Hummeln erleben die Welt mit allen Sinnen
Hummeln können mentale Bilder von Formen hervorzaubern. Foto: Niels Gründel
Hummeln können Objekte im Dunkeln finden, die sie zuvor nur gesehen haben: Hummeln können demnach ein Objekt mit einem Sinn erleben und später mit einem anderen erkennen.
Wie können wir Dinge im Dunkeln finden? Und wie können wir uns vorstellen, wie sich etwas anfühlt, wenn wir es nur betrachten? Der Grund liegt in der Art der Speicherung von Informationen in unserem Gehirn. Informationen werden so abgelegt, dass sie von verschiedenen Sinnen abgerufen werden können. Diese multisensorische Integration ermöglicht es uns, mentale Bilder der Welt zu formen.
Die Fähigkeit, Objekte über verschiedene Sinne hinweg zu erkennen, ist auch in den winzigen Gehirnen eines Insekts vorhanden: Unter Licht wurden Hummeln darauf trainiert, einen bestimmten Objekttypen – einen Würfel oder eine Kugel – zu finden, ohne das Objekt selbst zu berühren. Zuckerwasser war bei Erfolg die Belohnung und eine Chinin-Lösung quasi die Strafe, wenn die Aufgabe falsch gelöst wurde.
Anschließend wurde das Licht ausgeschaltet und die Hummeln bevorzugten die Objekte, die zuvor mit einer Belohnung verbunden waren. Sie verbrachten mehr Zeit damit, sie zu erkunden.
Hummeln können die Aufgabe aber auch umgekehrt lösen: Erst wurden sie im Dunkeln auf eine bestimmte Form trainiert und anschließend bevorzugten sie genau diese Formen bei Licht.
Diese Fähigkeit wird als modalübergreifende Erkennung bezeichnet und ermöglicht es uns, ein vollständiges Bild der Welt auf unterschiedliche Weise wahrzunehmen.
„Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass Hummeln ihre Sinne nicht als separate Kanäle verarbeiten – sie kommen als eine Art einheitliche Darstellung zusammen“, so die Studienautorin Dr. Cwyn Solvi von der Macquarie Universität in Sydney.
Professor Lars Chittka von der Queen Mary Universität in London ergänzt: „Wir wissen seit langem, dass Bienen sich an die Formen von Blumen erinnern können. Ein Smartphone kann beispielsweise ein Gesicht erkennen und dies ohne jegliches Bewußtsein. Unsere neue Arbeit zeigt, dass im Geist von Bienen etwas vor sich geht, das sich von einer Maschine völlig unterscheidet, dass Hummeln mentale Bilder von Formen hervorzaubern können.“
„Dies ist eine erstaunliche Leistung, wenn man die winzige Größe des Gehirns einer Biene betrachtet. Zukünftige Untersuchungen der neuronalen Schaltkreise, die dieser Fähigkeit bei Bienen zugrunde liegen, könnten eines Tages zeigen, wie sich unser eigenes Gehirn die Welt wahrnimmt, wie wir es tun“, erklärt Selene Gutierrez Al-Khudhairy von der Universität York.
„Dies bedeutet nicht, dass Bienen die Welt genauso erleben wie wir, aber es zeigt, dass in ihren Köpfen mehr los ist, als wir ihnen jemals zugetraut haben“, so Cwyn Solvi.