Weitere Forschungen zum Flügeldeformationsvirus
Varroa-Milben sind ein Vektor für das Flügeldeformationsvirus. Foto: Olivierlevoux/Pixabay, CC0 Creative Commons
Die Biologin Lena Wilfert von der Universität Ulm erhält eine Projektförderung über rund zwei Millionen Euro für fünf Jahre. In ihrem Projekt erforscht sie die Verbreitung und Evolution des Flügeldeformationsvirus.
Als Bestäuber von Ernte- und Wildpflanzen fällt Bienen eine herausragende Funktion bei der Nahrungsproduktion zu; Wildbienen insbesondere bei der Erhaltung der Biodiversität. Neben Pestiziden erhöht der Flügeldeformationsvirus die Sterblichkeit von Honigbienen-Völkern. Wurde der Virus ursprünglich oral übertragen, hat sich der Verbreitungsweg durch das Aufkommen der Varroa-Milbe grundlegend verändert. Als so genannter Vektor injiziert die Milbe den Erreger direkt in den Körper der Biene, wodurch Abwehrmechanismen umgangen werden.
Im Zuge ihres Projekts „BeePath“ will Professorin Lena Wilfert die Auswirkungen der Varroa-Milbe auf die Verbreitung des Flügeldeformationsvirus bei Honig- und Wildbienen untersuchen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Evolution des Erregers: Inwiefern haben sich seine Ansteckungskraft und die Symptome beim Wirt durch den zusätzlichen Übertragungsweg verändert? Bei erwachsenen Bienen führt die Krankheit zu verkrüppelten Flügeln und weiteren körperlichen Einschränkungen. Betroffene Larven sterben meist direkt nach dem Schlüpfen. Um die Auswirkungen des vektorbasierten Übertragungswegs auf die Bienenpopulation und auf die Entwicklung des Flügeldeformationsviruses zu erforschen, steht Lena Wilfert ein besonderes natürliches Labor zur Verfügung: Die ökologisch vergleichbaren Kanalinseln sind nicht alle von der Varroa-Milbe befallen. Auf den verschiedenen Inseln wird die Wissenschaftlerin Honig- und Wildbienen auf den Flügeldeformationsvirus testen und ihre Viruslast bestimmen. Durch Erbgutuntersuchungen der Viren lassen sich sogar Ansteckungswege nachvollziehen.
Welche genetischen Eigenschaften des Viruses die Übertragung durch die Varroa-Milbe ermöglicht haben, ist bisher unbekannt. Dieser Frage wird Lena Wilfert im Labor nachgehen. Mit molekularbiologischen Methoden will sie untersuchen, inwiefern sich der Erreger durch diesen Ansteckungsweg verändert hat. Hierzu vergleicht die Biologin das Viren-Erbgut von varroafreien und befallenen Kanalinseln. Um die Virenevolution zu verstehen, kann das Team der Wissenschaftler zudem Beispiele früherer Varianten des Flügeldeformationserregers mit der Genschere herstellen. „Durch die Kombination von Untersuchungen im Feld und im Labor wollen wir grundlegende Mechanismen und Auswirkungen der vektorbasierten Virenübertragung nachvollziehen. So erhoffen wir uns Ansätze zur Kontrolle und Prävention des ursprünglich als harmlos geltenden Flügeldeformationsviruses“, so Lena Wilfert. Die Forschungsergebnisse lassen sich womöglich auf vergleichbare Erkrankungen wie die Schweinegrippe oder die Zikavirus-Infektion übertragen.
Zum ERC Consolidator Grant
Die Förderung stammt vom Consolidator Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC). Mit den Fördermitteln sollen die Wissenschaftler vor allem beim Ausbau ihrer unabhängigen Arbeitsgruppe und bei der Steigerung ihrer internationalen Sichtbarkeit unterstützt werden. Über die Qualität der eingereichten Anträge entscheidet eine internationale Jury, beraten durch externe Experten.
Das Fördervolumen beträgt insgesamt 600 Millionen Euro.