Imker fordern Verbote von Neonicotinoiden und Lenkungsabgabe für Pestizide

  • Veröffentlicht am: 29.11.2016

Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft aber auch auf öffentlichen Flächen oder in Privatgärten hat verschiedene negative Auswirkungen auf die Umwelt. Um dieses Risiko zu minimieren, hat der Bund im Sommer einen Aktionsplan vorgestellt und betroffene Kreise zur Stellungnahme eingeladen. Auch die eidgenössischen Imkerinnen und Imker haben sich dazu über ihre Dachorganisation Apisuisse geäußert. Ihre Stellungnahme bezieht sich zwar primär auf die Honigbienen. Wildbienen und andere für die Blütenbestäubung wichtige Insekten wie beispielsweise Schmetterlinge profitieren aber ebenso von den vorgeschlagenen Maßnahmen.

Durch ihre Bestäubungsleistung spielen Bienen für die menschliche und tierische Ernährung sowie für die Arterhaltung eine herausragende Rolle. Weil Bienen von Blüte zu Blüte fliegen, um von diesen Nektar und Pollen zu sammeln, kommen sie mit allen Pestiziden in Kontakt, die bei diesen Pflanzen eingesetzt werden. Bienen werden deshalb oft als Umwelt- oder Bioindikatoren bezeichnet. Sind sie bedroht, bedeutet dies gleichzeitig, dass mit unserer Umwelt etwas nicht in Ordnung ist. Viele Faktoren tragen zur Bedrohung der Bienen bei: bakterielle Brutkrankheiten, die vor Jahren in die Schweiz eingeschleppte Varroamilbe, oder ungenügende Futterversorgung als Folge intensiv betriebener Landwirtschaft. Die zusätzliche Bedrohung der Bienen durch Pestizide wurde aber lange unterschätzt. Erst in letzter Zeit wurde in zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen zweifelsfrei aufgezeigt, dass für Bienen nicht nur der sofortige Vergiftungstod ein Problem darstellt, sondern auch subletale Effekte der Pestizide, welche Verhalten und Gesundheit der Bienen nachhaltig schädigen. Besonders problematisch sind die überaus potenten Insektizide aus der Gruppe der Neonicotinoide. Andere Wirkstoffe, jeder für sich allein als nicht bienengiftig eingestuft, wirken in Kombination toxisch. Kurz zusammengefasst kann festgehalten werden, dass neueste Forschungsresultate regelmässig neue, unerwünschte Effekte von Pestiziden auf Bienen an den Tag bringen, welche man bisher nicht gekannt und somit für die Zulassung auch nicht berücksichtigt hat.

Lenkungsabgabe für Giftausbringung

Pestizide machen je nach Nutzpflanze nur einen geringen Teil der Produktionskosten aus. Oftmals liegen diese Kosten tiefer als diejenigen von alternativen Bekämpfungsmethoden. Damit besteht für den Anwender kein besonderer Anreiz, auf den Einsatz chemisch-synthetischer Produkte zu verzichten. Apisuisse ist der Ansicht, dass in unserer monetär dominierten Welt nur eine Lenkungsabgabe einen nachhaltigen Einfluss hätte. Besonders dann, wenn die Mittel daraus zweckgebunden für die Erforschung und Entwicklung von Alternativen eingesetzt würden. Unverständlich ist die Tatsache, dass Pestizide nur mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz besteuert werden. Eine Erhöhung könnte sehr rasch erfolgen und mit diesen zusätzlichen Mitteln könnten Alternativen unterstützt, respektive mindere Produktionsmengen abgegolten werden.

Apisuisse erachtet es als überaus erfreulich, dass sich viele Experten des Bundes, der Kantone und der Forschung bei der Erarbeitung dieses Aktionsplanes mit der Fragestellung so intensiv auseinandergesetzt haben. Allerdings stellt sich hier eine grundsätzliche Frage: Warum sollte diesem Aktionsplan höhere Erfolgschancen beschieden sein als vorangegangenen Bemühungen? Der in den 1970er Jahren entwickelte Integrierte Pflanzenschutz beinhaltet doch schon die wesentlichen Elemente eines zurückhaltenden Pestizideinsatzes: die Bekämpfung von Schädlingen durch synthetische Chemikalien erst als allerletzte Möglichkeit. Es mangelt daher nicht an guten Ideen und vorgeschlagenen Konzepten, sondern am Willen, quantifizierbare Ziele festzulegen und Maßnahmen zu definieren, wie diese wirkungsvoll umgesetzt werden respektive Maßnahmen, die getroffen werden, wenn Ziele in einem definierten Zeitrahmen nicht erreicht werden.

Konkrete Maßnahmen

Quasi als Sprachrohr der Bienen fordert Apisuisse folgende Massnahmen, welche nur zum Teil im Aktionsplan Eingang gefunden haben:

  • Bevor international anerkannte Methoden zur Beurteilung subletaler und chronischer Pestiziddosen vorliegen (auch als Folge systemischer Applikation), sind keine neuen Pestizide zuzulassen. Dies bezieht sich auch auf den kombinierten Einsatz von Pestiziden. Ebenso sind sämtliche zugelassene Pestizide auf diese Wirkung hin zu überprüfen.
  • Der Einsatz der drei besonders bienengiftigen Neonikotinoide (Imidacloprid, Thiamethoxam und Clothianidin), für welche zurzeit für gewisse Anwendungen ein befristetes Moratorium besteht, ist generell für alle Anwendungen zu verbieten.
  • Der Einsatz von systemisch wirkenden Pestiziden ist nur bei Pflanzen zu gestatten, welche nicht als Bienentrachtpflanzen in Frage kommen.
  • Pestizide dürfen in von Bienen beflogenen Kulturen generell nur außerhalb der Bienen-Flugzeiten ausgebracht werden.

Grundsätzlich ist Apisuisse der Meinung, dass in der schweizerischen Landwirtschaft auf chemisch-synthetische Pestizide möglichst verzichtet werden soll. Die Imkerinnen und Imker sind überzeugt davon, dass dies für alle Beteiligten eine große Chance sein kann. Apisuisse ist überzeugt, dass mit einer raschen und griffigen Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen einiges erreicht werden kann, so dass sich auch unsere Kinder noch am emsigen Tun unserer Bienen erfreuen können.

Apisuisse vertritt alle Imkerverbände der Schweiz

Apisuisse ist die Dachorganisation der drei Imker-Landesverbände ind er Schweiz: VDRB (Verein deutschschweizerischer und rätoromanischer Bienenfreunde), SAR (Société Romande d’Apiculture) und STA (Società Ticinese di Apicoltura). Apisuisse vertritt nicht nur die Interessen von rund 17.000 Imkerinnen und Imkern in der Schweiz sondern auch der von ihnen betreuten Honigbienen.

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