Cäsium-137 als Vermächtnis des Kalten Krieges im Honig

  • Veröffentlicht am: 18.08.2021

Relikte von Atombombentests finden sich noch heute im Honig. Foto: Ilja Nedilko/Unsplash

Das Isotop Cäsium-137 ist ein Relikt von Atombombentests, die während des Kalten Krieges durchgeführt wurden. In den Vereinigten Staaten wiesen 68 von untersuchten 122 Honigproben unterschiedliche Mengen an Cäsium-137 auf.

Cäsium-137 ist ein Nebenprodukt der Uran-Plutonium-Spaltung und damit ein Bestandteil der Auswirkungen von Explosionen durch Bomben-Tests, die von den USA und der Sowjetunion an Standorten von New Mexico und Nevada bis zu den Marshallinseln und dem russischen arktischen Archipel Novaya Zemlya durchgeführt wurden.

„Aber wir wissen, dass die Cäsium-137-Produktion aus dem pazifischen und russischen Raum mehr als das 400-fache der Produktion der Explosionen in New Mexico und Nevada betrug“, erklärt Studienautor Jim Kaste von der William & Mary Universität. „Eine einzige russische Bombe, die Zar-Bombe, war mehr als 50 Mal stärker als alle Tests in Nevada und New Mexico zusammen.“

Das Cäsium-137 hat enorme Entfernungen zurückgelegt, um letztlich noch heute in Honiggläsern aus Bienenvölkern an der US-amerikanischen Ostküste zu landen.
Doch nicht aller radioaktiver Fall-out belastete nur die Teststellen, vielfach wurden die radioaktiven Teilchen hoch in die Atmosphäre befördert und durch die vorherrschenden Winde weit verteilt, bis das Isotop durch die zahlreichen Niederschläge wieder auf die Erde traf.

Theoretisch müssten Gebiete mit besonders hohen Jahresniederschlägen tendenziell auch mehr Cäsium im Honig aufweisen. Dies war jedoch nicht der Fall. Entscheidend ist wohl auch der Kaliumgehalt des Bodens.
Die Forscher fanden eine eindeutige Korrelation: Cäsium im Honig fand sich vor allem in Gegenden mit kaliumarmen Böden.

„Kalium ist ein wichtiger Nährstoff für Pflanzen. Und Kalium- und Cäsiumatome sind sich sehr ähnlich“, so Jim Kaste.
Pflanzen, die Kalium benötigen, nehmen Cäsium auf; nur wo es kaliumreiche Böden gibt, findet diese Substitution nicht statt. Aber auf kaliumarmen Böden nehmen die Pflanzen das auf, was als das nächstbeste erscheint, und geben es über den Nektar an die Bienen weiter, sodass es schließlich im Honig landet.

Cäsium-137 mit einer Halbwertszeit von etwa 30 Jahre bleibt auch 60 Jahre nach Ende der Bombenversuche der dominierende Faktor der Verschmutzung durch ionisierende Strahlung in der Umwelt. Die Hauptursachen für die Cäsium-137-Kontaminationen sind zumindest in den östlichen Bundesstaaten der Vereinigten Staaten Bombenversuche und nicht Unfälle von Kernkraftwerken.

Jim Kaste hat allerdings keine Bedenken hinsichtlich des menschlichen Verzehrs von Honig: „Ich versuche nicht, den Leuten zu sagen, dass sie keinen Honig essen sollen. Ich gebe auch meinen Kindern Honig und ich esse jetzt mehr Honig als zu Beginn dieses Projekts.“

Bei Insekten könnten es aber anderes sein: „Was wir heute sehen, ist ein kleiner Teil der Strahlung, die in den 1960er und 1970er Jahren vorhanden war. Und wir können nicht sicher sagen, ob Cäsium-137 etwas mit dem Zusammenbruch der Bienenkolonie oder dem Völkerrückgang zu tun hat.“

Jim Kaste hofft, dass die Studie zu Cäsium in Honig die lange Lebensdauer von Umweltschadstoffen veranschaulicht, insbesondere die oft unvorhersehbaren Möglichkeiten, wie sich Schadstoffe durch die Umwelt bewegen können. Cäsium-137 sei ein Stoff, der uns so lange erhalten bleibt, bis der nukleare Zerfall seine Präsenz alle drei Jahrzehnte halbiert.

Es ist ein langsamer Zerfall in Richtung eines fernen Ziels, es sei denn, ein anderes Spaltereignis führt eine andere Dosis des Isotops erneut in die Umwelt ein.

Literaturstelle: 

Kaste, J.M., Volante, P. & Elmore, A.J. Bomb 137Cs in modern honey reveals a regional soil control on pollutant cycling by plants. Nat Commun 12, 1937 (2021). https://doi.org/10.1038/s41467-021-22081-8

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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