Probiotika müssen auf das Darm-Mikrobiom angepasst sein

  • Veröffentlicht am: 27.03.2024

Probiotika sollen die Anwendung von Antibiotika abmildern. Foto: Simon Kadula/Unsplash

Berufsimker setzen in vielen Ländern regelmäßig Antibiotika zur Bekämpfung bakterieller Infektionen bei Honigbienen ein, oft gefolgt von der Anwendung nicht-nativer Probiotika. Sie sollen die Auswirkungen einer durch Antibiotika verursachten Darmdysbiose lindern. Belege für ihre Wirksamkeit gibt es jedoch kaum.

Antibiotika-Behandlungen sind in vielen Ländern außerhalb Europas bei Honigbienen zulässig. Sie können das Darm-Mikrobiom stark verändern, dessen Schutzfähigkeiten verringern und das Wachstum antibiotikaresistenter Krankheitserreger fördern.

In einer Studienarbeit hat ein Team von Wissenschaftlern untersucht, inwiefern Probiotika das Darm-Mikrobiom oder die Krankheitsprävalenz beeinflussen oder die negativen Auswirkungen einer durch Antibiotika verursachten Darmdysbiose lindern.

Die Experimente wurden an zwei verschiedenen Standorten im US-Bundesstaat Kalifornien durchgeführt. Dabei wurden drei Gruppen von jeweils 25 Bienenvölkern genutzt. Die Versuchsvölker wurden professionell verwaltet, behandelt und beprobt; Antibiotika wurden zuvor nicht prophylaktisch eingesetzt.
Keines der Völker hatte zuvor eine Antibiotika-Behandlung erhalten, sodass in dieser Population keine Antibiotikaresistenz selektiert wurde.
Alle Kolonien hatten eine vergleichbare Größe und eine junge Königin; wurde eine zu hohen Befallsrate mit Varroa-Milben festgestellt, erhielten die Völker eine entsprechende Behandlung.

Zwei Experimente wurden mit den Kolonien durchgeführt: Ein Experiment war eine probiotische Langzeitbehandlung, ein weiteres einer Rettungsbehandlung, bei der die Kolonien zunächst mit Antibiotika und dann mit Probiotika behandelt wurden.

Für die Probiotika-Behandlung wurden zwei auf dem Markt erhältliche Produkte verwendet. Beide sollten die gleichen acht Mikroorganismen (Lactobacillus acidophilus, Enterococcus faecium, Bifidobacterium bifidum, Lactobacillus plantarum, Bacillus subtilis, Bacillus licheniformis, Bacillus pumilus, Saccharomyces cerevisiae) enthalten, mit Ausnahme des Pilzes Trichoderma reesei, der nur in einem Produkt vorkam.

Weder die Imker noch die Laborforscher wussten, welche Bienenvölker das jeweilige Produkt oder die jeweilige Behandlung oder nur Puderzucker als Kontrollgruppe erhielten (Doppelblindstudie).

Als Antibiotika wurden Oxytetracyclin und alternativ Tylosin untersucht; beide werden von Berufsimkern zur Bekämpfung bakterieller Brutkrankheiten angewendet.

Um die taxonomische Vielfalt bekannter und vorherrschender Krankheitserreger darzustellen, analysierten die Wissenschaftler die Veränderung der allgemeinen Pilzlast, eines bakteriellen Larvenpathogens, der Europäischen Faulbrut Melissococcus plutonius, eines allgegenwärtigen einzelligen Parasiten Vairimorpha (Nosema) ceranae und vier verschiedener endemischer Viren an Honigbienen - Flügeldeformationsvirus Typ A und B, Black Queen Cell Virus und Chronisches-Bienenparalyse-Virus.

Eine nicht endemische Probiotika, die als nützliche Medizin für die Gesundheit von Honigbienen vermarktet wird, besaß keinen Einfluss auf die Prävalenz von Krankheitserregern oder das Darm-Mikrobiom der Honigbiene. In der Doppelblindstudie zur probiotischen Wirksamkeit untersuchten Forscher eine große Kohorte Honigbienenvölker: nach der prophylaktischen probiotischen Anwendung jeden Monat über einen Zeitraum von sieben Monaten und der Anwendung von Probiotika nach einer durch Antibiotika verursachten Darmdysbiose.

Sieben häufige Krankheitserreger wurden untersucht; es fanden sich jedoch keine bedeutsamen Unterschiede in der Häufigkeit oder Prävalenz von Krankheitserregern im Zusammenhang mit der Anwendung von Probiotika: Entdeckt wurden lediglich spärlich Mikroben, die der probiotischen Anwendung zugeschrieben werden konnten. Daher ziehen die Wissenschaftler den Schluss, dass die eingeführten Mikroben keine Auswirkungen auf den Wirtsorganismus haben, vor allem weil sie in der Kolonie oder der Darmumgebung nicht überleben oder sich effektiv vermehren konnten. Honigbiene beherbergen ein hochgradig koevolutionäres Mikrobiom.

