Facettenaugen 400 Millionen Jahre alt

  • Veröffentlicht am: 24.08.2020

Das linke Facettenaugen des fossilen Trilobiten Aulacopleura koninckii. Foto: Brigitte Schoenemann/Universität Köln

Trilobiten sind ausgestorbene Gliedertiere, verwandt mit heutigen Spinnentieren, Insekten und Krebsen. Sie waren die häufigsten Tiere in den Meeren des Erdaltertums. Mittels digitaler Lichtmikroskopie haben Forscher die Facettenaugen des fossilen Trilobiten Aulacopleura koninckii untersucht. Sie kamen zum Schluss, dass die Struktur und Funktion der Facettenaugen vieler tagaktiver Insekten und Krebstiere seit dem Erdaltertum (Palaeozoikum, vor 542 – 251 Millionen Jahren) unverändert geblieben ist.

Der Trilobit, der in der Tschechischen Republik gefunden und 1826 erstmals von dem Ingenieur Joachim Barrande beschrieben wurde, ist ein kleines, etwa 1 cm langes und ungefähr 2 mm hohes Tier mit einem sehr dünnen Gliederpanzer. Auf dem Kopf sitzen halb-ovale Augen, die im Fossil meistens abgebrochen sind. „Das von uns untersuchte Tier lag in ausgezeichneter Erhaltung vor. Ein Auge war komplett erhalten, das andere war zur Hälfte aufgebrochen, was uns Einblicke in das Innere erlaubte“, sagt Dr. Brigitte Schoenemann von der Universität Köln, und fährt fort: „Normalerweise sind zelluläre Strukturen in Fossilien nicht erhalten. Hier jedoch zeigten sich die Relikte von Sinneszellen, die den Strukturen von Facettenaugen vieler tagaktiver Insekten und Krebstiere von heute entsprechen.“

Ein Facettenauge, sowohl bei Bienen als auch bei dem hier untersuchten Trilobiten, setzt sich aus vielen identischen Untereinheiten zusammen, den sogenannten Ommatidien, die von außen als Facetten zu erkennen sind. Bei Aulacopleura sind es etwa zweihundert pro Auge. Jedes Ommatidium besteht aus etwa acht Sinneszellen, die sich um ein zentrales Stäbchen, das Rhabdom gruppieren, welches als ein Lichtleiter arbeitet. Es ist Teil der Sinneszellen und übersetzt das Lichtsignal in elektrische Impulse, die vom Nervensystem des Tieres verarbeitet werden können.

„Jedes Ommatidium verfügt zudem über eine Linse, die das Licht auf das Rhabdom bündelt. Da die modernen Ommatidien durch Pigmente, die wie Vorhänge wirken, voneinander getrennt sind, entsteht im Facettenauge, anders als bei unserem menschlichen Auge, ein mosaikartiges Sehen“, erläutert Brigitte Schoenemann.
Im Gegensatz zu den heutigen Insekten und Krebstieren besteht bei den alten Trilobiten diese Abtrennung meist aus optisch dichtem Panzermaterial. „Da hier bei Aulacopleura aber die Evolution offensichtlich ‚keine Kosten und Mühen gescheut hat‘, ebenfalls solche Vorhangs-Pigmente zu bilden, muss man wohl davon ausgehen, dass der dünne Panzer von Aulacopleura koninckii durchsichtig war. Dies kennen wir von vielen heutigen Garnelen und anderen kleinen marinen Krebsen. Ein Prinzip, das wohl auch dem zierlichen Trilobiten zu guter Tarnung auf dem Meeresboden verholfen hat“, schlussfolgert Brigitte Schoenemann.

Die geringe Größe der Facetten des Trilobiten zeigt, dass Aulacopleura koninckii wohl tagaktiv war und in seichten, lichtdurchfluteten Bereichen des Meeres gelebt hat. Kleine Linsen können weniger Licht einfangen als große und daher nur bei hellem Licht gut arbeiten.

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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