Kleine Wildbienen leiden unter Honigbienen in Städten
Honigbienen haben inzwischen auch Montréal erobert und machen dort einigen Wildbienen mächtig Druck. Foto: Ilana Grostern/Unsplash
Die Imkerei in Städten ist weltweit in Mode gekommen. Vielen Menschen gilt sie als Weg, bedrohte Bestäuber zu erhalten. Mehr Bestäuber in den Städten führen aber nicht zu mehr Nahrungsangeboten für die Insekten und so treten sie in einen Wettbewerb um die Ressourcen ein. Dabei scheinen kleine Arten von Wildbienen schnell den Kürzeren zu ziehen.
Städtische Siedlungen weisen häufig eine überraschend artenreiche Vielfalt bestäubender Insekten auf. Dies wird auf die Heterogenität urbaner Umgebungen, den geringen Einsatz von Agrochemikalien und eine fast ganzjährig verfügbare artenreiche Blumengemeinschaft zurückgeführt.
In den letzten Jahren ist jedoch auch die Haltung von Westlichen Honigbienen Apis mellifera in städtischen Gebieten stark in Mode gekommen. Von vielen Menschen wird ihre Haltung als Möglichkeit betrachtet, dem Rückgang der Bestäuber etwas wirksam entgegenzuwirken. Dabei können städtische Imkereien eine neue Bedrohung für Wildbienengemeinschaften darstellen. Honigbienen können einen negativen Einfluss auf einheimische und wilde Bienenpopulationen nehmen, weil sie mit ihnen im Wettbewerb um Blütenressourcen stehen. Zudem können Honigbienen Krankheitserreger auf Wildbienen übertragen.
Wie in vielen Städten der Welt hat auch in Montréal die Imkerei in der gesamten Stadt stark zugenommen. Nach einer Untersuchung der Bienenvielfalt aus den Jahren 2012 und 2013 stieg die Zahl der Honigbienenvölker in der Metropole von 328 auf rund 3.000 an. In einer aktuellen Studie untersuchte ein Team von Wissenschaftlern nun erneut die Wildbienengemeinschaften und floralen Ressourcen in städtischen Grünflächen. Die neue Erhebung im Rahmen der Studie fand im Jahr 2020 statt, wobei die Untersuchung an denselben Standorten durchgeführt wurde. Die Daten wurden von den Forschern mit der zurückliegenden Erhebung verglichen.
Im Jahr 2020 wurden insgesamt 6.217 Bienen an 15 Standorten gefangen, davon 3.926 Wildbienen aus 22 Gattungen und 120 Arten sowie 2.291 Honigbienen. Im Vergleich dazu wurden 5.171 Wildbienen aus 163 Arten im Jahr 2013 gefunden, dabei mit 122 Individuen nur sehr wenige Honigbienen.
Standortübergreifend wurden insgesamt 250 verschiedene Pflanzenarten erfasst.
Trotz der natürlichen räumlich-zeitlichen Variation in der Zusammensetzung der Bienengemeinschaft und der Komplexität konkurrierender Interaktionen zwischen Bienenarten haben die Forscher eine signifikant negative Beziehung zwischen der Häufigkeit von Honigbienen und dem Reichtum an Wildbienen festgestellt.
Der Artenreichtum von Wildbienen ging mit zunehmender Häufigkeit von Honigbienen deutlich zurück, wobei die Häufigkeit der Wildbienen insgesamt nicht durch die Häufigkeit von Honigbienen beeinflusst wurde. Allerdings nahm die Zahl kleiner Bienenarten mit zunehmender Häufigkeit der Honigbienen signifikant ab.
Die Wissenschaftler beschreiben die Imkerei als eine Form der Viehhaltung, bei der im Gegensatz zu den meisten Nutztieren die Bienen nicht vom Imker ernährt werden müssen. Honigbienen sind im Gegensatz zu den meisten Nutztieren hochmobile Organismen, die sich frei bewegen und florale Ressourcen in ihrer Umgebung ausnutzen können.
Wenn Honigbienen zusätzlich in eine Stadt gelangen, führt dies aber nicht automatisch zu einer Zunahme von Pollen und Nektar. Dadurch nimmt die Konkurrenz zwischen Bienenarten zu, wenn die Blütenressourcen begrenzt bleiben. Kleine Bienen stehen ganz offensichtlich aufgrund ihrer begrenzten Nahrungsreichweite unter einem starken Konkurrenzdruck beim Zugang zu floralen Ressourcen.
MacInnis G, Normandin E, Ziter CD. 2023. Decline in wild bee species richness associated with honey bee (Apis mellifera L.) abundance in an urban ecosystem. PeerJ 11:e14699