Fühler bei Bienen stehen für Sozialverhalten und Kommunikation

  • Veröffentlicht am: 21.11.2019

Die Verkannte Goldfurchenbiene Halictus confusus ist eusozial. Foto: Zerene Stacker/USGS Bee Inventory and Monitoring Lab, Public Domain

Das soziale Verhalten bei Bienen entwickelte sich gemeinsam mit ihrem komplexen chemischen Kommunikationssystem. Schmal- und Furchenbienen Halictidae verfügen im Vergleich zu verwandten Solitärbienen über mehr sensorische Mechanismen. Der Unterschied wird durch die Dichte der kleinen, hohlen Sinneshaare gemessen, die sich auf ihren Fühlern befinden und als Sensilla bezeichnet werden.

Nach Untersuchungen von Wissenschaftler verfügen Schmal- und Furchenbienen im Vergleich zu verwandten Solitärarten über mehr Sinnesorgane zur Wahrnehmung von Umweltreizen: Die Dichte ihrer kleinen, hohlen Sinneshaare, Sensilla genannt, auf ihren Antennen ist höher.

Ein Leben in sozialer Gemeinschaft ist mit einer Koordination komplexer sozialer Verhaltensweisen verbunden. Daher verfügen soziale Insekten über mehr sensorische Fähigkeiten als ihre einzelgängerische Verwandtschaft. Die Sensoren helfen insbesondere dabei, Informationen über Nahrungsressourcen zu übermitteln oder Nachrichten über potenzielle Feinde, was für das Überleben der Gemeinschaft von entscheidender Bedeutung ist.

Studienautorin Sarah Kocher von der Princeton Universität untersuchte zusammen mit einem Team von Forschern die Antennen erwachsener Weibchen 36 verschiedener Arten, die entweder der freien Wildbahn entnommen wurden oder aus Museumsbeständen stammten. Mit einem Rasterelektronenmikroskop erhielten die Wissenschaftler dann detaillierte Informationen über die Oberflächentopographie und -zusammensetzung der Bienen-Antennen. Dabei ließ sich nachvollziehen, welche Veränderungen auftraten, wenn eine Bienen-Art die Sozialität gewonnen und verloren hatte.

Der Rückgriff auf Bienen der Familie Halictidae erfolgte, weil sie eine bemerkenswerte Vielfalt im sozialen Verhalten aufweisen, von eusozial bis solitär. Eusozial beschreibt eine Organisationsstruktur, in der einzelne Insekten in einer Kolonie auf ihre Fortpflanzungsfähigkeit verzichten und eine bestimmte Aufgabe ausführen, beispielsweise die Pflege von Nachkommen oder das Sammeln von Nahrung, wie dies bei vielen Ameisen-, Wespen- und Honigbienen-Arten der Fall ist. Innerhalb dieser Familie von Insekten hat sich das soziale Verhalten mehrmals unabhängig voneinander entwickelt, und es gibt zahlreiche Beispiele für eine Umkehr oder das Wiederauftreten früherer körperlicher Merkmale sowie für wiederholte Verluste der Sozialität. Diese Entwicklungen machen die Art nach Sarah Kocher zu einem der verhaltensunterschiedlichsten sozialen Insekten auf dem Planeten und zu einem guten Kandidaten für das Studium der Sozialität: „Was wir haben, ist ein System mit enormer Vergleichskraft.“
Über den evolutionären Übergang von solitärem zu sozialem Leben ist laut Sarah Kocher bisher relativ wenig bekannt.

In ihrer Studienarbeit stellten die Forscher auch fest, dass ur-solitäre Bienen aus der Familie Halictidae, solche Arten, die nie ein soziales Verhalten entwickelt hatten, über eine Sensilla-Dichte verfügten, die eusozialen Spezies sehr ähnlich waren. Demgegenüber zeigte sich bei sekundären solitären Schmal- und Furchenbienen, die sich von sozial zu solitär und zurückentwickelten, eine Reduzierung der Sensilla-Dichte. Sarah Kocher war von diesem Ergebnis überrascht, kommt jedoch zu dem Schluss, dass die Dichte der Sensilla ein wichtiger Vorläufer für die Entwicklung des Sozialverhaltens sein könnte.

„Diese Studie zeigt, dass Veränderungen in der sozialen Struktur sich in Veränderungen der sensorischen Systeme von Insekten widerspiegeln“, so Sarah Kocher und „veranschaulicht nicht nur den evolutionären Wandel von der Reproduktion als Individuum zu der Notwendigkeit, die Reproduktion als Gruppe zu koordinieren, sondern auch, wie diese Verhaltensänderung eine evolutionäre Rückkopplungsschleife erzeugen kann, in der Merkmale ausgewählt werden, um die Sozialität in nachfolgenden Generationen zu erhöhen.“

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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