Stiftung Warentest im Kreuzfeuer der Imkerverbände

Mancher Imkerverband verlor die Contenance. Quelle: Stiftung Warentest
In der April-Ausgabe war Honig das Titelthema bei Stiftung Warentest. Das erfreuliche Ergebnis: „Viel Geschmack und wenige Schadstoffe.“ Dass Produkte von Discountern mit importiertem Honig gut abschnitten und teure Honige aus Deutschland eher enttäuschten, ließ die hiesigen Imkerverbände Sturm laufen und teils die Contenance vergessen.
Eigentlich hätte man sich freuen können, dass die angebotenen Honige insgesamt gut abschnitten. Obwohl Honig (weltweit betrachtet) eines der am häufigsten verfälschten Lebensmittel ist, stießen die Tester der Stiftung Warentest auf keinen derartigen Fall.
24 Blütenhonigen wurden insgesamt getestet: 14 der Honige wurden gut, sechs nur ausreichend und einer mangelhaft beurteilt. Klingt doch gar nicht so schlimm?!
„Auch wenn Honig als eines der meistverfälschten Lebensmittel gilt – Hinweise auf Panschereien haben wir nicht gefunden“, so Ina Bockholt, Ernährungsexpertin der Stiftung Warentest. „Die meisten Honige sind sensorisch gut. Die Unterschiede liegen vor allem im Preis. Den Testsieger gibt es für rund 13 Euro pro Kilogramm. Deutlich günstiger sind sieben gute Honige von Handelsmarken der Discounter und Supermärkte im Test. Sie kosten oft weniger als die Hälfte.“
Ausgerechnet zwei Honige im Glas des Deutschen Imkerbundes fanden sich in der Rangliste mit einem „ausreichend“ auf den Plätzen 18 und 20 wieder. Und auch den letzten Preis belegte ein deutscher Honig mit der Bewertung „mangelhaft“. Er hatte sich im Glas entmischt.
Der Deutsche Imkerbund äußerte sich in einer Verbandsmitteilung zu den Testergebnissen und war um Schadensbegrenzung sichtlich bemüht. Denn die beiden ausreichend getesteten Honige stammten von Abfüll-Betrieben, die große Mehrheit der Honige werde dagegen direkt von Imkern selbst abgefüllt.
Damit liegt der deutsche Imkerbund mit Sicherheit richtig, aber das Glas steht eben auch Abfüllern zur Verfügung, was man nicht der Stiftung Warentest anlasten kann. Diese Möglichkeit hat schließlich der Deutsche Imkerbund eröffnet. Die Stiftung Warentest hätte sich während des Tests als pingelig in der Auslegung bestimmter beschönigender Aufdrucke gezeigt: Der Etikettenaufdruck „Spitzenqualität“ wurde als besondere „Premium“-Auslobung angesehen. Eine Abwertung sei nicht gerechtfertigt, so der Deutsche Imkerbund, da „bislang kaum eine staatliche Lebensmittelkontrollstelle den Aufdruck ‚Spitzenqualität‘ mit ‚Premium‘ gleichgesetzt“ habe. Die Stiftung Warentest ist aber keine staatliche Stelle, sondern versetzt sich in die Rolle der Verbraucher. Ihre Anforderungen können daher durchaus andere sein. Dass es die Etiketten in unterschiedlichen Aufdrucken gibt, scheint in der Praxis wohl weniger eine Rolle zu spielen. Für die Nutzung der „Spitzenqualität“ müssen die Honige die strikteren Werte für Invertase und Hydroxymethylfurfural (HMF) erfüllen. Wer das sicherstellen will, muss eine vorherige Laboranalyse beauftragen. Für Hobby-Imker ist das finanziell kaum wirtschaftlich. Aber wer verzichtet schon freiwillig auf die werbende Bezeichnung „Spitzenqualität“?
Und ein Blick auf die Internetseite des Deutschen Imkerbundes verrät, dass die eigene Marke „Echter Deutscher Honig“ eben doch mit Premium-Qualität gleichzusetzen ist: „Seit 1925 steht die Marke Echter Deutscher Honig für kontrollierte Premium-Qualität, Regionalität, naturbelassenen Genuss, Naturschutz und Artenerhalt.“ Das klingt nicht nur nach Premium, sondern verspricht Kontrolle und Honig aus der Region.
