Gehwege als Nistplätze
Sand zwischen Kopfsteinpflaster ist ideal für Nistplätze. Foto: Sophie Lokatis/Weber et al. 2024, CC BY 4.0
Bestäuberfreundliche Blühstreifen und -wiesen werden inzwischen auch von einigen Städten bei der Anlage und Pflege von Grünflächen berücksichtigt, vielfach in Wohngebieten. Wie das Ergebnis einer Studie zeigt, leben Menschen in Städten zunehmend nicht nur Tür an Tür mit den Bestäubern, sondern trampeln sogar quasi auf ihnen herum. Denn bodennistende Wildbienen und Blattwespen nisten häufig in den Zwischenräumen städtischer Gehwege.
Die Studie wurde an zwölf Standorten in Berlin durchgeführt, jeweils an einem 200 m langen Gehweg. Die Gehwege bestanden aus größeren Granitfliesen, flankiert von kleineren Steinen, einem typischen Muster für Gehwege in Berlin. Die Lücken zwischen den Platten und Steinen sind größtenteils mit Sand gefüllt und bieten potenzielle Nistplätze für bodenbewohnende Insekten.
Nesteingänge wurden in Zwischenräumen unabhängig von der Steingröße gefunden, allerdings ist die grabbare Oberfläche zwischen kleineren Pflastersteinen deutlich größer.
Die Untersuchungsstandorte befanden sich alle in Wohngebieten mit regelmäßigem, aber nicht übermäßigem Fußgängerverkehr.
Gehwege im Umkreis von 200 m um insektenfreundliche Blühflächen enthielten deutlich mehr Nester von Wildbienen und Solitärwespen und sie wiesen einen höheren Artenreichtum auf.
Der Grad der versiegelten Oberflächen in der Umgebung hatte an sich keinen Einfluss. Insofern haben insektenfreundliche Blühflächen auf Bestäuber einen positiven Einfluss, sogar in stark versiegelten Bereichen. Kopfsteinpflaster zeigte sich als besonders wertvoll im Hinblick auf Nistplätze in stark versiegelten städtischen Gebieten.
Die Wissenschaftler trafen auf eine vielfältige Insektenfauna auf städtischen Gehwegen mit insgesamt 66 Arten aus verschiedenen Gruppen von Wildbienen, solitären und parasitoiden Wespen, Ameisen und Fliegen, davon 55 bodennistenden Wildbienen und -wespen.
Sand ist wichtiges Fugenmaterial
Während viele Gehwege noch in ihrem ursprünglichen, lückenhaften Stil erhalten sind, werden ehemals mit Sand gefüllte Zwischenräume inzwischen durch Beton oder vergleichbar undurchlässige Materialien ersetzt oder es werden größere Platten verlegt, wodurch die potenziell bewohnbare Fläche verringert wird.
Städtische Gebiete bevorzugen höhlenbrütende Wildbienen gegenüber bodenbrütenden Bienen überproportional durch die Bereitstellung entsprechend geeigneter (oder eben fehlender) Nistplätze, auch Wildbienen-Hotels.
Die Integration evidenzbasierter Stadtplanungs- und Naturschutzstrategien kann die Ökosystemdienstleistungen der Bestäubung auf lokaler und landschaftlicher Ebene verbessern. Unter den richtigen Bedingungen können Städte zahlreiche Blütenressourcen für wilde Bestäuber wie Bienen und Wespen aufrechterhalten: Städtische Privat- und Gemeinschaftsgärten, Straßenbäume, Zierbeete und Gründächer bieten Bienen, Wespen und anderen bestäubenden Insekten Pollen und Nektar.
Die Notwendigkeit, die Biodiversität in die Stadtplanung zu integrieren, wurde von Gemeinden und Stadtverwaltungen weltweit erkannt, insbesondere weil auch die städtische Natur eine Vielzahl wichtiger Ökosystemdienstleistungen erbringt.
Direkt vor unserer Haustür könnten auch in Städten wesentlich mehr Räume für das Zusammenleben vieler Arten entstehen.
Weber, C., Noël, G., Sickel, W. et al. Urban pavements as a novel habitat for wild bees and other ground-nesting insects. Urban Ecosyst 27, 2453–2467 (2024). https://doi.org/10.1007/s11252-024-01569-3