Brutpflegeverhalten bei Israelischem Akuten-Bienenparalyse-Virus
Larven sind ideale Träger für Krankheitserreger im Bienenvolk; in der Grafik die Darstellung des Versuchsaufbaus. Quelle: Taylor & Dolezal 2024, CC BY 4.0 DEED
Zum Schutz vor übertragbaren Krankheiten nutzen soziale Insekten die soziale Immunität – verhaltensbezogene, physiologische und organisatorische Mittel, um die Übertragung und Schwere von Krankheiten zu bekämpfen.
In einem Honigbienenvolk werden die Larven unzählige Male von den Ammenbienen besucht. Dadurch sind sie ideale Überträger für Krankheitserreger. In einer aktuellen Studienarbeit wurde die mögliche soziale Immunreaktion auf eine Infektion mit dem Israelischen Akuten-Bienenparalyse-Virus (IAPV) bei der Brutpflege untersucht. Die beiden Wissenschaftler testeten, ob Honigbienen mit Verhaltensweisen reagieren, die zu einer verringerten Brutpflege führen, oder ganz im Gegenteil zu einer erhöhten Brutpflege.
In ihren Untersuchungen haben die Forscher drei unterschiedliche Varianten verglichen: Es waren 0 %, 50 % oder 100 % der Ammenbienen experimentell mit IAPV infiziert worden.
Innerhalb der Gruppen wurden exponierte Honigbienen mit nicht exponierten Bienen verglichen. Hinweise auf eine soziale Immunantwort auf Gruppenebene waren nicht zu erkennen. Allerdings interagierten exponierte Bienen einzeln häufiger mit Larven als ihre nicht exponierten Schwestern. Dies könnte die Virusübertragung von erwachsenen Tieren auf die Larven erhöhen. Es könnte aber auch eine hygienische Auswirkung auslösen, um das Grooming zu intensivieren, wenn eine Infektion vorliegt.
Die Larven erhielten allerdings immer den gleichen Umfang an Gesamtpflege.
Ein Vermeidungsverhalten könnte - übermäßig ausgeprägt - dazu führen, dass Larven unzureichend versorgt werden, was sich nachteilig auf die Gesundheit der gesamten Volksentwicklung auswirkt. Vergleichbare Reaktionen wurden bei Untersuchungen von Pusceddu al. 2021 mit anderen Bienenpathogene und Parasiten wie Varroa destructor beobachtet: Während Ammenbienen unter Varroa-Befall leiden, verlassen sie die Brut nicht, obwohl die Ammenbienen das Hauptvehikel für die Varroa-Ausbreitung darstellen.
In der Gruppenumgebung, in der 50 % der Ammenbienen mit IAPV infiziert waren, stellten die Forscher fest, dass die mit IAPV infizierten Honigbienen deutlich stärker mit den Larven interagierten.
Diese Feststellung könnte darauf beruhen, dass die IAPV-Infektion einer Ammenbiene mit einer Verhaltensmanipulation einhergeht, damit sich das Virus besser verbreiten kann.
Honigbienen können zwar soziale Immunreaktionen auf Virusinfektionen zeigen, von IAPV ist seit Geffre et al. 2020 bekannt, dass sie die Profile der kutikulären Kohlenwasserstoffe (CHC) bei erwachsenen Honigbienen manipulieren kann mit dem Ziel, dass infizierte Honigbienen leichter in fremde Kolonien aufgenommen werden, um die Infektion zu verbreiten. Es ist daher ebenso denkbar, dass IAPV das Brutpflegeverhalten verändert, um seine eigene Übertragung zu begünstigen: Häufigere Interaktionen mit der Larve können zu einem höheren Risiko einer Virusübertragung führen.
Ein anderer Aspekt, der das Verhalten infizierter Honigbienen erklärt, ist die soziale Immunität: Der Kontakt mit einem Parasiten oder Krankheitserreger fördert die natürliche Hygienereaktion der Bienen, bei der Arbeiterinnen die Brut inspizieren und tote, infizierte oder verletzte Individuen entfernen wie Spivak & Danka 2021 zeigten. Da die infizierten Ammenbienen durch eine subletale Virusinfektion stimuliert wurden, sind sie möglicherweise wachsamer für das Vorhandensein eines Krankheitserregers in ihrer Umgebung als ihre gesunden Nestkameradinnen. Diese Bienen können die Larve dann häufiger untersuchen, um festzustellen, ob die Larve auch Anzeichen einer Infektion aufweist.
Die in der aktuellen Studienarbeit für die Untersuchungen verwendeten Gruppengrößen waren von beschränkter Größe. Zudem wurden Verhaltensweisen nur über einen Zeitraum von fünf Minuten aufgezeichnet.
Die Ergebnisse zeigen, wie komplex die Krankheitsdynamik in komplexen sozialen Tiersystemen sein kann. Es ist möglich, dass längere Kontaktzeiten zwischen den Arbeiterinnen und den Larven eine stärkere Reaktion hervorrufen. Insofern müsste in künftigen Studien die Krankheitsdynamik in einem größeren Maßstab untersucht werden.
Taylor, L.N., Dolezal, A.G. The effect of Israeli acute paralysis virus infection on honey bee brood care behavior. Sci Rep 14, 991 (2024). https://doi.org/10.1038/s41598-023-50585-4