Der Wald als Lebensraum

  • Veröffentlicht am: 29.03.2022

Wälder sind weltweit wichtige Lebensräume für Hummeln. Foto: Irina Iriser/Unsplash

Maßnahmen, dem Rückgang vieler Hummelarten Einhalt zu gebieten, konzentrieren sich überwiegend auf die Wiederherstellung von Blühangeboten in offenen Lebensräumen. Eine wichtige Rolle spielen jedoch auch Wälder und Waldränder. Sie bieten in phänologisch unterschiedlichen Perioden Nahrungsressourcen, sind häufig bevorzugte Nist- und Überwinterungshabitate und können in einem sich ändernden Klima günstige abiotische Bedingungen bieten.

Die meisten Beobachtungen von Hummeln finden in offenen Gebieten statt, doch Hummeln nutzen auch bewaldete Lebensräume während ihres gesamten Lebenszyklus auf unterschiedliche Weise.

Bei den meisten Hummel-Arten treten überwinternde Königinnen im zeitigen Frühjahr auf, wenn die ersten Blüten erscheinen. Die wachsenden Völker benötigen eine kontinuierliche Versorgung mit Blütenressourcen, da sie keine großen Mengen an Pollen oder Nektar einlagern. Dabei ist die Verfügbarkeit von Blütenressourcen für die Gründung einer neuen Kolonie durch die Königinnen besonders wichtig für den Erfolg. Wenn in der Gründungsphase eine Ressourcenlücke auftritt, erholen sich Kolonien nur selten davon wie Malfi et al. 2019 beschrieben haben.

Waldkräuter und -bäume blühen oft vor Pflanzen in anderen Lebensräumen. In vielen Gebieten finden sich erste blühende Ressourcen in Waldkronen oder im Unterholz und einige der letzten befinden sich an Waldsträuchern, an Waldrändern oder in Baumkronen. Dazu gibt es eine Reihe von Untersuchungen aus der ganzen Welt:
Im US-Bundesstaat Illinois liegt das Blütedatum von Pflanzen, die von Hummeln genutzt werden, in Wäldern 81 Tage vor dem im Grasland oder dem in Feuchtgebieten (Mola et al. 2021).
In Japan werden die Populationszyklen von Hummeln zu einem großen Teil durch die Verfügbarkeit von Frühjahrsressourcen in den Baumkronen der vorangegangenen Saison getrieben (Inari et al. 2012). In Europa haben Baumpollen etwa einen 80 %igen Anteil am Pollen während der Frühsaison Dunkler Erdhummeln Bombus terrestris (Kämper et al. 2016, Bertrand et al. 2019).

Hummeln suchen selektiv nach Futter, um das Verhältnis von Protein zu Lipid in der Nahrung auszugleichen. Das Verständnis, wie bewaldete und offene Lebensräume die Ernährung von Hummeln über die reine Häufigkeit oder phänologische Komplementarität hinaus ergänzen, ist von großer Bedeutung. Aktuell ist aber unklar, ob Kolonien in bewaldeten Umgebungen besser abschneiden als in offenen Lebensräumen; bisherige Studienergebnisse sind eher widersprüchlich.

Neben ausreichenden Nahrungsressourcen benötigen Hummeln darüber hinaus vor allem Überwinterungs- und Nistressourcen.
Hummeln nisten sowohl unter als auch über der Erde. Auf Grundlage bisheriger Erkenntnisse scheinen Wälder für viele Arten günstige und häufige Nisthabitate zu sein (Lanterman et al. 2019, Liczner und Colla 2019): In den Vereinigten Staaten war die Zahl nestsuchender Hummelköniginnen positiv mit Wäldern im Umkreis von einem Kilometer um die Studienorte verbunden.
In Europa findet man nestsuchende Hummelköniginnen oft in bewaldeten Gebieten oder entlang von Randhabitaten (Svensson et al. 2000, Kells und Goulson 2003). Eine Untersuchung in Großbritannien dokumentierte hohe Nestdichten entlang linearer Merkmale wie Hecken und Waldränder, aber eine geringere Dichte im Grünland und im Waldinneren (Osborne et al. 2008).
Inwieweit Wälder den Erfolg der angelegten Nester steigern, ist unklar, denn die Beweise dafür sind spärlich und widersprüchlich.

Eine direkte Quantifizierung der Überwinterung ist selten. Überwinternde Königinnen werden häufig in schattigen Bereichen in der Nähe von Bäumen dokumentiert (Sladen 1912, Plath 1934, Alford 1969). 

Viele Faktoren, die in Wäldern anzutreffen sind, müssen nicht darauf beschränkt sein, sind aber dort wahrscheinlich am häufigsten zu finden. Sie können ebenso in Obstplantagen oder Gärten angetroffen werden und damit ähnlich frühe Nahrungsressourcen bieten wie natürliche oder naturnahe Waldlebensräume. Sogar bebaute Gebiete können beträchtliche Nahrungsmöglichkeiten für Hummeln bieten. Es gibt daher eine Reihe von Studien, die städtische Lebensräume als geeignete Landschaften für Hummeln ausweisen (McFrederick und LeBuhn 2006, Glaum et al. 2017, Reeher et Al. 2020). 

Wälder sind für den Hummelschutz ein kostengünstiges Erhaltungsmittel, um Nahrungs-, Nist- und Überwinterungshabitate bereitzustellen. Wälder verdienen daher mehr Aufmerksamkeit bei Schutzmaßnahmen für Hummeln, zumal sie auch mit den Schutzzielen anderer Arten vereinbar sind.

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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