Selbstbestäubende Pflanze verlieren genetische Vielfalt

  • Veröffentlicht am: 26.01.2023

Die in der Studie untersuchte Gelbe Gauklerblume wird auch hierzulande als Zierblume gepflanzt. Foto: Andrey Zharkikh/Flickr, CC BY 2.0

In einer experimentellen Studie zeigte ein Team von Wissenschaftlern, dass ohne Hummeln als Bestäuber eine blühende Pflanze, die sich selbst prinzipiell selbst bestäuben kann, innerhalb von nur neun Generationen einen erheblichen Teil ihrer genetischen Variation verloren hatte.

Gelbe Gauklerblumen Mimulus guttatus verloren 13 % bis 24 % ihrer genetischen Variation im Vergleich zur untersuchten Gruppe, in denen die Pflanzen durch Hummeln bestäubt wurden. Dieser Verlust könnte die Pflanzen ihrer Fähigkeit berauben, sich an Umweltherausforderungen anzupassen. Angesichts des Rückgangs von Bienen-Populationen in der Natur weisen die Ergebnisse auf ernsthafte Probleme für Wild- und Nutzpflanzen hin.

„Wir haben festgestellt, dass es in sehr kurzer Zeit große Auswirkungen auf die Genome der Pflanzen gab, wenn sie sich selbst bestäuben müssen“, so Studienautor Jeremiah Busch von der Washington State Universität.

Bestäuber sind an sich wichtig für die Biodiversität, aber die Studie zeigt, dass ihr Rückgang auch potenziell verheerende Auswirkungen auf Pflanzen haben wird, und zwar schneller als bisher angenommen.

„Wenn Bestäuber verloren gehen, wird dies nicht nur ein Problem für die Bestäuber sein: Pflanzen-Populationen werden in Dutzenden Generationen genetischer Variationen verlieren – nicht Tausende, sondern Dutzende“, erklärt Jeremiah Busch.

Während Wissenschaftler in einer Selbstbestäubung schon vor Durchführung dieser Studie eine Bedrohung für das langfristige Überleben einer Pflanzenart sahen, wussten sie nicht genau, wie es genetisch funktioniert und wie schnell.

Das Team der Forscher richtete ein kontrolliertes Experiment in Gewächshäusern für die Gelbe Gauklerblumen ein, einer im Westen der Vereinigten Staaten verbreiteten Wildblume. Eine Gruppe Pflanzen wurde von ihren Bestäubern isoliert. Erst produzierten diese Pflanzen wenige Samen, danach viele, nachdem sie sich an die Selbstbestäubung angepasst hatten. Die Blüten veränderten sich auch mit ihren männlichen und weiblichen Fortpflanzungsteilen, den Spitzen ihrer Staubblätter und Stempel, und rückten näher zusammen, um so die Übertragung von Pollen zu erleichtern.

Während sich die selbstbefruchtenden Pflanzen weiter reproduzierten, verloren sie im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die von Hummeln besucht wurde, einen Teil ihrer genetischen Variation.

Anpassung ist der Schlüssel zur Erklärung dieser überraschenden Rückgänge, erklärt Jeremiah Busch. In der Selbstbestäuber-Population breitet sich ein bevorzugter Genotyp aus, wenn er einen Vorteil hat, aber auch alle anderen Mutationen, die er umfasst. Dieses Phänomen des „genetischen Trampens“ ist viel weniger ausgeprägt, wenn Bienen Pflanzen besuchen, da die Nachkommen eine Mischung aus der genetischen Variabilität ihrer Eltern sind.

Starke Inzucht verändert die Folgen der Anpassung grundlegend. Zukünftige Forschungen sollten Pflanzen über einen längeren Zeitraum verfolgen, um zu ermitteln, ob und wann der Verlust der genetischen Variation zum Zusammenbruch der Population führe, so die Wissenschaftler der aktuellen Studie.

„Ein wirklich wichtiger nächster Schritt besteht darin, zu sehen, wie schnell die Lebensfähigkeit hochgradig durch Inzucht geprägter Gruppen im Laufe der Zeit abnimmt – um zu wissen, wie schnell diese Populationen aussterben werden“, sieht Jeremiah Busch die nächsten Schritte. „Wir müssen wirklich verstehen, welche Folgen der Verlust von Bestäubern hat. Es wird für wilde Populationen von Pflanzen und Feldfrüchten von Bedeutung sein. Viele Nutzpflanzen sind von Bienen abhängig.“

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
Indexierung