Unterirdische Mikrobrauereien bodennistender Bienen

  • Veröffentlicht am: 09.06.2023

Der Lebensraum von Ptiloglossa arizonensis im Südosten Arizonas, der die wichtigsten Quellen für Nektar (Agave) und Pollen (Solanum) zeigt, die zur Versorgung der Larven benötigt werden. Quelle: Hammer et al. 2023, CC BY 4.0

Zellophan-Bienen betätigen sich als Braumeister für ihre Nachkommen. Laktobazillen werden von den Bienen aktiv für die Fermentation eingesetzt.

Zellophan-Bienen haben ihren Namen nach ihrer Verwendung von zellophanähnlichen Materialien zur Auskleidung ihrer unterirdischen Nester erhalten. Durch die Betätigung als unterirdische Braumeister geht von den Bienen eine besondere Faszination aus.

Im Rahmen einer aktuellen Studienarbeit wurden Larvenvorräte und verschiedene Lebensstadien aus Nestern von Ptiloglossa arizonensis und zwei Arten eng verwandter Gattungen beprobt: Caupolicana yarrowi und Crawfordapis luctuosa.
Die Bienenarten leben in gänzlich unterschiedlichen Umgebungen: der Sonora-Wüste des US-Bundesstaates Arizona und im tropischen Regenwald Panamas.

Für die Nachkommen wird im Vergleich zu vielen anderen Bienenarten ein viel höheres Verhältnis von bakterieller zu pflanzlicher Biomasse in den Larvenvorräten hinterlassen. Die Vorräte werden in einer nektarreicheren und flüssigeren oberen Schicht und einer pollendichteren unteren Schicht eingelagert.
Der Larvenvorrat riecht durchweg nach Gärung, wie dies nur selten bei gesunden Brutzellen auftritt.

Begünstigt wird die Lagerung der flüssigen Vorräte durch wasserdichte Auskleidungen der Brutzellen. Der relativ hohe Wassergehalt könnte das mikrobielle Wachstum zusätzlich erleichtern.

Das Mikrobiom dieser Brutzellen wird von Laktobazillen dominiert, die für ihre Rolle bei der Fermentation von Lebensmitteln wie Joghurt, Sauerkraut und Sauerteigbrot bekannt sind. Das Team der Forscher der aktuellen Studienarbeit fand heraus, dass diese Bakterien in der Nahrungsversorgung von Zellophan-Bienen sehr bedeutsam sind, wo sie wahrscheinlich eine wichtige Rolle als Nährstoffquelle für die Entwicklung von Larven spielen.
Die Larvenvorräte von P. arizonensis und C. yarrowi beherbergen speziell Apilactobacillus, während die von C. luctuosa einzigartige und potenziell neuartige mit Lactobacillus verwandte Taxa beherbergen.

Über Brutzellen hinweg kultiviert P. arizonensis mindestens zwei eng verwandte Arten von ApilactobacillusA. micheneri und A. timberlakei. Innerhalb einer Brutzelle gibt es zudem eine Vielfalt auf Stammebene. Ob die Diversität von Apilactobacillus funktionelle Auswirkungen auf die Bienenentwicklung hat, ist nicht bekannt. Mehrere Symbiontenarten und -stämme können für die Wirte von Vorteil sein, beispielsweise zu einer größeren Widerstandsfähigkeit gegenüber Umweltfaktoren führen. Es ist aber ebenso möglich, dass die Bienen nicht in der Lage, so eng verwandte Laktobazillen überhaupt zu unterscheiden.

„Diese Entdeckung ist ziemlich bemerkenswert“, so Studienautor Tobin Hammer von der Universität Kalifornien. „Wir wissen, dass Laktobazillen für die Fermentation von Lebensmitteln wichtig sind, aber es war wirklich überraschend, Wildbienen zu finden, die sie im Wesentlichen auf die gleiche Weise verwenden. Die meisten der 20.000 Bienenarten ernähren sich von Nektar und Pollen, aber wir vermuten, dass für diese Zellophan-Bienen auch Laktobazillen sehr wichtig sind. Sie haben sich effektiv von Pflanzenfressern zu Allesfressern entwickelt.“

Die einzigartig reichhaltigen, von Laktobazillen dominierten Mikrobrauereien der Zellophan-Bienen könnten wichtige Auswirkungen auf die Gesundheit der Bienen sowie auf die Ökologie der Ökosysteme haben, in denen sie leben.
„Es war faszinierend herauszufinden, dass Zellophan-Bienen eine Strategie namens ‚spontane Fermentation‘ anwenden, mit der bestimmte fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut hergestellt werden. Anstelle Starterkulturen von Generation zu Generation weiterzugeben, verwenden sie Wildstämme von Laktobazillen, die in Blumen allgegenwärtig sind“, erklärt Tobin Hammer. „Es deutet darauf hin, dass sich auf Fermentation basierende Symbiosen wie diese ohne Domestizierung entwickeln können. Das Besondere an diesen Bienen ist, dass sie herausgefunden haben, wie man eine günstige Umgebung schafft, in der Laktobazillen wirklich gut wachsen können.“

Literaturstelle: 

Hammer TJ, Kueneman J, Argueta-Guzmán M, McFrederick QS, Grant L, Wcislo W, Buchmann S and Danforth BN and (2023) Bee breweries: The unusually fermentative, lactobacilli-dominated brood cell microbiomes of cellophane bees. Front. Microbiol. 14:1114849. doi: 10.3389/fmicb.2023.1114849

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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