Die Regionalität ist ein weiteres Problemfeld, das die Stiftung Warentest zum Glück nicht eröffnet hat: Der Honig muss lediglich aus dem Trachtgebiet der Bundesrepublik Deutschland stammen. Wenn etwa ein Imker in Friesland Weißtannenhonig aus dem Allgäu zukauft und als Abfüller auf dem Glas steht, ist das für den Deutschen Imkerbund unproblematisch. Nur: Die meisten Kunden werden es so verstehen, dass der Honig regional vor Ort erzeugt wurde. Der Name des Imkers aus Friesland steht ja schließlich auf dem Glas.
Die Stiftung Warentest bemängelt im Übrigen durchaus anderen „Etikettenschwindel“. Und er traf andere Honigabfüller: Das Etikett von Dennree zeigt eine Blumenwiese, obwohl vor allem Raps- und Baumpollen nachweisbar waren. Alnaturas Vielblütenhonig enthielt vor allem Pollen von Sonnenblumen und Fetthennen. Also eher wenig Vielfalt.
Der Deutsche Imkerbund bemängelt zudem, dass die Beanstandung der Sensorik-Ergebnisse den Vorgaben der Honigverordnung widersprechen würde. Blütenhonige würden sich gerade dadurch auszeichnen, dass sie keinen einheitlichen Geschmack hätten und immer zulässig seien, sogar bei Sortenhonigen wie Rapshonig.
Dieser spitzfindigen Auslegung des Imkerbundes kontert die Stiftung Warentest einmal mehr mit der Sicht der Verbraucher.
„Die sensorischen Eigenschaften sollten auch bei Mischblütenhonigen grundsätzlich zur Pollenanalyse passen. So wurden zum Beispiel bei mehreren Honigen leichte, Raps-typische Kohlnoten festgestellt, die zur Pollenanalyse - überwiegend Raps - passten“, so Wartentest-Sprecherin Christiane Lang auf Nachfrage von bienen-nachrichten.de. „Beschrieben wurden diese in unserem Test als ‚leichte Rapsnote‘. Anders verhielt es sich bei einem Honig, bei dem nicht nur die sensorische (‚typisch für einen Rapshonig‘), sondern auch die mikroskopische und die physikalisch-chemische Untersuchung belegte, dass es sich um einen Rapshonig handelt. Ein Rapshonig ist ‚untypisch für einen Blütenhonig‘. Deshalb erhielt der Honig ein befriedigendes sensorisches Urteil.“
Als Vorteil des echten deutschen Honigs stellt der Deutsche Imkerbund auf seiner Internetseite dar, dass bei Sortenhonigen eine aufwendige Pollenanalyse sicherstelle, „dass auch drin ist, was draufsteht.“ Fragen Sie den Hobby-Imker des Vertrauens besser nicht, ob er beim Verkauf eines Sortenhonigs auch die dazugehörige Pollenanalyse nachweisen kann.
Angriff ist die beste Verteidigung?
In einer gemeinsamen Stellungnahme des Deutschen Erwerbs- und Berufsimkerbund e. V. und Landesverband Rheinland-Pfalz e. V. wird der Stiftung Warentest unterstellt, mit dem Test ein Gefälligkeitsurteil geliefert zu haben. „Stiftung Warentest ist längst kein unabhängiger Akteur mehr: Wirtschaft und Politik geben den Ton an. Seriös getestet wurde hier nicht [...] Verwaltungsrat und Kuratorium sind von Staatsbediensteten und Wirtschaftslobbyisten besetzt, Vertreter der Industrie vom BDI über den Markenverband bis zum Handelsverband Deutschland. Diese Strukturen lassen tief blicken, denn das Kuratorium kann bestimmen, was getestet wird und was nicht! Der einstmals gute Ruf der Testredaktion wird nun offenbar gezielt benutzt und missbraucht. Testablauf und Testergebnis genügen keinesfalls der wissenschaftlichen Sorgfalt. [...]“
Die drei Gremien der Stiftung Warentest – Verwaltungsrat, Kuratorium und Fachbeiräte – setzen sich tatsächlich aus drei Säulen zusammen: Verbrauchervertreter, unabhängige Sachverständige und Anbieter. Weder Kuratorium noch Verwaltungsrat können allerdings bestimmen, was getestet wird und was nicht. „Auch kann man die Stiftung Warentest nicht beauftragen, ein bestimmtes Segment oder Produkt zu testen“, versichert Christiane Lang. „Wir gingen beim vergleichenden Warentest von Honig wie bei all unseren Untersuchungen objektiv, neutral und sachkundig vor. Im Testgeschehen ist es uns gleichgültig, welches Produkt wir von uns haben: Alle Produkte sind verschlüsselt und werden von allen Testbeteiligten (unter anderem Prüfinstitute, Projektleitung, Verifikation) anonym behandelt.“
Der Neue Imkerbund kritisiert insbesondere, dass die „international anerkannte, gerichtsfeste“ DNA-Methode nicht verwendet wurde, um Verfälschungen zu erkennen; die Berufsimker üben daran gleichermaßen heftige Kritik.
