Mehr Honigbienen bedeuten weniger Wildbienen in Städten
Der Rosenkäfer dürfte wohl einer der größten Verlierer bei zu viel Honigbienen sein. Foto: Niels Gründel
Städte sind bei Imkern beliebte Orte für die Haltung von Honigbienen. Die Stadt-Imkerei ist hipp, geschürt vor allem durch die Massenmedien und teilweise sogar durch Behörden unterstützt. Insgesamt zeigen die Völkerzahlen in den Städten über die letzten Jahre einen starken Anstieg. Das führt zwangsläufig zu einer Konkurrenz zwischen Honigbienen und Wildbestäubern – zumindest im naturnahen Kontext gibt es dazu erste Studien. Für den städtischen Raum hat die Konkurrenzsituation ein französisches Forscherteam untersucht.
Zahlreiche Städte auf der ganzen Welt haben in letzter Zeit einen schnellen Anstieg bei der Anzahl der Honigbienen-Völker zu verzeichnen. Die durchschnittliche Dichte in Paris liegt bei 6,5 Völker/km², während in Frankreich im Durchschnitt nur 2,5 Völker/km² anzutreffen sind. Im Jahr 2013 waren inParis nur etwa 300 Honigbienenvölker gemeldet.
Deutlich höher liegt die Zahl aber in anderen Städten wie Brüssel mit 15 Völkern/km² oder London mit 10 Völkern/km².
Die Wissenschaftler haben drei Jahre lang die Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Bestäubern in Paris untersucht. Dazu haben sie zwischen fünf (im Jahr 2014) und sieben (in den Jahren 2015 und 2016) Grünflächen mit einer unterschiedlichen Dichte an Honigbienen-Völkern in unmittelbarer Umgebung ausgewählt. Die Dichte der Honigbienen-Völker innerhalb eines Radius von 500 m lag zwischen 0 und 28 Völkern um die Standorte und zwischen 7 und 53 Kolonien innerhalb eines 1000-m-Radius. Grundlage waren die Meldungen der Imker ihrer Völker an das Veterinäramt.
Die Besucherzahlen von Wildbestäubern korrelierten dabei negativ mit der in der Umgebung aufgestellten Zahl der Honigbienen-Völker. In Bezug auf die morphologischen Gruppen von Wildbestäubern wurden die Besucherzahlen von großen Solitärbienen und Käfern durch die Bienenkolonie-Dichte in einem Radius von 500 m. Die Besuchsrate von Hummeln wurde durch die Bienenkolonien-Dichte in einem 1000-m-Radius negativ beeinflusst. Darüber hinaus wurde bei vielen Honigbienen im Umkreis von 1000 m eine geringere Interaktionsrate in Pflanzen-Bestäuber-Netzwerken beobachtet.
Kleine Solitärbienen reagierten weniger empfindlich auf die Zunahme der Zahl der Honigbienen. Andererseits brach die beobachtete Nahrungssuche der Käfer ganz extrem ein. Es existiert nur wenig Literatur über Blumenpräferenzen von Käfern; auch ihre Nahrungsreichweite scheint sehr unterschiedlich zu sein. Als Beispiel fand Englund (1993), dass der Glänzende Rosenkäfer Cetonia aurata eine Nahrungsreichweite von nur 18 m hatte, und Juhel et al. (2017) schätzten die Nahrungsreichweite von Rapsglanzkäfern Brassicogethes aeneus auf 1,2 km. Interaktionen in der (gestörten) Natur sind in vielen Fällen sehr schwer auszumachen.
In Städten gibt es auch eine nicht zu vernachlässigende Vielfalt an Wildbestäubern. Insofern stellen die Ergebnisse dieser Studie den Erfolg der städtischen Bienenhaltung und der zugrunde liegenden Begeisterung vieler Menschen deutlich infrage, die angeblich zur Erhaltung der biologischen Vielfalt erfolgen. Für die städtischen Ökosysteme ist es deutlich sinnvoller, wenn mehr Blumen-Ressourcen und Brutlebensräume für wilde Bestäuber im städtischen Umfeld geschaffen würden, nicht aber mehr Honigbienen-Völker aufgestellt werden.
Ropars L, Dajoz I, Fontaine C, Muratet A, Geslin B (2019) Wild pollinator activity negatively related to honey bee colony densities in urban context. PLoS ONE 14(9): e0222316. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0222316