Bienen benötigen diverse Wälder

  • Veröffentlicht am: 09.08.2023

Dichte Blätterdächer lassen kaum Licht für blühende Pflanzen im Unterholz. Foto: Sebastian Unrau/Unsplash

Bienen verbindet man gemeinhin mit blühenden Wiesen und weniger mit dichten Wäldern. Allerdings ist der Wald der ursprüngliche Lebensraum der Westlichen Honigbiene Apis mellifera, da er Nistplätze in Form von Baumhöhlen bietet. Welche Rolle Wälder heute als Lebensraum für Honigbienen spielen, dem ist ein Team von Wissenschaftlern nachgegangen.

Das Forscherteam nutzte für die Studienarbeit zwölf Beobachtungsstöcke im Steigerwald, wobei der Waldanteil für jedes Bienenvolk variierte.

Das Ergebnis war überraschend, denn die Bienen nutzen den Wald weit weniger als erwartet. Völker, die tief im Wald lebten, mussten oft weite Strecken zur Nahrungsbeschaffung zurücklegen.
Aufschluss über die Flugdistanzen gab der Schwänzeltanz, denn die Wissenschaftler filmten insgesamt 2022 dieser Darbietungen und analysierten sie im Anschluss. Weil die Bienen ihren Artgenossinnen bei diesen Tänzen auch den ungefähren Standort einer Futterquelle mitteilen, konnten so Rückschlüsse auf Sammeldistanzen und Habitatpräferenzen gezogen werden.

„Speziell im Spätsommer war die Versorgung mit Pollen im Wald nicht oder nur unzureichend gewährleistet, obwohl gerade dies eine kritische Zeit für die Bienenvölker und ihre Brut ist“, so Benjamin Rutschmann von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Einer der Hauptgründe dafür sei die Buche, die im Steigerwald über 40 Prozent des Baumbestands ausmacht und der Biologe weiter: „Buchenwälder sind dunkel, da wächst nicht viel am Boden. Kaum eine Pflanze kommt nach dem Kronenschluss mit den Lichtverhältnissen in Buchenwäldern klar, also fehlt die so wichtige diverse Krautschicht.“

Honigtautrachten oder blühenden Baumarten, etwa Linde, Robinie und Kastanie oder Sträucher wie Brom- und Himbeere bieten den Bienen zwar während kurzer Zeiträume im Jahr eine wichtige Kohlenhydratquelle und teilweise auch Pollen als Proteinquelle; die Bienen brauchen allerdings über die ganze Saison ein ausgewogenes Nahrungsangebot. „Für ein bienenfreundlicheres Umfeld sollten Waldbestände mit insektenbestäubten Bäumen – Kirsche, Linde, Ahorn, Weide, Roß- oder Edelkastanie – diversifiziert werden“, rät Benjamin Rutschmann. Sekundäre Sukzessionen, also die natürliche Rückkehr der für einen Standort typischen Flora und Fauna, in Waldlücken zuzulassen, könnte dabei helfen.

Als wäre die mangelnde Nahrung nicht schon Problem genug, kommt für wildlebende Honigbienenvölker in bewirtschafteten Wäldern noch das geringe Angebot an Baumhöhlen erschwerend hinzu.

In einem möglichen nächsten Schritt könnte der Vergleich zu anderen europäischen Waldgebieten mit abweichender Baumartenzusammensetzung und Bewirtschaftung untersucht werden: „Speziell der Vergleich mit geschützten Gebieten, wo größere Störungen auftreten, wäre spannend“, so Benjamin Rutschmann. Mehr natürliche Störungen und weniger Optimierung für wirtschaftliche Zwecke dürfte nicht nur die Blütenvielfalt im Wald erhöhen, sondern auch die Überlebenschancen wildlebender Bienenvölker verbessern.

Die Honigbiene benötigt demnach einen diverseren Wald als Lebensraum. Einmal etabliert, trägt sie im Gegenzug auch maßgeblich zum Erhalt der Biodiversität bei. Die überwältigende Mehrheit der Pflanzen ist nämlich auf Fremdbestäubung angewiesen. Die Honigbiene wiederum gehört, neben zahlreichen anderen Wildbienenarten, zu den wichtigsten Bestäubern.

Von einem diverseren Wald profitiert nicht nur die Biene, sondern letztlich auch der Wald selbst – ein diverses Ökosystem ist ein gesundes Ökosystem und etwa weniger anfällig für Schädlingsbefall. „Der Umbau der Wälder zu artenreichen Laubmischwäldern fördert nicht nur die Biodiversität, sondern auch die Anpassung an künftige Klimabedingungen“ betont Ingolf Steffan-Dewenter von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Literaturstelle: 

Benjamin Rutschmann, Patrick L. Kohl, Ingolf Steffan-Dewenter: Foraging distances, habitat preferences and seasonal colony performance of honeybees in Central European forest landscapes, in: Journal of Applied Ecology. https://doi.org/10.1111/1365-2664.14389

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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