojabohnen-Saatguts mit Neonicotinoiden behandelt. Diese Pflanzen werden regelmäßig von Insekten befallen, die kontinuierlich Honigtau ausscheiden, wenn sie resistent gegenüber Neonicotinoiden sind oder wenn die Neonicotinoid-Konzentration in der Pflanze abnimmt und sie sich bei diesen niedrigeren Konzentrationen ernähren und entwickeln können, so M. R. Douglas et al. 2015 und R. N. C. Guedes et al. 2016.

In einer Studie untersuchten Wissenschaftler nun die Wirkung von Imidacloprid und Thiamethoxam auf parasitäre Wespen und bestäubende Schwebfliegen. Beide ernährten sich durch Honigtau von Schnabelkerfen, die sich ihrerseits auf Zitrusbäumen ernährten, die zuvor mit den beiden Neonicotinoiden behandelt worden waren – ein Teil der Bäume wurde über die Erde und ein weiterer Teil über die Blätter mit jeweils einem der beiden Insektizide behandelt. Beide Neonicotinoide waren im Honigtau nachweisbar. Honigtau mit Thiamethoxam war für beide Arten von Nützlingen hochgiftig, während Honigtau mit Imidacloprid für Schwebfliegen nur mäßig giftig war.
Die höchste Sterblichkeitsrate stellten die Wissenschaftler bei den über das Laub behandelten Bäumen mit Thiamethoxam fest. Es starben alle Schwebfliegen innerhalb von drei Tagen nach der Nahrungsaufnahme von Honigtau.

Beide Neonicotinoide führten bei Schwebfliegen zu einer höheren Mortalität als bei den parasitären Wespen. Dies kann auf eine höhere Fütterungsrate oder eine geringere Entgiftungskapazität der Schwebfliege zurückzuführen sein. Von Hummeln weiß man etwa seit Untersuchungen von J. E. Cresswell et al. 2014, dass sie anfälliger für aufgenommene Neonicotinoide sind als Honigbienen. Innerhalb der Studie haben die Forscher beobachtet, dass Schwebfliegen mehr Honigtau aufnehmen als die parasitären Wespen.

Honigtau wird von Ameisen, Bestäubern wie Honigbienen, Solitärbienen, Hummeln und sogar Wirbeltieren wie Vögeln gesammelt. Umweltverträglichkeitsprüfungen für Pestizide müssten Honigtau aus wissenschaftlicher Sicht daher künftig unbedingt mit einbeziehen.

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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