Pestizide beeinflussen bodenbrütende Bienen
Alex Harmon-Threatt (links) und Nick Anderson bei der Arbeit im Labor. Foto: Jesse Wallace/Universität Illinois at Urbana-Champaign
Bisher sind Auswirkungen von Bodenbelastungen auf unterirdisch nistende Bienen wenig untersucht. Die Ergebnisse einer neuen Studie deuten darauf hin, dass Bienen mit vielen Pestiziden in Berührung kommen und sich dies auf ihre Entwicklung auswirkt.
Die Studie untersuchte die Wirkung von Pestiziden auf Bienen, die im Boden nisten. Dies sind in der Realität die Mehrheit aller Bienenarten. Grundsätzlich sind diese Bienenarten natürlich nicht das Ziel der ausgebrachten Pestizide.
Ein Großteil zurückliegender Forschungsarbeiten zu Nicht-Zieleffekten von Pestiziden beschränken sich jedoch auf Honigbienen und Hummeln und Expositionen gegenüber Pestiziden, denen sie beim Sammeln von Pollen und Nektar ausgesetzt sind.
„Dies ist eine wichtige Arbeit, weil es eine der ersten Studien ist, die realistische Konzentrationen von Pestiziden untersucht, mit denen Bienen im Boden in Kontakt kommen. Dies ist ein sehr wenig erforschter Expositionsweg, vor allem für die Mehrheit der Solitärbienen, die im Boden nisten“, erläutert Studienautor Nick Anderson von der Universität Illinois at Urbana-Champaign.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen bodennistenden Bienen und ihren verwandten Honigbienen und Hummeln sind die kleinen Nestgrößen, die durch das Graben von Niströhren im Boden entstehen. Bienenarten mit einer derartigen Vermehrungsstrategie können bis zu 49 Wochen im Jahr im Boden verbleiben und nur für drei Wochen in Erscheinung treten, um sich zu paaren und neue Eier in Niströhren anzulegen. Diese Bienen haben viel Zeit, in denen sie auch geringen Pestizidmengen im Boden ausgesetzt sind, dafür aber dauerhaft.
Die Forscher interessierten sich besonders für die Klasse von Pestiziden, die als Neonicotinoide bezeichnet werden und für nützliche Bestäuber ebenso toxisch sind wie für Schädlinge. Neonicotinoide besitzen eine lange Halbwertszeit, was bedeutet, dass sie lange Zeit im Boden bleiben können.
In der Studie kamen Bienen zum Einsatz, die sehr nahe verwandt mit bodennistenden Arten sind, aber besser für Tests im Labor geeignet – Blaue Gartenbiene Osmia lignaria und Luzerne-Blattschneiderbienen Megachile rotundata.
Die Bienen wurden im Labor Neonicotinoiden mit ähnlichen Werten wie im Feld ausgesetzt. Im Ergebnis wurden die Weibchen größer und lebten kürzer, während die Drohnen kleiner waren und länger lebten.
Eine chronische, niedrige Pestizid-Exposition bei Bienen führt zu einer hormonellen Reaktion, nehmen die Wissenschaftler an. Die langfristigen Auswirkungen einiger dieser Änderungen sind jedoch möglicherweise nicht ohne weiteres ersichtlich. Die Forscher gehen davon aus, dass die niedrigeren Pestizid-Dosen Änderungen in der Entwicklung der Bienen bewirken, etwa die Verlagerung von einem normalen Entwicklungsprozess auf eine Entwicklung, die versucht, den Auswirkungen der Pestizidbelastungen entgegenzuwirken – durch eine physische und biochemische Verstärkung entsprechender Barrieren.
„Wenn Sie mit Neonicotinoiden an so etwas wie Bienen arbeiten, erwarten die Menschen meiner Meinung nach, dass die Schlussfolgerungen positiv oder negativ ausfallen, aber viele der Beziehungen, die wir sehen, sind komplizierter. Es gibt viele Faktoren und Entwicklungsprozesse, die beeinflusst werden können“, so Alexandra Harmon-Threatt von der Universität Illinois at Urbana-Champaign.
„Bei der Entwicklung neuer Pestizide müssen wir die Auswirkungen verstehen können“, ergänzt Nick Anderson. „Unsere Arbeit ist Teil einer solchen Risikobewertung. Wir möchten wissen, was die Folgen für bodennistende Bienen sind. Wenn wir Land für die Landwirtschaft nutzen oder versuchen, es wiederherzustellen, können wir die Auswirkungen auf diese Arten minimieren.“
Dieser Studie sollen weitere folgen, welche die Rolle einer Bodenkontamination auf die Diversität der Bienen und ihrer Erhaltung beleuchten.
Nicholas L. Anderson et al, Chronic contact with realistic soil concentrations of imidacloprid affects the mass, immature development speed, and adult longevity of solitary bees, Scientific Reports (2019). DOI: 10.1038/s41598-019-40031-9