Auswirkungen von Duftstoffen bei der Nahrungssuche

Bestäuber werden von flüchtigen Blütenduftstoffen geleitet. Foto: ngruendel/Midjourney
Früchte produzieren organische flüchtige Stoffe, die bei Menschen dazu führen, dass sie die Süße von Früchten überschätzen. Honigbienen sammeln Nektar unterschiedlicher Süße an verschiedenen Blütenpflanzen. Ob bei ihnen ein vergleichbares Phänomen auftritt, ist bisher unbekannt.
Blütenpflanzen konkurrieren um Bestäuber und haben daher duftstoffbasierte Strategien entwickelt, um sie anzulocken. Flüchtige Duftstoffe leiten Bienen zu Blüten. Honigbienen stoßen in der Natur auf ein breites Blütenangebot. Bisher weiß man, dass die Präferenzen für bestimmte Blüten von Zuckerkonzentration bestimmt wird. Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass dies eine sehr vereinfachende Darstellung ist und weitere Faktoren in bisher unbekanntem Ausmaß eine Rolle spielen, beispielsweise der Genotyp, wenngleich möglicherweise nur nachrangig.
Duftstoffe könnten ebenso die Reaktionen auf eine angebotene Saccharose-Konzentration verändern, um eine Nektarquelle profitabler darzustellen.
In einer aktuellen Studie wurden die flüchtigen Duftstoffe Limonen, Linalool, Geraniol und 6-Methyl-5-hepten-2-ol darauf untersucht, ob sie das Verhalten von Honigbienen im Hinblick auf die Wahrnehmung von Süße verändern. Honigbienen wurden im Labor und im Freiland auf ihre Reaktionen getestet.
Bei Labortests von 15 Tage alten Honigbienen zeigte keiner der getesteten Duftstoffe eine Veränderung der Reaktion gegenüber den angebotenen Saccharoselösungen. Die Verwendung von 6-Methyl-5-hepten-2-ol und Geraniol führte bei 25 Tage alten erwachsenen Arbeiterinnen zu einer signifikant erhöhten Reaktion auf niedrige Saccharose-Konzentrationen, jedoch nicht bei 35 Tage alten Honigbienen.
Limonen verringerte die Reaktion bei 15 Tage alten Honigbienen, nicht jedoch bei den älteren Bienen. Bei Feldversuchen, bei denen Geraniol und Limonen mit einer Kontrollgruppe ohne Geruchsstoffe verglichen wurden, gab es keinen geruchsbasierten Unterschied in der Attraktivität der angebotenen Nahrungsquellen.
In einem Honigbienenvolk mit einer normalen demografischen Verteilung der Arbeiterinnen erfolgt der Übergang der Aufgabenwahrnehmung innerhalb des Bienenstocks zur Nahrungssuche außerhalb des Bienenvolks im Durchschnitt am 21. Tag des Erwachsenenlebens. Die vom Team der Forscher getesteten 15 Tage alten Arbeiterinnen hatten daher höchstwahrscheinlich noch keine oder allenfalls sehr begrenzte Erfahrung mit der Nahrungssuche. Ganz im Gegenteil beschränkte sich ihre Erfahrung auf Geruchsstoffe im Bienenstock. Bisher war es nicht an ihnen, auf Sammelflügen den Wert unterschiedlicher Nektarangebote bewerten zu müssen. Die verstärkten Reaktionen der älteren Sammlerinnen wären demnach auf ihren Lernprozess aufgrund ihrer Sammelflüge zurückzuführen. Auch die Abneigung der jungen Bienen gegenüber Limonen wird wohl durch Erfahrung bei der Nahrungssuche überwunden.
Geraniol ist eine chemische Verbindung, die in Blüten zu finden ist. Ebenso wird sie von der abdominalen Nasonov-Drüse der Honigbiene produziert. Honigbienen nutzen das in der Nasonov-Drüse produzierte Pheromon, um etwa den Eingang zum Bienenstock oder Wasserquellen zu markieren. Geraniol nimmt im Gegensatz zu den übrigen untersuchten Duftstoffen eine Sonderstellung im Leben der Honigbienen ein. Geraniol konnte als Verstärker der Süße einer Zuckerlösung fungieren, wenn nur bestimmte flüchtige Pflanzenstoffe vorhanden waren. Es ist aber ebenso möglich, dass erfahrene Sammelbienen im Verlauf ihrer bisherigen Tätigkeiten gelernt haben, den von Blütenpflanzen produzierten Duft von Geraniol, mit einer gewinnträchtigen Quelle natürlich vorkommenden Nektars in Verbindung zu bringen, weil sie an entsprechenden Blüten zuvor Nektar gesammelt haben. Diese Vermutung basiert vor allem auf der Beobachtung, dass unerfahrene Honigbienen im Alter von 15 Tagen kein entsprechendes Verhalten zeigten.
Es ist unwahrscheinlich, dass die in Labortests festgestellte Wechselwirkung der getesteten flüchtigen Pflanzenstoffe mit der Saccharose-Konzentration ein wesentlicher Faktor für die Nektarauswahl von Honigbienen ist, die unter natürlichen Bedingungen Nahrung suchen. Da Geraniol ein Bestandteil des Pheromons der Nasonov-Drüse der Honigbiene und ein flüchtiger Blütenbestandteil ist, spiegelt sein Einfluss auf die Reaktionen im Labor möglicherweise die Übermittlung anderer Informationen als die anderen getesteten Duftstoffe wider.
Pel AV, Van Nest BN, Hathaway SR, Fahrbach SE (2023) Impact of odorants on perception of sweetness by honey bees. PLoS ONE 18(12): e0290129. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0290129