„Bee-washing“ hilft Wildbienen nicht

  • Veröffentlicht am: 03.05.2022

Viele Maßnahmen helfen Wildbienen nicht, aber Menschen dabei, sich wohlzufühlen. Foto: Laura Lauch/Unsplash

Der Rückgang von Bienen als Problem von allgemeiner Bedeutung sorgt für breite Aufmerksamkeit. Erhaltungsmaßnahmen rücken daher vielfach in den Mittelpunkt, doch „Green-washing“ - oder in diesem Fall „Bee-washing“ - sind ebenfalls weit verbreitet. Sie führen aber nicht zu einer Lösung der Probleme.

Fehlinformationen und die Umleitung von Ressourcen in wenig zielführende Maßnahmen sind wenig hilfreich. In der Regel beschränken sich die Bemühungen auf einfache Aktionen oder den Verkauf von Artikeln, die kommerziellen Anbietern helfen, nicht aber den betroffenen Arten in freier Natur.
Vielmehr bedarf es einer evidenzbasierten Entscheidungsfindung wie Sheila Colla von der York Universität in einem Beitrag für das „International Journal for Parasitology: Parasites and Wildlife“ schreibt.

Insbesondere die Berichterstattung in Mainstream-Medien hat für ein breites Interesse an der Notlage vieler Bestäuber geführt. Die Öffentlichkeit hat sich daraufhin auf vielfältige Weise engagiert, um „die Bienen zu retten“.

Der Begriff des „Bee washings“ haben MacIvor und Packer geprägt (bienen-nachrichten.de stellte die Studie „‘Bee Hotels’ as Tools for Native Pollinator Conservation: A Premature Verdict?“ in der Vergangenheit vor); die Autoren beschrieben Maßnahmen, die vorgeben, rückläufige Bienenpopulationen zu unterstützen, ohne dass es dafür eine wissenschaftliche Basis gibt, etwa durch den Verkauf von Bienenhotels oder Nachhaltigkeitsinitiativen durch Honigbienenvölker auf Dächern in Städten.

Die meisten Maßnahmen basieren auf Missverständnissen wirtschaftlicher Prioritäten und sind als Schutzmaßnahmen fehl am Platz, da sie Bienen-Populationen, die erhalten werden sollen, sogar aktiv schaden.
Dabei werden begrenzt verfügbare Ressourcen fehlgeleitet eingesetzt und die Öffentlichkeit falsch informiert. Das Ergebnis ist ein unangebrachter Naturschutz, der eher darauf abzielt, Wohlfühl-Aktionen durchzuführen, als vielmehr notwendige systemische Veränderungen in Gang zu setzen.

Die meisten Maßnahmen stützen sich auf übermäßig vereinfachte Informationen, mitunter sogar absichtliche Fehlinformationen.

Die Erhöhung der Zahl an Honigbienen in Städten und Schutzgebieten außerhalb ihrer natürlichen Verbreitungsgebiete im Namen der Nachhaltigkeit stehen dem Ziel des Schutzes der Biodiversität entgegen.
Vielmehr fördern sie eine Art, die eine der größten Bedrohungen für die Gesundheit von Wildbienen ist, denn Krankheitserreger werden von bewirtschafteten Arten auf Wildpopulationen übertragen. Dieses Problem beschränkt sich nicht nur auf Honigbienen allein, denn auch kommerziell gezüchtete Hummeln, die zumeist in Gewächshäusern zum Einsatz gelangen, übertragen Krankheiten auf wildlebende Kolonien.
Ein weiteres Problem ist die Verbreitung von Bienenarten für die kommerzielle Bestäubung außerhalb ihrer ursprünglichen Verbreitungsgebiete. Die Westliche Honigbiene ist das bekannteste, aber längst nicht das einzige Beispiel: Bei Solitärbienen werden auch Osmia und weitere Megachilidae eingesetzt. Sie breiten sich in neuen Gebieten oft erfolgreich zulasten endemischer Arten aus.
Da die Nachfrage nach Bestäubungsleistungen trotz Abnahme natürlicher Lebensräume stetig abnimmt, ist dies ein anhaltender Trend.

Wertschätzung für Biodiversität

Sheila Colla plädiert dafür, die Bemühungen darauf zu konzentrieren, die Abhängigkeit von menschlich kontrollierter Bienenarten zu verringern. Stattdessen bedarf es einer Politik, die die Bedeutung der Biodiversität von Wildbienen für die Bestäubungsleistung von Kulturpflanzen und für die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel anerkennt und wertschätzt.

Zum Schutz von Wildbienen müssen kommerzielle Bienenbestände überwacht werden. Es sollte rechtliche Rahmenbedingungen für die Beschränkung von Bienenexporten außerhalb ihrer heimischen Verbreitungsgebiete geben und auch Bestandsdichten müssen etabliert werden. Bewirtschaftete landwirtschaftliche Flächen sollten zudem so gestaltet werden, dass sie natürliche Lebensräume einbeziehen und den Einsatz von Pestiziden reduzieren.

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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