Bei dieser Methode geben „die genetischen Marker im Produkt eindeutig Auskunft über ihre Herkunft und Zusammensetzung“. Diese Methode beschreibt lediglich die Extraktion von DNA aus Pollen in Honigen zur anschließenden Überprüfung der Eignung der isolierten DNA für die Analytik „Gentechnisch veränderter Organismen“ (GVO). „Sie ist keine Methode zur Verfälschungsprüfung im Sinne der Metagenomanalytik. Wir haben diese Methodik im Übrigen angewandt, um etwaige nicht zugelassene GVO in den Honigen nachzuweisen“, so Christiane Lang. „Um auf Verfälschungen mit Zuckersirupen zu prüfen, haben wir mehrere anerkannte, reproduzierbare und fortschrittliche Authentizitätsmethoden angewendet.“
Echter Honig kommt nur aus Deutschland?
Für die deutschen Imkerverbände ist auch die „völlig unklare Ursprungsangabe ‚Honig aus EU- und Nicht-EU-Ländern‘“ ein rotes Tuch. Unter dem Punkt „Deklaration“ hätten sie entsprechend eine Abwertung erwartet. Aktuell sind genauere Herkunftsangaben aber noch nicht vorgeschrieben.
„Bei Honigen, die schon heute spezifischere Herkunftsangaben trugen, haben wir das positiv in unserer Bewertung berücksichtigt“, erläutert Christine Lang. „In diesen Fällen wurden die Herkunftsangaben auch überprüft. Wir haben eine unspezifische Herkunftsangabe im Deklarationsurteil negativ gewertet. Darüber hinaus gingen zahlreiche andere Kriterien in die Deklarationsbewertung ein.“
Manche unangenehmen Dinge geraten auch gerne in Vergessenheit: Vor rund 15 Jahren flog ein Hamburger Händler auf, der gefälschten Honig – überwiegend aus China – in die Vereinigten Staaten importierte. Zum damaligen Zeitpunkt sprach das US-Justizministeriums vom größten Schmuggelskandal mit Lebensmitteln der US-Geschichte. Von 15 angeklagten Personen waren allein zehn Deutsche. Sollte das zum Rückschluss verleiten, dass sich die Deutschen besonders gut beim Honigfälschen auskennen?
Die deutschen Imkerverbände täten gut daran, darauf zu verzichten, Honig aus Deutschland als die einzig wahrhaftigen Honige darzustellen. Letztlich fügen sie Honig beim Verbraucher dadurch Schaden zu. Honigbienen gibt es (inzwischen) fast auf der ganzen Welt und die Bienen produzieren ihn stets nach demselben Prinzip. Imker, die ihr Handwerk verstehen, sind ebenfalls allerorts anzutreffen. Alles andere ist reichlich vermessen. Guter Honig kann daher prinzipiell von überall herkommen. So überraschend ist das wirklich nicht.
Viele im Ausland produzierten Honig sind (deutlich) günstiger als hiesige Produkte. Nur auf den Preis bezogen können hierzulande produzierte Honige daher nicht mithalten. Das sollte man seinen Kunden gegenüber einfach ehrlich kommunizieren. Die meisten werden es ganz sicher nachvollziehen können.