Pollengroße Technologie schützt Honigbienen vor tödlichen Insektiziden

  • Veröffentlicht am: 09.06.2021

Beemmunity-Zuckerriegel mit Mikroschwämmen zur einfachen Verwendung im Bienenvolk. Quelle: Beemmunity

Wissenschaftler haben eine Möglichkeit gefunden, Honigbienen von Insektiziden zu entgiften, die auf Organophosphaten basieren, etwa Chlorpyrifos. Diese in einer Studie entwickelte Methode wurde nun von einem Unternehmen weiterentwickelt und soll bald auf den Markt kommen.

Wachs und Pollen sind laut Studien in 98 % der Bienenvölker in den Vereinigten Staaten mit durchschnittlich sechs Pestiziden kontaminiert. Dies senkt maßgeblich die Wiederstandfähigkeit der Bienen gegen Krankheitserreger.

Das Unternehmen Beemmunity hat die ursprüngliche Entdeckung so angepasst, dass es Honigbienen leicht verabreicht werden kann. „Wir haben eine Lösung, mit der Imker ihre Bienen mit unseren Mikropartikel-Produkten über Pollenpaste oder über Zuckersirup füttern können und es ihnen ermöglicht, den Bienenstock von Pestiziden zu entgiften“, so James Webb von der Cornell Universität und CEO von Beemmunity.

In der Studie konzentrierte sich das Team der Wissenschaftler auf Insektizide, die auf Organophosphaten basieren. Das sind etwa ein Drittel der Insektizide auf dem Markt. Eine kürzlich durchgeführte weltweite Metaanalyse von Studien, die sich auf Pestizidrückstände in Bienenvölkern konzentrierten, ergab, dass fünf Insektizide erhebliche Risiken für Bienen darstellen, zwei davon auf Basis von Organophosphaten, so Scott McArt von der Cornell Universität.

Die Forscher entwickelten ein einheitliches, pollengroßes Mikropartikel, das mit Enzymen gefüllt ist. Damit werden die Organophosphat-Insektizide entgiften, bevor sie absorbiert werden und der Biene schaden. Die Schutzhülle des Partikels ermöglicht es den Enzymen, den saueren und enzymabbauenden Magen der Biene zu passieren.

Die Mikropartikel können mit Pollenpaste oder Zuckerwasser gemischt werden. Nach der Aufnahme gelangen die geschützten Enzyme in den Mitteldarm, wo die Verdauung stattfindet und Toxine und Nährstoffe absorbiert werden. Dort können die Enzyme die Organophosphate abbauen und entgiften.

Nach einer Reihe von In-vitro-Experimenten testeten die Forscher das System an lebenden Bienen im Labor und verglichen die Ergebnisse anhand einer Kontrollgruppe: Honigbienen, denen die Mikropartikel mit einer hohen Dosis des Enzyms gefüttert wurden, hatten nach Exposition gegenüber dem Pflanzenschutzmittel Malathion eine Überlebensrate von 100 %. Unterdessen starben ungeschützte Kontrollbienen innerhalb weniger Tage.

Beemmunity hat die Ursprungsidee in seinem Produkt noch einen Schritt weiterentwickelt: Anstatt die Mikropartikel nur mit Enzymen zu füllen, die ein Insektizid abbauen, besitzen die Partikel zusätzlich eine Hülle aus Insektenproteinen und sind mit einem speziell absorbierenden Öl gefüllt, wodurch eine Art Mikroschwamm entsteht. Viele Insektizide, einschließlich der weltweit verbreiteten Neonicotinoide, sind so konzipiert, dass sie auf Insektenproteine abzielen. Die Mikropartikelhülle nimmt das Insektizid auf und die Bienen scheiden das gebundene Toxin dann wieder aus.

Das Unternehmen Beemmunity führt diesen Sommer Versuche an 240 Bienenvölkern im US-Bundesstaat New Jersey durch und plant, seine Produkte ab Februar 2022 auf den Markt zu bringen.

„Dies ist eine kostengünstige, skalierbare Lösung, von der wir hoffen, dass sie ein erster Schritt ist, um das Problem der Insektizid-Toxizität anzugehen und zum Schutz verwalteter Bestäuber beizutragen“, so Minglin Ma von der Cornell Universität.

In der Europäischen Union und der Schweiz ist Chlorpyrifos nicht mehr zugelassen. Es ist nicht nur als Insektizid wirksam, sondern kann auch Menschen schwere gesundheitliche Schäden zufügen.
Die Entdeckung der Organophosphate basiert auf ihren toxischen Eigenschaften als chemische Waffe.

Literaturstelle: 

Chen, J., Webb, J., Shariati, K. et al. Pollen-inspired enzymatic microparticles to reduce organophosphate toxicity in managed pollinators. Nat Food 2, 339–347 (2021). https://doi.org/10.1038/s43016-021-00282-0

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