Die kommerziell erhältlichen Probiotika stammen nicht von der Honigbiene, aus dem Bienenstock oder möglichen Pflanzenressourcen, werden aber seit langem bei Menschen und Nutztieren eingesetzt. Die einzige Ausnahme stellt (möglicherweise) Enterococcus faecium dar, so Borges & Goodwin 2021.

Zurückliegende Beobachtungen deuten darauf hin, dass Probiotika von Arbeiterinnen problemlos aufgenommen werden. Die häufige Trohallaxis ermöglicht den probiotischen Mikroben eine weite Streuung im Bienenvolk, wie Crailsheim 1998 zeigte.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die überwiegende Mehrheit der nicht heimischen Probiotika wahrscheinlich nicht in der Anzahl überleben oder sich vermehren wird, die erforderlich wäre, um die Gesundheit des Bienenvolks wesentlich zu beeinflussen. Probiotika, die sich aus Darmmikroben von Honigbienen zusammensetzen, können jedoch erfolgreich sein, wie u. a. Motta et al. 2022, Scofield et al. 2015 und Alberoni et al. 2018 zeigten.

Antibiotika schädigen Darm-Mikrobiom sofort

Beide von Berufsimkern eingesetzte Antibiotika haben dysbiotische Wirkungen auf das Darm-Mikrobiom. Die Untersuchung der Proben zeigte, dass die Darmdysbiose in den Völkern nach der ersten Behandlung länger als einen Monat andauerte. Jedes Antibiotikum erzeugt eine einzigartige dysbiotische Signatur mit gewissen Ähnlichkeiten. Beide Antibiotika-Behandlungen haben grundsätzlich ein Umfeld des Opportunismus für nicht anfällige und endemische Arten geschaffen, einschließlich derjenigen, von denen bekannt ist, dass sie Antibiotika-Resistenzgene besitzen. Nach der Behandlung mit einem der beiden Antibiotika wurden die im Rektum endemischen Bakterien Bifidobacterium und Bombilactobacillus zunehmend dezimiert, Gilliamella apicola wurde vielfach zur dominierenden Art.
Insgesamt zeigt sich eine Verringerung der Häufigkeit und Vielfalt innerhalb vieler Artencluster, was auf weitreichende Auswirkungen hinweist.

Die Analyse des Darm-Mikrobioms bei einer gesunden Honigbiene zeigte bei Copeland et al. 2022 eine gleichmäßige Verteilung der Arten. Eine zunehmende Artendominanz stellt nach Anderson & Ricigliano 2017 daher ein dysbiotisches Mikrobiom dar.

Die Prävalenz und Häufigkeit von Alpha 2.1 stieg nach einer Antibiotikabehandlung dramatisch an. 
Die Verschiebung der taxonomischen Darstellung nach einer Antibiotikabehandlung steht auch im Einklang mit einer früheren Arbeit von Zheng et al. 2016 zur Bestimmung der Prävalenz von Antibiotikaresistenzgenen in gramnegativen Bakterien, einschließlich Alpha 2.1 (Commensilibacter), S. alvi und Alpha 1 (Bartonella apis). Tian et al. haben für Tetracyclin herausgefunden, dass zehn von 13 Stämmen von G. apicola antibiotikaresistent waren. Die Genome der nachgewiesenen Bakterien in der aktuellen Studie enthalten möglicherweise Antibiotikaresistenzgene. Innerhalb eines Bienenvolks werden Antibiotika gesammelt, gelagert und verbleiben als lebensfähiges Moleküle sogar im Honig. Die für die antibiotische Wirksamkeit notwendige Molekülstruktur zerfällt erst 5 – 9 Wochen nach Behandlung in ihre nicht-antibiotischen Bestandteile.

Zusammenfassung

Eine Anwendung der Antibiotika Oxytetracyclin und Tylosin auf Kolonieebene führte zu einer sofortigen Verringerung der Größe des Darm-Mikrobioms und über einen längeren Zeitraum zu sehr unterschiedlichen und anhaltenden dysbiotischen Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Hinterdarm-Mikrobioms.

Die Ergebnisse belegen das Fehlen einer probiotischen Wirkung; sie beschreiben detailliert die Dauer und den Charakter dysbiotischer Zustände, die durch verschiedene Antibiotika verursacht werden, und unterstreichen die Bedeutung des Darm-Mikrobioms für die Gesundheit von Honigbienen.

Literaturstelle: 

Anderson, K.E., Allen, N.O., Copeland, D.C. et al. A longitudinal field study of commercial honey bees shows that non-native probiotics do not rescue antibiotic treatment, and are generally not beneficial. Sci Rep 14, 1954 (2024). https://doi.org/10.1038/s41598-024-52118-z

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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