Risiken von Bienenwachsverfälschungen

  • Veröffentlicht am: 19.10.2020

Bienenwachs unterliegt dem Risiko von Fälschungen. Foto: Niels Gründel

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA („European Food Safety Authority“) hat Reinheitskriterien und technische Spezifikationen für Bienenwachs publiziert, wenn es in der Imkerei verwendet wird. In ihrem 65 Seiten umfassenden Bericht hat die EFSA Risiken zusammengetragen, die von Bienenwachs für Honigbienen und Menschen ausgehen, wenn es mit Paraffin, Stearin- oder Palmitinsäure verfälscht wurde.

Wirtschaftlich gewonnen wird überwiegend das von der Westlichen Honigbiene Apis mellifera produzierte Bienenwachs. 
Die Wachsproduktion bei den Arbeiterinnen beginnt überwiegend am 9. Lebenstag und erreicht ihren Höhepunkt zwischen dem 12. und 18. Lebenstag (Hepburn et al., 1984, 2014). Bienenwachs ist eine organische Verbindung, die von den Arbeiterinnen in ihren Wachsdrüsen hergestellt wird.
Imker recyceln Bienenwachs für die Anfertigung von Mittelwänden, die erneut in Bienenvölkern zum Einsatz gelangen und die Bauzeit neuer Waben verkürzen sollen. Rückstände im Bienenwachs werden auf diese Weise allerdings angereichert. Darüber hinaus wird Bienenwachs für verschiedene Anwendungen wie Kerzen, Kosmetika, medizinische Inhaltsstoffe und Lebensmittelzusatzstoffe verwendet.

Bienenwachs in Form von Waben ist das erste natürliche Verpackungsmaterial für Honig. Trotz des Kontakts mit Honig als Lebensmittel unterliegt Bienenwachs, das in der Imkerei quasi für die Honigproduktion verwendet wird, vor dem Inverkehrbringen keiner obligatorischen Qualitätskontrolle. Entsprechende Kontrollen gelten lediglich für Bienenwachs, das als Lebensmittelzusatzstoff E901 oder als pharmazeutisches Produkt verwendet wird.

Aktuelle Studienergebnisse

Auslöser für die Anfertigung des Berichtes der EFSA war die Kontamination von Bienenwachs für die Imkerei, die belgische Behörden der Europäischen Kommission im Juni 2017 meldeten.
Das verfälschte Bienenwachs stammte aus China und der Ukraine. Die belgischen Behörden fanden Paraffin und Stearin.
Die Mitgliedstaaten wurden durch das Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel (RASFF) alarmiert. Die Kommission hat die Mitgliedstaaten darüber hinaus um Bereitstellung von Informationen zu der Thematik gebeten. Belgien, Frankreich und Deutschland bestätigten Zusammenhänge zwischen dem Vorhandensein von Stearin und gesundheitlichen Auswirkungen auf die Brutentwicklung und die Zunahme der Larvensterblichkeit aufgrund von Studienergebnissen, u. a. Reybroeck, 2017; Reybroeck & Van Nevel, 2018; Aupinel, 2018.

Im Mai 2019 startete die EFSA darauf hin eine Aufforderung zur Vervollständigung der bereits vorliegenden Informationen. Ziel war es, die neuesten verfügbaren Studien und Daten zu verfälschtem Bienenwachs zu erhalten. Der Aufruf führte tatsächlich zu neuen Rückmeldungen: Die Bundesanstalt für Risikobewertung (BfR) lieferte Informationen zu zwei Studien zu Rückstands- und Authentizitätsanalysen für Bienenwachs sowie zu den Analysen zu den Auswirkungen von Verfälschungen von verschiedenen Arten von Bienenwachs für die Gesundheit von Honigbienen. Der Verband der schwedischen Landwirte übermittelte die Ergebnisse zur Analyse von 48 Bienenwachsproben. Im Rahmen des jährlichen Wachsüberwachungsprogramms der Schweiz wurden Wachsproben von elf Wachsverarbeitern analysiert. Infrarotspektroskopie wurde verwendet, um Verfälschungen mit mehr als 2,5 % Paraffin und mehr als 1 % Stearin nachzuweisen.

Bienenwachs als Kontaminationsquelle

Eine ISO-Standardisierung für Bienenwachs ist durchaus in Vorbereitung, doch aktuell gibt es keine Vorgaben zum Recycling von Bienenwachs, abgesehen von einigen Empfehlungen für eine gute imkerliche Praxis, beispielsweise Bee Research Institute, 2009; KonVIB/FABBBF, 2009; ITSAP, 2018; FAO, 2019; El Agrebi et al., 2019, 2020.
Die Empfehlungen umfassen die Verwendung von Bienenwachs von guter Qualität. Die Maßnahmen zur Sicherstellung dafür lauten insbesondere eine Registrierung offizieller Hersteller, die wiederum der Aufsicht der Veterinärbehörden unterstellt sind. Diese führen regelmäßige Inspektionen und Analysen durch. Sie dienen nicht nur der Vermeidung von Wachsverfälschungen, sondern ebenso dazu, chemische Rückstände im Bienenwachs zu vermeiden und die Abwesenheit von Krankheitserregern sicherzustellen. Altes Wachse und solches aus kranken Völkern muss aus dem Wachskreislauf entfernt werden.

