Honigbienen leben länger ohne Neonicotinoide und ohne Nahrungsmangel

  • Veröffentlicht am: 02.05.2018

Gute Nahrungsquellen sind für Bienen ebenso wichtig wie der Verzicht auf Gifte in ihrer Umwelt. Foto: Niels Gründel

Honigbiene sind wichtige Bestäuber für landwirtschaftliche Produkte. Die Gesundheit von Bienen ist von mehreren Faktoren abhängig, einschließlich Ressourcenqualität und Pestizidbelastung. Insbesondere in intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen mit weitläufigen Monokulturen können Qualität und Quantität der verfügbaren Nährstoffe vermindert sein, die Belastung mit Pestiziden ist wahrscheinlich. Bislang gibt es jedoch keine Untersuchungen zu synergetischen Effekten von Pestiziden und Ernährungsstress. Eine aktuelle Studie hat sich nun dieser Thematik gewidmet. Die Ergebnisse haben Auswirkungen auf die aktuelle Risikobewertung von Pestiziden.

Die Neonicotinoide Clothianidin und Thiamethoxam sind weltweit verbreitete systemische Pestizide, die in Nektar und Pollen vorkommen. Ein Team von Wissenschaftlern testete daher, welche Auswirkungen ein begrenzter Zugang zu Nektar und ein Zugang zu Nektar mit geringen Zuckerkonzentrationen in Kombination mit einer subletalen, feldrealistischen akuten Exposition gegenüber den Neonicotinoiden Clothianidin und Thiamethoxam (bei 1/5 und 1/25 von LD50) auf die Bienen hat. Untersucht wurde deren Überlebensrate, ihre Nahrungsaufnahme und der Zuckerspiegel in ihrer Hämolymphe.

Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass eine gute Pollen-Diät die Resistenz von Honigbienen gegenüber Pestiziden erhöhen kann und dass die Qualität der Nahrung die Wirkung von Toxinen auf die Gesundheit der Insekten beeinflusst. Die aktuelle Studie hat nun aber negative Effekte einer kalorienreduzierten Ernährung bei einer gleichzeitigen Belastung durch Pestizide nachgewiesen.

Das Überleben der Bienen wurde durch die Kombination von schlechter Ernährung und Belastung mit Pestiziden reduziert (- 50 %). Ernährungs- und Pestizid-Stress verringerten auch den Nahrungsverbrauch (- 48 %) und den Gehalt von Glukose (- 60 %) und Trehalose (-27 %) in der Hämolymphe. Feld-realistischer Nährstoffstress und eine gleichzeitige Pestizid-Exposition interagieren und können das Überleben der Tiere erheblich beeinträchtigen.

Honigbienen ohne Ernährungsstress wurden durch die feldrealistischen Dosierungen der Neonicotinoide dagegen nicht signifikant verändert, solange sie mit qualitativ hochwertigen und quantitativ ausreichend Nahrung versorgt wurden.
Nachteilige synergetische Effekte von Neonicotinoiden und schlechter Ernährung trat innerhalb von zwei Stunden auf und dauerten bis zu einem Tag an. Das Hungern war weniger schwerwiegend als die Pestizidbelastung: Bienen überlebten länger, wenn sie eine pestizidfreie Diät ohne Nährstoffe (reines Wasser) erhielten, verglichen mit Bienen, die eine Zuckerdiät von geringem Nährwert, aber mit einer subletalen Pestiziddosis bekamen.

Die Kombination von Ernährungs- und Neonicotinoid-Stressoren reduzierte auch den Nahrungsverbrauch. In allen Verbrauchsexperimenten erhielten die Bienen nur reine Saccharose-Lösungen. Neonicotinoide wurden getrennt verabreicht, bevor der Verbrauch gemessen wurde. Der Verbrauch wurde daher nicht durch das Vorhandensein von Neonicotinoiden in den Saccharose-Lösungen beeinflusst. Solange die Honigbienen mit hochwertiger Nahrung versorgt wurden, änderte sich ihr Konsum durch eine vorherige Neonicotinoid-Exposition nicht signifikant. Alle akuten Dosen von Clothianidin reduzierten jedoch signifikant den nachfolgenden Futterverbrauch, sofern die Bienen einer Ernährung von schlechter Qualität ausgesetzt waren. Dies deutet darauf hin, dass Neonicotinoide den Energiestoffwechsel oder das Fressverhalten der Bienen verändern.
Der Verbrauch von Neonicotinoiden reduziert auch den Zuckerspiegel in der Hämolymphe der Bienen, gemessen zwei Stunden nach der Pestizidbelastung.

Die Studienergebnisse zeigen, dass Nährstoffmangel die Lebensdauer von Honigbienen verkürzt und ihre Resistenz und Widerstandsfähigkeit gegenüber Pestiziden beeinträchtigt. Diese Daten unterstreichen die fundamentale Bedeutung qualitativ hochwertiger Nahrung für Bienen. Die beobachteten Verhaltens- und physiologischen Beeinträchtigungen beeinträchtigen wahrscheinlich die Bienengesundheit und tragen zu einer größeren Vielfalt subletaler Nebenwirkungen bei. Nährstoff- und Pestizidstressoren können ebenso synergetische Effekte bei anderen Bienenarten auslösen. Im Vergleich zu Honigbienen konsumieren Hummeln mehr Nahrung. Sie sind daher abhängiger von verfügbaren Nektarquellen als Honigbienen, während sie gleichermaßen Pestiziden ausgesetzt sind.

Aktuelle Risikobewertungsverfahren, die für die Prüfung von Chemikalien verwendet werden, berücksichtigen nicht das gegenwärtige Verständnis der Toxikologie und -gesundheit von Bienen.

Literaturstelle: 

DOI: 10.1098/rspb.2017.1711

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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