Imker sollten darauf achten, dass sie beim Kauf von Wachs vom Händler eine Bescheinigung erhalten, die Nachweis einer chemischen und mikrobiologischen Analyse ist. Gleichwohl sollten Rückstellproben des zugekauften Wachses aufbewahrt werden.
Rähmchen und damit das Wachs sollten so in den Völkern gewechselt werden, dass nach zwei bis drei Jahren ein vollständiger Wechsel im Volk gewährleistet ist.

Bienenwachs kann durch die Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und Tierarzneimitteln kontaminiert werden. Eine wesentliche Ursache sind die Imker selbst, die chemische Substanzen zur Behandlung der Honigbienen ins Volk einbringen, insbesondere zur Bekämpfung der Varroa-Milbe Varroa destructor. Viele Produkte sind meist fettlöslich und nicht flüchtig. Sie reichern sich daher dauerhaft an. Ebenso können über den von den Bienen eingetragenen Nektar Umweltschadstoffe in das Volk eingetragen werden.
Bienenwachs aus Nicht-EU-Ländern kann mit Antibiotika kontaminiert sein.

Wird Bienenwachs gezielt verfälscht, so gelangt meist Paraffin zum Einsatz. Es ist gut verfügbar und besonders preiswert. Paraffin im Bienenwachs kann die Zusammensetzung von Honig durch fermentative oder Oxidationsprozesse verändern.

Reinheitskriterien für Bienenwachs

Reinheitskriterien Wert Methode
Schmelzpunkt 61 - 65 ° C

European Pharmacopoeia (10th Ed., 2020)

Dichte

0.950 - 0.960

European Pharmacopoeia (10th Ed., 2020)

Säurezahl 17 - 24

European Pharmacopoeia (10th Ed., 2020)

Estergehalt 70 - 90

European Pharmacopoeia (10th Ed., 2020)

Verseifungszahl 87 - 104

European Pharmacopoeia (10th Ed., 2020)

Mechanische Fremdstoffe keine visuelle Kontrolle
Paraffin keins GC-MS, (HT)GC-FID, FTIR-ATR
Stearin/Stearinsäure keins (HT)GC-FID/GC-FID (MS), FTIR-ATR
Andere Verfälschungsmittel als
Paraffin und Stearin/Stearinsäure
keins GC-MS, (HT)GC-FID/GC-FID (MS), FTIR-ATR

Mit klassischen Analysemethoden durchgeführte physikalisch-chemische Tests garantieren nicht die Reinheit von Bienenwachs und können nicht allein zum Nachweis von Verfälschungen verwendet werden. Die Reinheitsprüfung von Bienenwachs, das in der Imkerei verwendet wird, sollte die Messung von mindestens zwei physikalisch-chemischen Parametern für Screeningzwecke umfassen, ergänzt durch eine oder mehrere chromatographische oder spektroskopische Analysen.

Auswirkungen durch Bienenwachsverfälschungen

Es liegen aktuell keine toxikologischen Daten für verschiedene Verfälschungsniveaus für Honigbienen vor, die akute, chronische und subletale Toxizität beschreiben. Diese Informationen wären jedoch erforderlich, um die Risiken für Honigbienen durch die Exposition gegenüber verfälschtem Bienenwachs umfassend bewerten zu können.

Die Auswirkungen einer Paraffinverfälschung von Bienenwachs auf die Honigbienen-Brut ist umstritten (Wallner, 2005; Semkiw und Skubida, 2013). Durch Stearin- und Palmitinsäure verfälschtes Bienenwachs hat jedoch nachgewiesene Auswirkungen auf die Brutentwicklung (Aupinel, 2018; Reybroeck, 2017 und 2018). Die Verfälschung von Bienenwachs mit 7,5 % Stearin- oder 5 % Palmitinsäure führt zu einer Sterblichkeitsrate der Bienenbrut von über 45 % (Reybroeck, 2017 und 2018). 

Menschen können beim Verzehr von Wabenhonig mit verfälschtem Bienenwachs in Kontakt gelangen. 
Mögliche gesundheitliche Bedenken aufgrund des Verzehrs von Honig, der mit Bestandteilen von verfälschtem Bienenwachs kontaminiert ist, wird je nach Verunreinigung als gering eingeschätzt.

Der Bericht der EFSA schließt mit einer Reihe von Empfehlungen – von der Durchführung von Studien, um bekannte Wissenslücken zu schließen, bis hin zu einer verstärkten Überwachung von Herstellung und Import von Bienenwachs einschließlich der Gewährleistung seiner Rückverfolgbarkeit.

Literaturstelle: 

EFSA (European Food Safety Authority), 2020. Risk assessment of beeswax adulterated with paraffin and/or stearin/stearic acid when used in apiculture and as food (honeycomb) EFSA supporting publication 2020:EN-1859. 64pp. doi:10.2903/sp.efsa.2020.EN-1859

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
Indexierung